Paxson, Diana L.
überlegend, dann besann er sich. »›Wie ein Kalb zur Kuh, so eine Abschrift zum Buch.‹ Des Hochkönigs Urteil verlangte, daß Columba die Kopie Finnian gebe.« Er schüttelte den Kopf und nahm einen tiefen Schluck Bier. »Aber es wird zu Schwierigkeiten kommen… Columba ist grollend wie ein Sommergewitter in sein Kloster zurückgekehrt. Er wird diese Demütigung nicht so schnell vergessen.«
Wieder setzte kurzes Schweigen ein, während der Händler sich seinem Brot und Käse widmete. Ich schauderte, denn ich erinnerte mich an den Raubvogelblick, der Columbas Gesicht verhärtet hatte, ehe ein Lächeln ihn wieder zur Taube zu verwandeln schien. Es hatte mit einem Buch begonnen, doch wo würde es enden?
»Glücklich das Land, wo das Besitzrecht auf ein Buch der einzige Streitgrund ist«, sagte ich schließlich. Domnall hob eine Braue und blickte von mir zur Königin.
»Und was ist mit Armorica? Eine Neuigkeit gegen eine andere. Ich hörte, daß Chlotar seine Streitmacht nach Domnonien führte, um gegen Euren Gemahl zu kämpfen…«
»Es kam zu einer Schlacht.« Esseilte hustete, nahm sich einen Moment, um sich davon zu erholen und fuhr fort. »Der König zieht sich wohlüberlegt zurück und formiert seine Truppen neu, um sich ihm dann wieder zu stellen. Die Franken sind sehr stark, und die Krieger von Dol haben sich ihnen angeschlossen. Doch in seinem letzten Brief war March davon überzeugt, daß sie zu schlagen sind. Das Ende steht keineswegs fest!«
Sie lächelte den Händler ruhig an, und er dankte ihr mit einem Nicken, was immer er auch von ihren Folgerungen halten mochte. Ich seufzte. Samson in Armorica und Columba in Erin – wahrlich, in diesem Jahr waren die Priester, die sie hätten unterstützen sollen, zur Geißel der Könige geworden.
»Nun denn…« Domnall trank sein Bier aus. »Ich muß mich wieder auf den Weg machen, habt Dank für Eure Gastlichkeit. Würdet Ihr mich zum Tor bringen, Branwen?«
Ich hörte Esseilte hinter mir husten, als wir den Pfad entlanggingen.
»Eure Königin sieht nicht sehr gut aus…«, sagte er am Tor.
»Sie war Anfang des Sommers krank, und ihre Kräfte kehren nur langsam zurück…« Ich erklärte nicht weshalb.
»Es hat mich erschreckt, sie so bleich zu sehen. Sie ist nur noch ein Hauch des Mädchens, an das ich mich erinnere.«
Ich blickte zurück und versuchte Esseilte mit den Augen eines Fremden zu sehen. Tag um Tag mit ihr zusammen war es mir nicht aufgefallen, wie dünn sie geworden war. Wir kehren nach Bannhedos zurück, wo es Milchkühe gibt, dachte ich da. Vielleicht päppeln die Butter und Sahne, die unsere kleinen schwarzen Kühe in Nans Yann liefern, sie wieder auf. Und ich werde in Mairenns Buch nach einer wirkungsvolleren Medizin gegen ihren Husten suchen!
Ich zweifelte nicht im geringsten, daß ich eine Möglichkeit fände, sie zu heilen. Hatte ich nicht den Segen der Allmutter erhalten?
***
An der milderen Südküste schien es Esseilte besser zu gehen. Zumindest verschlechterte sich ihr Zustand in den Winterstürmen nicht sehr. Sie wurde allerdings leicht atemlos und rasch müde, doch als der Frühling wieder ins Land zog, hatte ich das Gefühl, daß ihr Husten nachließ, und ich begann zu hoffen, sie würde mit der Zeit völlig genesen.
Ich wünschte, meine Hoffnung, was des Hengstkönigs Feldzüge betraf, hätte ebenso groß sein können.
Als die Straßen im Frühjahr trockneten, setzten die Armeen sich wieder in Marsch. Aufs neue erreichten uns schlechte Nachrichten, als die Franken March ein zweites Mal schlugen. Wir erfuhren, daß er sich in den Schutz der Berge um Kerhaes zurückzog. In dieser natürlichen Festung, in der er in Sicherheit war, wartete er ab, in der Hoffnung, daß Ereignisse irgendwo anders im Frankenreich den Einsatz von Chlotars Streitkräften verlangten und er sie abzöge, ehe sie durchbrechen und ihn vernichten könnten.
Auch ich wartete und fragte mich, wie sich die Versprechen der Allmutter erfüllen würden. Gewiß, dachte ich, würden Marchs Niederlagen ihn nach Kernow und zu mir zurückbringen. Dann konnten wir die Rituale wieder durchführen und dem Land neues Leben geben. Während sich Esseilte einer stillen Verzweiflung hingab, führte ich ihren Haushalt und dachte über meine Bestimmung nach.
***
»Wie gern würde ich Euch Unterkunft geben, Meister, aber meine Herrin haßt Musik – jeder Barde, jeder Harfner, der zu uns kam, wurde weggejagt!« Dewis helle Stimme klang vom Tor durch das Gehöft. Ich
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