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Pechstraehne

Pechstraehne

Titel: Pechstraehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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würde der Sache aber nicht gerecht werden. Ich wollte einfach helfen, weil Sie, verzeihen Sie, ein wenig überfordert auf mich gewirkt haben, als der Kleine da angewackelt kam.«
    »Überfordert ist genau der richtige Ausdruck«, gab Frau Hansen zurück, die erneut besorgt zum Himmel schielte.
    »Es dauert noch etwa eineinhalb Stunden, bis es losgeht«, wurde sie von dem Glatzkopf mit dem großen Ring im rechten Ohr beruhigt.
    »Soso, Meteorologe sind Sie auch noch.«
    »Nein, das nicht gerade, aber ich interessiere mich ein wenig für das Wetter und so.«
    Damit nickte er und reichte ihr die Hand.
    »Ich gehe los und hole mir etwas zu trinken. Darf ich Sie vielleicht zu etwas einladen?«
    Die Frau wollte ihrem ersten Impuls folgen und ablehnen, warf ihm dann jedoch einen freundlichen Blick zu und nickte dabei.
    »Ja, warum nicht. Eigentlich müsste ich mich bei Ihnen revanchieren, aber ich habe gerade nicht die geringste Lust, mich in diese Menschenmassen zu stürzen. Wenn Sie mich wirklich einladen wollen, nehme ich eine Cola.«
    Eine Stunde später saßen Ulla Hansen und ›Tobias‹ noch immer nebeneinander auf ihrer Decke. Die Frau hatte ihm von ihrer kurz zurückliegenden Scheidung und den Belastungen als alleinerziehende Mutter erzählt, Wachter hatte die Legende von einem fitnessaffinen Rettungssanitäter gesponnen, der einen alten Freund in Kassel besucht hatte und einfach mal für ein paar Tage die Seele baumeln lassen wollte.
    »Wie ist das so als Rettungssanitäter?«, wollte sie wissen.
    »Es ist ein Job wie jeder andere, mit der Ausnahme, dass ich manchmal Menschen sterben sehe. Ansonsten macht er mir viel Spaß, und ich freue mich über jeden und jede, die wir retten können.«
    Er blickte in Richtung des Beckens, wobei sein Blick auch den Streifenwagen erfasste, der noch immer mit geöffneten Scheiben vor dem Ausgang des Schwimmbades stand, und in dessen Innenraum weiterhin die Besatzung schwitzend die das Bad verlassenden Besucher auf etwaige Übereinstimmungen mit dem Fahndungsfoto überprüfte.
    »Und wenn es nur ein Knirps ist, dem ich einen Stachel aus dem Fuß hole«, setzte er augenzwinkernd hinzu.
    Frau Hansen nippte am Rest der mittlerweile lauwarmen Koffeinbrause und sah erneut zum immer dunkler werdenden Himmel.
    »Ich hole mal Tobias. Er hat bei Gewitter immer ziemliche Angst, und ich wäre gern zu Hause, bevor es richtig losgeht.«
    »Das kann ich verstehen.«
    Wachter stand auf und reichte ihr die Hand.
    »Es war sehr angenehm, Sie kennengelernt zu haben. Vielleicht sehen …«
    Er brach seinen Satz ab, weil sie ein wenig abwehrend die Hand gehoben hatte.
    »Tobias hat sich für nach dem Schwimmbad einen Hamburger gewünscht. Wollen Sie uns nicht Gesellschaft leisten? Ich würde mich besser fühlen, wenn ich mich in irgendeiner Form für Ihre Hilfe bedankt hätte.«
    »Das ist aber wirklich nicht nötig«, erwiderte er.
    »Das weiß ich, und wenn Sie keine Lust oder keine Zeit haben, kann ich das gut verstehen. Aber Sie würden mir damit wirklich eine Freude machen.«
    »Dann«, entgegnete er, ohne nachzudenken, »ist es mir auch eine Freude.«
    15 Minuten darauf war Tobias, der sich darüber freute, dass ›Tobi‹ sie begleiten würde, umgezogen, alle Utensilien in dem großen Korb verstaut, und die drei machten sich auf den Weg zum Ausgang, wo sich schon viele Besucher drängten, die vor dem Beginn des nahenden Gewitters auf dem Heimweg sein wollten.
    »Ich kann nicht mehr laufen, Mami«, ließ Tobias seine Mutter auf etwa der Hälfte der Strecke wissen.
    »Und ich werde dich keinen Millimeter tragen«, teilte sie ihm energisch mit. »Wer den ganzen Tag im und am Becken herumtollen kann, der braucht keine Hilfe.«
    »Aber der Stich tut jetzt wieder ganz arg weh«, quengelte er.
    »Keine Diskussionen, Tobias.«
    »Ich will mich ja nicht einmischen«, tat Wachter genau das, »aber ein bisschen kann ich den Tobi schon verstehen. So ein Wespenstich tut auch nach dem Entfernen des Stachels noch ziemlich weh.«
    Er drehte sich um und sah den Jungen mit verständnisvollem Gesichtsausdruck an. »Soll ich dich bis zum Ausgang auf die Schulter nehmen?«
    »Au ja, das wäre echt klasse.«
    So verließen die drei gegen 16.30 Uhr das Freibad Wilhelmshöhe in einer Traube von Menschen, die alle in großer Eile zu ihren Autos drängten, und die beiden Streifenpolizisten hegten nicht den geringsten Argwohn gegenüber dem glatzköpfigen Vater mit seinem Sohn auf den Schultern, der riesigen gelben

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