Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg
Und Sie, ausgerechnet Sie als Junggeselle, wollen mir weismachen, dass Sie diesen Verlockungen widerstanden haben?«
Paul nickte unsicher.
Der Beamte schüttelte entschieden den Kopf. »Ich will Ihnen sagen, wie es war: Beate Meinefeld hat während der Fotoaufnahmen Ihre sexuelle Fantasie beflügelt. Die berufliche Distanz ging verloren, Sie wurden erregter . . .«
»Geiler!«, mischte sich der andere Polizist ein.
Sein Kollege nickte. »Sie waren sexuell extrem stimuliert, als Sie mit Beate Meinefeld nach dem Fotoshooting im Goldenen Ritter eingekehrt sind.«
»Ach«, unterbrach Paul überrascht. »Sie wissen das mit dem Goldenen Ritter?«
»Selbstverständlich«, nickte der Beamte. »Die Kollegin der Toten hat uns sehr genau ins Bild gesetzt.« Er beugte sich zu Paul vor. »Legen wir doch die Karten auf den Tisch: Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass ein Mann im besten Alter ein solches Angebot nicht so einfach ausschlägt. Ich an Ihrer Stelle wäre sicher auch in Versuchung geraten. – Man muss sich das einmal bildlich vorstellen: Weibliche Reize in jugendlicher Blüte. . .«
»Ersparen Sie mir Ihre billigen Klischees!«, ärgerte sich Paul. »Ich habe mein Triebleben sehr wohl im Griff, wenn es um den Job geht.« Aber hatte er das wirklich? Was genau war denn gestern Abend noch geschehen? Zugegeben: Bea hatte ihn angemacht. Das hatte schon während des Shootings begonnen und sich beim Feierabenddrink im Goldenen Ritter fortgesetzt. Sie war sehr geschickt zuwege gegangen. Ihr perfekter Körper war ihr stärkstes Argument – an dem war tatsächlich nichts auszusetzen. Und dann hatte sie diese Art, während des Gesprächs ständig Körperkontakt zu suchen: Mal berührten sich wie zufällig die Knie, mal lag ihre Hand auf seiner. Am Ende hatte er ihren Atem ganz dicht an seinem Ohr gespürt. Und auch an die feuchte Wärme ihrer Lippen konnte er sich plötzlich erinnern . . .
»Wahrscheinlich hat sie Ihnen einen Korb verpasst, als Sie mehr wollten«, sagte der Kripomann.
»Erst heiß gemacht und dann abblitzen lassen«, mischte sich der andere wieder ein.
»Und dann sind Sie durchgedreht«, folgerte der erste. »Wie gesagt: Nur zu verständlich.«
Verständlich? Paul war völlig durcheinander. Was wollten ihm diese Bullen da einreden? Er hatte keinen Mord begangen! Zumindest. . . konnte er sich nicht daran erinnern!
»Paul, lass es gut sein«, hatte ihm Jan-Patrick nach dem vierten oder fünften Bier gesagt. »Bestell den Mädels ein Taxi und geh heim. Es hat doch keinen Sinn, deinen Frust auf Katinka mit zwei Halbwüchsigen auszuleben.«
»Das hier hat überhaupt nichts mit Katinka zu tun!«, hatte Paul widersprochen. »Die soll in Berlin Karriere machen und sich amüsieren. Ich lebe mein Leben, und das lasse ich mir nicht von Katinkas Sturheit verderben!«
»Aber diese Mädchen sind doch nichts für dich«, mahnte Jan-Patrick. »Lass die Finger von solchen Geschichten. Dafür bist du zu alt.« Paul hatte in diesem Moment den sanften Druck von Beas Hand auf seinem Oberschenkel gespürt und seinen Freund zum Teufel gewünscht. »Man ist so alt, wie man sich fühlt.« Er war zu allem bereit gewesen an diesem Abend . . . – zu allem?
Der zweite Kripomann legte einen Stoß Papiere auf den Tisch. »Unterschreiben Sie hier.«
Paul sah ihn verdattert an. »Was ist das?«
»Leider noch kein Geständnis«, sagte der erste Beamte mit offenem Bedauern. »Es ist nur eine Erklärung.«
»Was für eine Erklärung?« Paul rechnete mit dem Schlimmsten.
»Darüber, dass Sie sich zu unserer Verfügung halten«, sagte der Beamte. »Sie wissen schon: Keine Reisen ins Ausland. Sie rufen uns zurück, wenn wir auf Ihren AB sprechen.«
»Soll das heißen . . .« In Paul keimte neue Hoffnung auf. »Soll das heißen, Sie lassen mich gehen?«
»Nicht gern«, schaltete sich erneut der zweite Polizist ein. »Wir haben ein recht genaues Bild davon, was sich gestern Abend abgespielt hat und wer dafür verantwortlich ist.«
Paul versuchte sich an den Ausgang des Abends zu erinnern: Da waren zunächst die anregenden Stunden im Goldenen Ritter. Dann der Weg nach draußen, auf den Weinmarkt. Es war kühl geworden. Sternklarer Himmel. Bea hatte gefroren, Paul hatte ihr seinen Mantel angeboten. Aber dann? Wie war es weitergegangen?
Die frische Luft hatte Paul den Alkohol umso stärker spüren lassen. Er hatte Bea seinen Mantel über die Schultern gelegt. Daraufhin hatte sie sich an seine Seite geschmiegt. Er hatte ihren
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