Pedro Juan Gutiérrez
Drehbüchern für Fernsehserien viel Geld zu verdienen, wunderschöne Beine hatte und schnellstens über ihre gerade erfolgte Scheidung hinwegkommen wollte. Im Grunde genommen war sie auf der Suche nach einem fröhlichen, heißblütigen Kerl, der sie aufmunterte. Und so geschah es dann auch. In den Blicken, die sie mir schenkte, lag geballte Erotik. Sie hatte honigfarbene Mandelaugen, wie in einem Bolero. Und wir sahen uns an, und es war, als berührten sich unsere Zungen. Von da an ging alles sehr schnell. Wir scherten uns nicht weiter um den berühmten kubanischen Dokumentarfilmer, der zwar tolle Filme drehte, aber nicht wusste, wie. Der Typ war so intuitiv, dass er völlig unfähig war, diese Intuition überhaupt wahrzunehmen. Zum Glück versuchte er gar nicht erst, über irgend etwas ernsthaft zu reflektieren. Er erzählte Anekdoten und war einfach sympathisch. Wir beachteten ihn nicht weiter und gingen im Wäldchen spazieren. Wir redeten albernes Zeug, bis das elektromagnetische Feld zwischen uns beiden maximal aufgeladen war, und dann küssten wir uns ohne ein einziges Wort der Liebe oder der Begierde. Sie erzählte mir, dass sie beim Karneval in Rio ihre knappsten Kleider trug und jede Nacht Samba tanzen ging. Das musste mit ihren Augen und ihrem elektromagnetischen Feld zusammenhängen. Es war Abend geworden, und das Wäldchen war nicht sehr üppig bewachsen, und überall drückten sich Leute herum, denn Studenten sind, wie man weiß, ziemlich paarungswillig. Ganz in unserer Nähe küssten sich wild zwei Jungen, hatten im Nu ihren Reißverschluss auf, holten ihre Schwänze raus und warfen sich zu Boden, um diese einander in 69er-Stellung wie besessen zu lutschen. Das geilte mich noch mehr auf. Wir gingen zu der kleinen Wohnung, die Rita angemietet hatte, und ich war noch nicht ganz ausgezogen, da blies sie mir schon einen. Auf dem Tisch stand eine Flasche mit sieben Jahre altem Rum. Es war lange her, seit ich zuletzt so eine Köstlichkeit gesehen hatte. Ich schenkte mir einen großen Schluck auf Eis ein, dann noch einen, und staunte nicht schlecht: Ich konnte ihr meinen Schwanz eine Stunde lang überall reinstecken, ohne zu kommen. Sie bewegte Hüfte und Becken in Ekstase und besprenkelte mich mit Rum. Sie nahm einen Schluck, spie ihn über meinen Körper und ließ dann ihre Zunge über meine Haut gleiten, um alles wieder aufzulecken. Manchmal zögert Rum meinen Orgasmus hinaus: mein Schwanz steht stramm, aber ich komme nicht. Schließlich konzentrierte ich mich zu kommen – langsam ließ meine Energie nach - und brachte genug Willenskraft auf, meinen Schwanz rechtzeitig herauszuziehen und ihr mein Sperma über den Bauch zu spritzen. Es kam viel. Seit ein, zwei Wochen hatte ich nicht gevögelt, und es hatte sich viel angestaut. Rita Cassia war darüber ganz aus dem Häuschen und rief immer wieder: »Herrlich, herrlich, ach wie herrlich.«
Alles Weitere war eine einzige endlose Orgie, denn auf das Seminar folgte das Lateinamerikanische Filmfestival, und Havanna wurde - zumindest für uns - zum Paradies: viel Kino, viel Sex, viel Rum und gutes Essen. Um diese Zeit begann bereits die schlimmste Hungersnot in der Geschichte Kubas, ich glaube, es war 1991. Niemand konnte sich damals vorstellen, wie viel Hunger und Krisen noch folgen sollten. Auch ich nicht. Ich dachte nur an meine galoppierende Klaustrophobie und daran, dass ich essen musste, denn innerhalb weniger Monate hatte ich achtzehn Kilo abgenommen - selbstverständlich wegen der Lebensmittelknappheit. Außerdem machten wir uns einen Spaß daraus, María Alexandra, einer in Brasilien erfolgreichen Drehbuchautorin für Fernsehserien, ein Schnippchen zu schlagen. Die gute Frau war bis über beide Ohren in Rita Cassia verknallt und belagerte sie mit einer ausgetüfftelten Palette an Verführungsstrategien: Zu allen möglichen Tages- und Nachtzeiten erschien sie mit Blumen, lud Rita zu allen möglichen Cocktails und Festessen ein und versprach ihr unaufhörlich, ihr beim Schreiben eines guten Drehbuchs zu helfen, das sie dann O'Mundo anbieten wollte - kein geringes Angebot. Eine andere ihrer galanten Strategien war, mir den Kalten Krieg zu erklären, indem sie abwechselnd zwei unterschiedliche Haltungen einnahm: Entweder ignorierte sie mich mit geradezu olympischer Überheblichkeit, oder sie behandelte mich mit einer zugleich väterlichen und distanzierten Herablassung. María Alexandra liebte Rita Cassia mit solcher Leidenschaft, dass sie jedes Hindernis,
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