Peetz, Monika
erklärte Estelle, die
inzwischen zur Tür reingekommen war. Perfekt gestylt wie immer. Die Hände
perfekt manikürt. Sie war der Meinung, dass sie das ihrem Vater schuldig war,
der zeitlebens mit seinen rauen Händen gehadert hatte. Manche besuchen den
Friedhof, um der verstorbenen Angehörigen zu gedenken. Estelle ging zur
Maniküre.
»Wir
kaufen gemeinsam Möbel«, bestätigte Kiki. »Max die Sessel, ich das Sofa. Für
den Fall, dass es schiefgeht.«
Luc
grinste heimlich in sich hinein. Nach den Matthieus und Michaels und Roberts
und anderen Katastrophen war das für Kiki ein enormer Schritt. Die halbe Miete
sozusagen.
»Und du?«,
fragte Eva mit Blick auf Caroline.
Es wurde
still am Kamintisch. Alle Augen richteten sich auf die coole Anwältin, die in
den vergangenen Monaten gar nicht mehr so cool wirkte. Luc, der auf dem Weg in
die Küche war, um die Vorspeisen zu servieren, hielt inne. Das interessierte
ihn mehr als alles andere. Luc hatte etwas Besonderes für seine Dienstagsfrauen
vorbereitet. Etwas, das gegen die ungeschriebene Regel verstieß, an die er sich
fünfzehn Jahre gehalten hatte. Etwas, das die Dienstagsfrauen überraschen
würde. Gespannt lauschte er, wie es Caroline ergangen war.
»In der
neuen Wohnung fehlt noch alles«, berichtete sie. »Ein Herd, Regale,
Schnickschnack. Letzte Woche war ich mit Fien im Möbelhaus. Und Vincent holt am
Wochenende die restlichen Umzugskisten. Es wird.«
Die
Freundinnen sahen sie stumm an. Das hatten sie von Caroline gelernt. Wer etwas
wissen wollte, musste lernen zu schweigen.
»Philipp
und ich treffen uns jetzt manchmal. Wir reden viel«, fuhr Caroline fort. »Es
ist schwer.«
Eine
Batterie Champagnergläser kippte um und ergoss sich über Caroline. Luc sank in
sich zusammen. So hatte er sich den Auftritt seiner neuen Bedienung nicht
vorgestellt.
Neben dem
Kamintisch stand eine verschämt guckende Judith mit feuerrotem Kopf. In den
Händen drehte sie verlegen das Tablett. »Dominique hat mir gezeigt, wie ich
bedienen muss. Champagner war nie dabei.«
Caroline
starrte sie an, als wäre sie soeben mit dem Raumschiff gelandet. Luc rieb sich
nervös die Hände. Er hoffte, dass er seine Frauen gut genug kannte und die
Sprachfetzen, die er vom Kamintisch aufgeschnappt hatte, richtig interpretiert
hatte. Als Eva, Caroline und Kiki zwei Wochen nach Ende der Pilgertour zu dritt
zum Essen kamen, hatten sie kein Wort über Judith verloren. Mit den Monaten
hatten sich die scharfen Kanten der Wut abgeschliffen. »Wie es Judith wohl
geht«, wurde immer öfter gefragt. Seit Lourdes hatte keine der Dienstagsfrauen
Kontakt zur Freundin gehabt. Als er beim letzten Dienstagstreffen Caroline
dabei ertappte, wie sie im Gang heimlich die Postkarten von Judith las, wusste
er, dass er handeln musste. Er tat etwas, was er in fünfzehn Jahren nicht
gewagt hatte. Er mischte sich in das Leben der Dienstagsfrauen ein. Er schrieb
Judith eine Postkarte nach Frankreich. Darauf notierte er das heutige Datum.
Und darunter ein paar dürre Worte: »Nicht wieder vergessen, das ist der erste
Dienstag im Monat.« Um zwanzig vor acht war Judith im Le Jardin aufgetaucht.
Nervös war sie gewesen, unsicher.
Eva
unterbrach als Erste die Stille, die seit Judiths Erscheinen am Kamintisch
herrschte.
»Hast du
dich mit Dominique ausgesprochen?«, fragte sie.
Judith
schüttelte den Kopf. »Wir haben nie wirklich miteinander geredet. Ich war
froh, dass er mich als Teil des Teams akzeptiert hat. Das war schon viel.«
»Und das
hast du vier Monate ausgehalten?«, fragte Kiki.
»Das
Schöne ist, dass man da keine Zeit hat zu grübeln. Du hättest unsere Gäste
sehen sollen. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, etwas Nützliches zu tun.«
Wieder
wurde es still. Caroline putzte mit einem Küchentuch die letzten Reste
Champagner von ihrer Hose. Auch als es längst nichts mehr zu putzen gab. Judith
sah sich unsicher nach Luc um. Der nickte ihr unmerklich zu.
»Jeden
ersten Dienstag habe ich an euch gedacht. Ich habe euch vermisst«, gestand
Judith.
Caroline
überlegte noch immer, wie sie mit der Situation umgehen sollte. »Ich habe mich
so oft gefragt, wie es dir geht«, wandte sich Judith direkt an Caroline. »Ich
habe mich nicht getraut, dich anzurufen.«
Luc hielt
die Luft an. Jetzt musste sich erweisen, ob er die Situation richtig
eingeschätzt hatte. Caroline stand wortlos auf und zog den fünften Stuhl unter
dem Tisch hervor.
»Ihr wollt
mich noch?«, fragte Judith.
»Ohne dich
ist die
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