Payback
der amerikanische Psychologe George Miller, der in Anlehnung an das lateinische Wort für Fleischfresser,
carnivo
res,
den Menschen in die Gattung der
informavores,
der Informationsfresser, einordnete.
In den Worten des Philosophen Daniel Dennett, der den Vergleich des menschlichen Denkens mit der Architektur von Computern am weitesten getrieben hat:
»Menschen sind nicht nur Fleischfresser. Sie sind in der Tat Informationsfresser. Und sie bekommen ihren Hunger nach Erkenntnis durch den sehr speziellen Hunger von Millionen von Mikro-Agenten, die in Dutzenden oder Hunderten oder Tausenden von Untersystemen organisiert sind. Jeder dieser winzigen Akteure… hat nur ein einziges Lebensziel, eine wieder und wieder gestellte Frage: ›Ist meine Nachricht jetzt angekommen?‹ ›Ist meine Nachricht jetzt angekommen?‹ - um bei einem JA die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.« 101
Inzwischen ist der Mensch zum
Informavores rex
mutiert
,
und seit es die digitalen Technologien gibt, ist jeder von uns auf Beutezug im Dschungel der Informationen. Wenn 2005 die Datenmenge, die der Einzelne pro Jahr produziert, einem Bücherstapel von 10 Metern entsprach, so werden es 2015 wahrscheinlich schon 100 Meter sein.
Von 1999 bis 2003, als das Internet noch winzig war, wuchs die jährlich gespeicherte Informationsmenge pro Jahr um dreißig Prozent.Wurden im Jahre 2003 noch 31 Milliarden E-Mails verschickt, so waren es im Jahre 2008 nach einer Berechnung der Radicati Gruppe bereits 210 Milliarden.
Es lässt sich also längst nicht mehr bezweifeln: Wir gehören zu einer Spezies, die Informationen nicht nur verschlingt, sondern sie auch sammelt und in ihre Vorratskammern legt.
Wenn Sie also verstehen wollen, warum Sie sich bei der Informationsaufnahme so gehetzt und gejagt, oft so wenig gesättigt und immer so ruhelos fühlen, dann sollten Sie das Bild vom Tierreich und den Hinweis auf den Darwinismus ernst neh-men.Wir haben Hunger.Wir jagen. Und da wir uns dabei nicht besonders wirtschaftlich anstellen, werden wir gefressen. Informationen sind Beute. Unsere Aufmerksamkeit und Energie ist die Beute der Informationen.
In den frühen neunziger Jahren hatten die Informatiker und Kognitionspsychologen Peter Pirolli und Steve Card in Palo Alto zum ersten Mal Berechnungen darüber angestellt, ob die Informationsaufnahme des Menschen mit der Nahrungssuche vergleichbar ist.
Pirolli forschte ein ganzes Jahrzehnt - in der Informatik ein seltener Fall, und hat nun seine spektakuläre Theorie der »Informations-Nahrungssuche« veröffentlicht.
Eines seiner Ergebnisse: Menschen benutzen bei ihrer Suche nach Informationen unbewusst die gleichen Strategien wie nahrungssuchende Tiere, denn in unseren Hirnen sind die Tricks und Kniffe, wie man an Nahrung kommt, seit Millionen Jahren geradezu eingebrannt.
Das unumstößliche Gesetz der freien Wildbahn lautet: Verbrauche nie mehr Energie bei der Suche nach Nahrung, als die Nahrung dir an Energie gibt. Ein Löwe, der permanent Mäuse jagt und dabei den Büffel übersieht, verhungert. Ein Löwe, der sich mit einem Elefanten anlegt, hätte zwar eine Mahlzeit für Wochen, aber der Energieaufwand und das Risiko wären zu groß.
Zwar wandern wir nicht durch die Wüste, aber wir bewegen uns in einer Informations-Umgebung, die alle Merkmale eines ökologischen Systems aufweist. Für uns steht fest, dass wir Informationen zum Überleben brauchen.
Tiere wollen nicht gern die Mahlzeit anderer Tiere werden. Doch anders als im Tierreich gieren die Computer geradezu danach, dass wir uns mit Informationen füttern, ihre Beute erlegen und uns an ihr mästen.
Wir müssen uns das Ganze nun so vorstellen, als säßen wir gar nicht vor unseren minimalistischen Apple-Computern, sondern als Jäger in der Savanne, in der wir auf unsere existenziellsten Bedürfnisse zurückgeworfen sind, und der Kampf um die Nahrung der Kampf um Information ist.
Wir stehen also inmitten dieser Urlandschaft und nehmen Witterung auf.Wir müssen in unserem Habitat Nahrung entdecken und die Kosten und Nutzen der möglichen Beute abwägen. Wir dürfen nicht in die Irre geführt werden, und der Aufwand an Energie, den uns die Jagd oder das Sammeln kostet, muss in einem vernünftigen Verhältnis zu der Energie stehen, die wir gewinnen.
Ist die Witterung stark, weil wir uns ganz in der Nähe unserer Beute befinden oder weil die Windrichtung stimmt, finden wir das Ziel. Ist sie schwach, wandern wir ziellos umher. Doch immer gilt: Die
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