Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg
ist denn da drin?«
»Brote, Brezen, Käsestangen, süße Teilchen und ein Dutzend Quarkbällchen«, zählte Paul auf.
»So viel?« Jasmin warf einen Blick hinein. »Das reicht ja für eine Großfamilie! Wofür hast du das ganze Zeug bloß gekauft?«
»Das habe ich nicht gekauft«, antwortete Paul amüsiert. »Das ist eine Art Wiedergutmachung.«
»Ich verstehe nur Bahnhof.«
»Macht nichts.« Er wollte die Geschichte von seinem Bäcker, den er heute früh besucht und dem er ins Gewissen geredet hatte, lieber für sich behalten. Also fragte er möglichst arglos: »Wo waren wir stehengeblieben?«
»Beim Musterknaben Paul Flemming«, sagte Jasmin.
»Ach, ja. Apropos Knabe: Hat Ken Adam denn inzwischen ein vollständiges Geständnis abgelegt? Ihr habt ihn ja schon seit über einer Woche in der Mangel.«
»Ja«, nickte Jasmin und winkte gleichzeitig der Kellnerin, um einen Latte Macchiato zu bestellen. »Zuerst hat er uns den abgebrühten Typen vorgespielt, dem keiner etwas anhaben kann. Aber dann haben ihm meine beiden Kollegen, mit denen du ja auch schon das Vergnügen hattest, auf den Zahn gefühlt. Schließlich hat er mehr oder weniger freiwillig die Wahrheit ausgespuckt, der gute Ken.« Sie lächelte etwas sadistisch. »Beate Meinefeld hatte sich nach eurem Wetttrinken tatsächlich noch bei ihm gemeldet. Weil sie in der Jackentasche deines Trenchcoats, den sie ja noch trug, den Schlüssel zum Lochgefängnis gefunden hatte, war sie spontan auf die Idee gekommen, sich mit ihrem Freund im Kerkerambiente zu amüsieren. Das taten die beiden dann auch, bis sie durch Strombergs Meisterdiebe von Nürnberg gestört wurden. Sie gerieten in Panik, behinderten sich in den engen Gängen gegenseitig bei der Flucht. Ken stieß Beate grob beiseite, wodurch sie unglücklich stürzte und mit dem Kopf auf die Steinplatten prallte. Den Rest der Geschichte kennst du.«
»Fahrlässige Tötung also«, folgerte Paul, nicht so recht zufrieden mit dem zu erwartenden milden Urteil gegen Ken Adam.
»Auf etwas in der Art wird es hinauslaufen.«
»Und Stromberg? Gibt es von dem inzwischen ein Lebenszeichen?«
Jasmin lachte und zeigte dabei ihre makellosen weißen Zähne. »Lebenszeichen ist der richtige Ausdruck! Stromberg ist zu Motorsportkumpanen nach Monaco geflüchtet und hat es sich an der Côte d’Azur gut gehen lassen. Mit der Tarnung hat er es dabei allerdings nicht allzu genau genommen. Die Polizei des Fürstentums hat ihn vor zwei Tagen geschnappt, und die Chancen für eine Auslieferung stehen gut.«
»Viel werdet ihr auch ihm nicht anhängen können«, sagte Paul nachdenklich. »Außer einem Einbruch, der gar kein richtiger war.«
»Nur keine Sorge: Dazu kommen noch Beihilfe zum Mord im Fall des Mechanikers Schumi, zum versuchten Mord an dir sowie Widerstand gegen die Staatsgewalt durch Flucht. Und wir finden bestimmt noch ein paar andere nette Delikte, mit denen wir Stromberg für eine Weile aus dem Verkehr ziehen können.«
»Ja«, schmunzelte Paul, »da traue ich euch die nötige Kreativität durchaus zu.« Dann sah er sie forschend an: »Bleibt das Geheimnis um die Heilige Lanze. Konntet ihr sie sicherstellen? Ich habe noch nichts darüber in der Zeitung gelesen.«
Jasmin lächelte erneut. »Ja und nein. Die schwedische Polizei hat in einer von Wormsers Villen bei Göteborg einen Tresorraum geknackt, in dem tatsächlich die Heilige Lanze gefunden wurde. Sie wurde unter strengster Geheimhaltung unverzüglich nach Stockholm überfuhrt und dort von einer Expertenkommission untersucht – Professor Rubach war übrigens auch dabei.«
»Und?«, fragte Paul erwartungsvoll.
»Was auch immer sich Wormser all die Jahre eingebildet haben mag – seinen Erfolg und seine Millionen hatte er ganz bestimmt nicht dieser Lanze zu verdanken. Es sei denn, wir hätten es hier mit einem Placebo-Effekt zu tun.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Nun – er hat sich getäuscht. Die Untersuchungen haben ergeben, dass Wormsers Lanze ein Replikat ist. Eine hervorragend gearbeitete Kopie, aber eben nicht das Original.«
»Ja, aber dann . . .« Paul geriet ins Stottern. »Wo . . . wo um Himmels willen ist die echte Lanze?«
»Wer weiß«, gab sich Jasmin vieldeutig. »Vielleicht steht sie ja doch im Rathaus. Wir werden es nicht so schnell herausfinden, denn das Untersuchungsverbot für die offiziellen Ausstellungsstücke bleibt bestehen. Und Wien drängt schon auf die baldige Rückkehr der Leihgaben.«
Die Lanze schützt sich selbst, kam
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