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Peacemaker

Peacemaker

Titel: Peacemaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Gordon
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über die Gangway, während das Boot in der stürmischen See schaukelte. Der vierte Mann rutschte auf der polierten Teakholz-Gangway aus und fiel in die erbarmungslose Gischt zwischen Boot und Pier.
    Als es den anderen endlich gelang, ihn aus dem Wasser zu hieven, blutete er am linken Arm. Aus dem Stoff seines Ärmels ragte ein nadelspitzes Stück Knochen heraus.
    »Verdammte Scheiße«, murmelte Green, als der Verletzte von einem der adrett gekleideten Bootsmänner des Sultans weggeführt wurde.
    Greens Blick traf sich kurz mit dem seines befehlshabenden Offiziers. Die beiden Männer schwiegen, sie brauchten jedoch auch kein Wort zu sagen. Ihre Mission erwies sich von der ersten Sekunde an als Desaster.
    Vierzig Minuten später stampfte das Boot des Sultans durch die schwere See in Richtung Obelisk. Als sie die schützende Mole am Ende der Bucht von Mohan umrundeten, türmten sich die Wellen sofort noch höher auf. In seinen zehn Jahren bei der Marine hatte Captain Taylor noch nie solche Wellen gesehen – gewaltige schwarze, von Gischt gekrönte Keile. Sie kamen auf sie zu wie Wolkenkratzer, die auf der Seite liegend einen riesigen Hügel hinunterrollten.
    Captain Taylor sah, wie sich Greens Lippen bewegten, doch diesmal konnte er ihn nicht hören. Einen Augenblick lang glaubte Captain Taylor, Green fluche. Doch dann wurde ihm bewusst, dass er sich getäuscht hatte. Oh mein Gott!, dachte Taylor. Der Chief betet.
    Das verhieß nichts Gutes.
    Als Gideon wieder zu Bewusstsein kam, spürte er, dass ihm jemand den Kopf hielt und ihm Wasser ins Gesicht goss. Er verschluckte sich und spuckte aus.
    Einen Augenblick lang konnte er sich nicht erinnern, wo er sich befand und wie er dorthin gekommen war.
    Ein Mann hielt seinen Kopf, ein Weißer, der etwas in einer Sprache murmelte, die Gideon zwar nicht verstand, aber trotzdem erkannte. Der Mann sprach Russisch.
    Gideon schluckte das Wasser hinunter, dann versuchte er, sich aufzusetzen.
    »Noch nicht bewegen«, sagte der Mann, jetzt auf Englisch mit starkem Akzent.
    Gideon setzte sich trotzdem auf. Nicht dass er die Hilfe nicht zu schätzen gewusst hätte. Doch mit dem Kopf im Schoß eines Fremden dazuliegen, fühlte sich ein bisschen merkwürdig an. Er zuckte zusammen, als er sich aufsetzte. Sein Kopf pochte.
    »Das Wasser ist sauber«, sagte der Russe. »Keine Sorge. Sie werden davon nicht krank.«
    Gideon nahm den Becher mit Wasser und trank ihn aus.
    »Langsam. Sie müssen kotzen, wenn Sie zu schnell trinken.«
    Gideon nickte, dann gab er dem Russen den leeren Becher zurück. »Mein Name ist …«
    »Ich weiß, wer Sie sind«, sagte der Russe. »Derjenige, der einen Orden von den Vereinten Nationen bekommen hat. Abu Nasirs Bruder.«
    Gideon ließ den Blick über die brennende Ortschaft wandern. »Ist er hier?«
    »Sieht es so aus, als wäre er hier?«
    »Sie sind ja auch hier.«
    Der Russe zuckte mit den Schultern und stand auf. Gideon nahm erstmals zur Kenntnis, wie merkwürdig der Mann angezogen war. Seine Bekleidung bestand aus ehemaligen Militäruniformen. Nicht aus einer Uniform, sondern aus mehreren, die in Streifen und Quadrate und Dreiecke geschnitten und plump zu einem zerlumpten bunten Tarnkostüm zusammengenäht worden waren. Außerdem sah er fürchterlich hager und ungesund aus. Er trug einen langen Bart und eine kleine Kippa. Seine Augen funkelten wie die eines Wahnsinnigen.
    »Wer sind Sie?«, fragte Gideon.
    »Chadeev.« Er klopfte sich mit einer knochigen Hand auf die Brust.
    »Sie sind Russe?«
    »Scheiße, nein.« Der Mann spuckte auf den Boden. »Kabardiner.«
    »Kabardiner?«
    »Wir leben in Georgien, Tschetschenien, Russland und in der Türkei. Werden von allen herumgeschubst.«
    »Ah«, sagte Gideon. »Kabardiner, das höre ich zum ersten Mal.«
    »Sie und alle anderen.«
    »Und wo ist Abu Nasir?«
    Chadeev zuckte mit den Schultern. »Weg. Alle sind tot.«
    »Wer ist für das hier verantwortlich?«
    Chadeev blickte sich um. »Ihr Amerikaner sucht immer nach einem Schuldigen. Das ist die Natur des Universums, Mann. Ein einziger langer Scheißkrieg. Jeder gegen jeden.«
    Gideon stand auf. Seine Beine fühlten sich schwammig an. Doch das Wasser hatte geholfen. »Haben Sie irgendwas zu essen?«
    Chadeev lachte. »Zu essen?« Er wandte den Blick ab und sprach, als würde er mit einem unsichtbaren Dritten reden. »Er spricht von Verantwortung. Gott hat zugesehen und es geschehen lassen.«
    »Wohin ist Abu Nasir gegangen?«
    »Abu Nasir spricht nicht mit

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