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Pauline Reage - Geschichte der O

Pauline Reage - Geschichte der O

Titel: Pauline Reage - Geschichte der O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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ständige Erniedrigung würde sie sich daran gewöhnen, erniedrigt zu werden, durch die ständigen Berührungen daran, berührt zu werden, vielleicht sogar an die Peitsche, wenn sie ständig gepeitscht wurde.
    Eine schreckliche Übersättigung mit Schmerz und Wollust hätten sie allmählich bis an die Schwelle einer Fühllosigkeit treiben müssen, die dem Schlaf oder der Bewußtlosigkeit ähnlich war.
    Aber im Gegenteil. Vielleicht lag es an dem Korsett, das sie stützte, an den Ketten, die sie in sklavischer Unterwerfung hielten, an der Stille ihrer Zelle, und am ständigen Anblick der Mädchen, die wie sie ausgeliefert waren, am Anblick dieser stets allen zugänglichen Körper.
    Auch am Anblick ihres eigenen Körpers und daran, daß sie ständig an ihn denken mußte.
    Täglich, und wie einem Ritual folgend, von Speichel und Sperma beschmutzt, von Schweiß, der sich mit ihrem eigenen Schweiß mischte, empfand sie sich buchstäblich als Gefäß der Unreinheit, von dem die Heilige Schrift redet.
    Und doch, genau wie diejenigen Teile ihres Körpers, die am meisten geschändet wurden, noch empfindungsfähiger geworden waren, so schienen sie ihr auch schöner geworden, veredelt: ihr Mund, der das Geschlecht eines Unbekannten umschloß, die Spitzen ihrer Brüste, die ständig von fremden Händen berührt wurden, die Zugänge ihres Leibes zwischen ihren gespreizten Schenkeln, Wege, die jeder benutzen, jeder nach Laune zerwühlen konnte.
    Unglaublich, daß sie an Würde gewannen haben sollte, weil sie prostituiert wurde, und doch stimmte es.
    Sie strahlte Würde aus, man sah an ihrem Gang die Ruhe, an ihrem Gesicht die Heiterkeit und das leise innere Lächeln, das man in den Augen derer, die für die Welt tot sind, mehr ahnt als sieht.
    Als Rene ihr sagte, daß er sie verlassen werde, war die Nacht bereits hereingebrochen, O war nackt in der Zelle und wartete, bis man sie in den Speisesaal führen würde.
    Ihr Gebieter hingegen war gekleidet wie immer, mit einem Anzug, den er täglich in der Stadt trug. Als er sie in die Arme nahm, rieb der Tweed seiner Jacke sich an der Spitze ihrer Brüste.
    Er küßte sie, legte sie aufs Bett, legte sich zu ihr und nahm sie zärtlich und sanft, kam und ging durch die beiden Wege, die sich ihm boten, um sich endlich in ihrem Mund zu ergießen, den er danach von neuem küßte.
    »Eh ich weggehe, möchte ich dich peitschen lassen, und diesmal bitte ich dich darum. - Bist du einverstanden?«
    Sie war einverstanden.
    »Ich liebe dich, ich liebe dich«, wiederholte er, »klingle nach Pierre.«
    Sie klingelte.
    Pierre fesselte ihr die Hände über dem Kopf an der Kette.
    Als sie so festgebunden war, küßte ihr Geliebter sie nochmals, er stand neben ihr auf dem Bett, wiederholte noch einmal, daß er sie liebe, stieg dann vom Bett und machte Pierre ein Zeichen.
    Er sah zu, wie sie sich vergeblich wand, hörte ihr Stöhnen zu Schreien werden.
    Als ihre Tränen flossen, schickte er Pierre weg.
    Sie fand die Kraft, ihm noch einmal zu sagen, daß sie ihn liebe.
    Er küßte ihr tränennasses Gesicht, ihren keuchenden Mund, band sie los, legte sie aufs Bett und ging.
    Wenn man sagt, daß O von der Sekunde an, in der ihr Geliebter sie verließ, nur noch auf seine Rückkehr gewartet habe, so sagt man wenig: sie war nur noch Erwartung und Nacht. Bei Tage war sie wie eine gemalte Statue mit sanfter Haut und gefügigem Mund, die - jetzt hielt sie auch diese Regel strikt ein - stets die Augen gesenkt hielt.
    Sie machte das Feuer an und unterhielt es, servierte Kaffee und Getränke, zündete Zigaretten an, arrangierte Blumen und faltete Zeitungen wie ein junges Mädchen im Salon ihrer Eltern, und wirkte dabei so rührend mit ihrem entblößen Busen und dem Lederhalsband, dem engen Korsett und den Handschellen aus Leder, daß die Männer, die sie bediente, ihr nur zu befehlen brauchten, sie solle dabeistehen, wenn eines der anderen Mädchen vergewaltigt wurde, um sogleich auch nach O selbst zu verlangen; zweifellos mißhandelte man sie darum nur um so mehr.
    Machte sie etwas falsch! Oder hatte ihr Geliebter sie allein gelassen, damit die anderen, denen er sie auslieferte, um so freier über sie verfügen konnten! Wie dem auch sei, als sie am zweiten Tag nach seiner Abreise bei Anbruch der Nacht sich soeben entkleidet hatte und im Spiegel ihres Badezimmers die schon fast verblaßten Striemen von Pierres Reitstock auf der Vorderseite ihrer Schenkel betrachtete, trat der Diener ein.
    Es waren noch zwei Stunden

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