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Paxson, Diana L.

Titel: Paxson, Diana L. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Zauber von Erin
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kann so nicht mehr leben!« Drustans Gesicht hatte sich nur einen Herzschlag lang verzerrt, doch die Qual sprach noch aus seinen Augen.
    Die Trennung war auch für ihn der Tod lebenden Leibes gewesen. Vielleicht würde Esseilte Erleichterung finden, wenn sie ihn bestrafen konnte. Vielleicht hatte er recht, und jeder Schmerz war besser als Verzweiflung.
    Ich nickte, und Dewi machte sich daran, das Tor zu öffnen. Doch als ich Drustan und Keihirdyn zum Haus führte, schien sich ein Schatten vor die Sonne zu schieben.
    ***
    Die vielen Kriegsmonate hatten Drustans Harfenspiel nichts anhaben können. Während wir darauf warteten, daß Esseilte aus dem Obstgarten zurückkam, schälte und schnitzelte ich Äpfel für einen Kuchen, und Drustan holte seine Harfe aus dem Kasten und setzte sich damit an den kalten Herd, um das Versprechen zu halten, das er dem Jungen gegeben hatte.
    Wie ein sanfter Regenschauer fielen die ersten Noten, wie Sonnenschein auf Gischt, oder wie Regenbogenschimmern auf einem Springbrunnen. Es war wie ein Gebet aus purer Musik, und nur allmählich fügte Drustan die tiefen Akkorde hinzu, die in den Knochen vibrieren. Und dann, schließlich, erklang ein Wispern der Melodie – ein Liebeslied; nein, es waren alle Liebeslieder, denn er wanderte geschickt von einem zum anderen und zurück. Mit Triolen und Variationen, mit Wechsel im Rhythmus, der Harmonie und Phrasierung schuf er eine Musik, die größer war als jede einzelne Weise, so wie seine Liebe zu Esseilte alles umfaßte, was sie miteinander geteilt hatten.
    Drustan spielte mit geschlossenen Augen, die Finger huschten, die Hände bewegten sich mit der fließenden Geschmeidigkeit, als käme die Musik nicht durch sie, sondern aus ihnen, als wäre auch er nur ein Instrument, auf dem eine höhere Macht spielte. Messer und Äpfel lagen vergessen auf dem Tisch vor mir. Nicht einmal in des Königs Halle hatte ich ihn solche Musik machen hören. Er spielte jetzt besser denn je in Erin oder Armorica, als hätte seine Musik den letzten Schliff durch tiefes Leid bekommen.
    Keinem von uns, die wir lauschten, wurde bewußt, wie die Zeit verging. Ich brauchte eine Weile, bis ich erkannte, daß sich die Tür geöffnet hatte und Esseilte dort stand.
    Ein Luftzug kam mit ihr, würzig vom Duft des trocknenden Heues. Drustan öffnete die Augen, und als ihm bewußt wurde, daß sie hier war, stockten seine Finger, der Rhythmus der Musik brach, einzelne Noten wisperten in die Stille und verklangen.
    »Du!« Mit großer Mühe holte sie Luft. Drustan setzte die Harfe ab; er beobachtete sie aus Augen, die groß und dunkel geworden waren, als hätte sie alles Licht in der Stube angezogen – genau wie jegliche Kraft der Bewegung. Ich war nicht imstande, auch nur einen Muskel zu rühren, als sie auf mich zukam und das Messer nahm, mit dem ich die Äpfel geschält hatte. »Welcher Zauber hat dich in meine Hände gegeben?«
    Sie sprach flüsternd. Drustan hob den Kopf und riß den Ausschnitt seiner Tunika auf, bis seine Brust ganz entblößt war.
    Er möchte, daß sie ihn tötet… Ich verstand plötzlich. Er wartete, wie er im Schwitzhaus gewartet hatte, sein ganzes Sein auf die Erlösung gerichtet, die in ihrer Hand aufschien.
    »Du kennst den Namen des Zaubers … Esseilte … du kennst ihn…«
    Sie benetzte die trockenen Lippen, dann war sie bei ihm. Das Messer zuckte herab und zurück. Rot fiel es klirrend auf den Steinboden.
    »O lieber Gott, lieber Gott, dein Blut…« Ihr goldener Kopf sank zu dem roten Mund, der sich in der blassen Haut seiner Brust geöffnet hatte, als könnte ihr Kuß die Wunde heilen, die sie ihm zugefügt hatte.
    Da schlossen sich Drustans Arme um sie, und seine Lippen preßten sich in ihr Haar, als er ihren Namen flüsterte.
    Ich faßte Dewi an der Schulter und schob ihn hinaus. Dann nahm ich ein frisches Tuch und drückte es auf die Wunde, um die Blutung zu stillen.
    »Warum kann ich dich nicht töten? Du hast mich betrogen!« schluchzte Esseilte und blickte zu ihm hoch.
    »Das habe ich nicht…« Drustan schüttelte den Kopf. »Ich konnte die Ehe nicht vollziehen, Esseilte. Ob ich es will oder nicht, ich muß dir treu bleiben.«
    Sie lächelte ihn bitter an. »Ich verfluchte deine Manneskraft, als ich es erfuhr!«
    »Selbst zuvor, Esseilte«, sagte Drustan sanft. »Wenn ich sie anblickte, konnte ich nur dein Gesicht sehen.«
    Sie hob die Hand zu seinem Gesicht und fuhr die Linien nach, die das Leid um seine Augen gezeichnet hatte, über die

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