Paxson, Diana L.
stellte den Korb mit Abfällen nieder, die ich zu den Schweinen bringen wollte, und lauschte.
Es war ein freundlicher, klarer Tag, die morgendliche Frische wich bereits allmählich der Sommerwärme. Der Juli ging zu Ende, wir waren nach Nans Yann gezogen, um dem Fluß nahe zu sein, ohne Gefolge, ohne eigenes Gesinde, das des Hofes genügte uns. Ich fand es bezeichnend für Esseiltes Apathie, daß sie sich bereit erklärt hatte, an einem Ort zu leben, wo sie mit Drustan glücklich gewesen war.
Aber zu wem redete Dewi? Ich konnte das Murmeln einer tieferen Stimme hören, dann das Klirren eines Pferdehufs auf Stein. Ich ließ den Korb stehen und ging zum Tor.
»Aber du magst Musik, Junge, nicht wahr? Ich habe deine Augen gesehen, als sie auf meinen Harfenkasten fielen – sie leuchteten auf wie die eines lombardischen Kaufmanns beim Anblick von Gold!«
Nun konnte ich den Mann deutlich hören, ebenso Dewis Kichern. »Hab Mitleid mit einem Mann, Kind, der einen langen Weg hinter sich hat und müde ist. Wenn sie uns kein Bett im Haus geben wollen, nehmen wir mit einem Strohlager in der Scheune vorlieb und sind dankbar dafür. Kannst du uns dazu verhelfen, Junge? Für einen Blick auf meine Harfe? Du darfst auch über ihre Saiten streichen.«
»Ich weiß nicht…«, zögerte Dewi. Da kam ich um die Ecke der Scheune, und alle blickten mir entgegen.
Es waren zwei. Der Barde sah wie ein Bettler aus, sein Harfenkasten war von viel gediegenerer Qualität als seine Kleidung, als hätte er schon bessere Zeiten gesehen. Sein Diener hielt die Pferde – beide sichtlich einheimische Zucht –, doch keiner der zwei sah wie ein Einheimischer aus. Der Diener war ein schwarzhaariger, schwarzäugiger Bursche, dessen Tunika von besserer Qualität war als sein zerlumpter Umhang. Ich kniff die Augen zusammen, als ich mich erneut dem Harfner zuwandte. Ich wartete darauf, daß er wieder sprechen würde.
»Herrin.« Dewi saß immer noch auf dem Tor. »Das ist ein Barde, der Unterkunft sucht. Können wir denn nichts für ihn tun?« Er trat zum Nachdruck mit den Fersen gegen das Tor.
»Herrin…« Der Mann grüßte mich, wie die Filidh von Erin die Hausherrin grüßen. »Des lieben Gottes Frieden Euch und allen auf dem Hof…«
Ich musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Es gibt nirgendwo Frieden, wo Ihr seid, Drustan!«
Der Harfner richtete sich auf, und als schwände ein Zauber, sah ich wie all die kleinen Hinweise auf etwas anderes, das ich unter dem Schmutz und den Lumpen geahnt hatte, zum Vorschein kamen. Ich fragte mich, wie es möglich war, daß ich ihn nicht gleich im ersten Moment erkannt hatte.
»Ich sagte dir doch, Keihirdyn, daß sie sich nicht täuschen läßt.« Er hatte sich mit einem schwachen Grinsen an seinen Begleiter gewandt. Die Augen des anderen weiteten sich.
»Das ist nicht die Königin?«
»Das ist Frau Branwen. Glaubst du mir nun, daß ich dich nicht getäuscht habe?« Drustan blickte wieder mich an und deutete auf seinen Gefährten. »Und das ist Keihirdyn, Fürst von Barsa, mein«, er verzog das Gesicht, »Schwager.«
Ich schüttelte den Kopf. »Drustan, es ist Wahnsinn hierherzukommen! Wenn March davon erfährt…«
»Der König glaubt, daß wir um Léon umherschleichen und versuchen, aus der Landbevölkerung Krieger gegen die Franken anzuwerben.« Er seufzte. »Niemand wird es erfahren…«
»Esseilte wird es erfahren!« entgegnete ich heftig. »Wie könnt Ihr es wagen, zurückzukehren und sie aufzuregen, wenn sie gerade erst zu genesen begonnen hat?«
»Zu genesen?« Seine Augen bannten meine, und es war kein bißchen Lachen mehr in ihnen. »Ich hörte, daß sie krank war…«
»O ja«, antwortete ich erbittert. »Was habt Ihr erwartet? Wenn ihr Männer betrogen werdet, könnt ihr euch austoben, indem ihr Streit oder Schlimmeres mit anderen sucht. Was hätte Esseilte tun können?«
»Mich vergessen…«, entgegnete er leise. »Ich hatte gehofft, sie würde es. Gott weiß, ich habe versucht, nicht an sie zu denken. Aber ich bin immer noch an sie gebunden. Ihr müßt mich mit ihr sprechen lassen, Branwen, sonst wird keiner von uns je frei sein!«
Ich wich einen Schritt zurück. Dewi saß noch auf dem Tor, er blickte von Drustan zu mir und zurück. Er verhielt sich ganz still, nur seine Fersen trommelten gegen den Balkenriegel.
»Soll ich sie hereinlassen, Branwen?« Er rutschte herunter. »Im Stall ist Platz für ihre Pferde…«
»Laßt mich mit ihr reden, dann mag sie mit mir tun, was sie will… Ich
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