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Pelagia und der rote Hahn

Pelagia und der rote Hahn

Titel: Pelagia und der rote Hahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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beugen . . .«
    Das war gewiss richtig. Konstantin Petrowitsch war in der Tat ein ganz besonderer Mensch. Im ganzen russischen Imperium gab es für ihn, wie es in dem Stück von Ostrowski heißt, »nichts, was unmöglich wäre«. Der Beweis dafür war den Sawolshskern gleich zu Beginn ihrer Petersburger Audienz präsentiert worden.
    Einer der Fernsprechapparate auf dem Tisch Seiner Exzellenz, der schönste – aus kostbarem Mahagoni mit funkelnden Hörmuscheln – begann zu läuten. Pobedin unterbrach sich mitten im Satz, legte den Zeigefinger der einen Hand auf die Lippen, drehte mit der anderen Hand die Kurbel und hielt den Hörer ans Ohr.
    Der Sekretär Usserdow, der mit seiner Aktentasche (welche den Jahresbericht des Eparchiats enthielt) akkurat auf der Stuhlkante hockte, erfasste als Erster, wer der Anrufer war: Er sprang auf und stand stramm.
    In ganz Russland gab es nur eine Person, deretwegen Konstantin Petrowitsch sich mitten im Satz unterbrechen würde. Außerdem war ja bekannt, dass es eine direkte Telefonverbindung vom Palast direkt ins Arbeitszimmer des Oberprokurors gab.
    Die Stimme des gekrönten Hauptes konnten die Besucher natürlich nicht hören, dennoch waren sie außerordentlich beeindruckt, vor allem davon, mit welch väterlicher Strenge Pobedin den von Gott Gesalbten herunterputzte:
    »Ja, Eure Majestät, die Fassung des Erlasses, die Sie herübergeschickt haben, erschien mir nicht zufrieden stellend. Ich werde eine neue aufsetzen. Außerdem ist es vollkommen ausgeschlossen, einen Staatsverbrecher zu begnadigen. Ich weiß, einige Ihrer Berater sind in ihrem Denken tatsächlich so weit entsittlicht, dass sie die Todesstrafe gleich ganz abschaffen wollen, aber ich bin Russe, und ich lebe unter Russen, ich weiß, wie das Volk fühlt und was es erwartet. Verschließen Sie Ihr Herz vor den Stimmen der Schmeichler und Träumer.«
    Man musste in diesem Augenblick Vater Usserdows Gesicht sehen: Zittern und Zagen standen darin und das Bewusstsein, am Mysterium der allerhöchsten Macht teilzuhaben.
    Der Sekretär des Bischofs war ein Mensch ohne Fehl und Tadel, in puncto Genauigkeit und Zuverlässigkeit sogar perfekt, aber Mitrofani wurde nicht wirklich warm mit ihm. Es war offensichtlich, dass der Bischof gerade aus diesem Grunde Vater Serafim besonders zuvorkommend behandelte, um durch Freundlichkeit die schwere Sünde der grundlosen Gereiztheit zu überwinden. Trotzdem kam es dann und wann vor, dass er ihm gegenüber die Beherrschung verlor, und einmal hatte er gar in einem Aufwallen von Jähzorn sein Kamilavkion nach dem armen Usserdow geworfen. Allerdings hatte er sich danach sofort entschuldigt. Dem braven Sekretär war der Schreck in die Glieder gefahren, und es dauerte geraume Zeit, bis er endlich die vergebenden Worte über die Lippen brachte. »Ich verzeihe Ihnen, und Sie verzeihen mir«, hatte er gestammelt, woraufhin der Friede wiederhergestellt war. Pelagia, die einen regen Verstand besaß, hatte einmal Mitrofani gegenüber in Anspielung auf Vater Serafim den ketzerischen Gedanken geäußert, dass es auf Erden neben den lebendigen, echten Menschen auch eine Art »Wechselbälger« gebe, die lediglich versuchten, wie Menschen zu sein. Als wären sie aus einer anderen Welt zu uns gekommen – oder sogar von einem anderen Planeten –, um uns auszuspähen. Manchen dieser »Wechselbälger« gelinge die Verstellung außerordentlich gut, sodass man sie von wirklichen Menschen kaum unterscheiden könne; andere wiederum seien darin weniger geschickt, denen sehe man es sofort an. Und Vater Usserdow sei eben eines dieser unseligen Exemplare. Schaute man unter seiner Haut nach, fände man dort sicherlich lauter Schrauben und Zahnräder.
    Natürlich hatte Seine Eminenz sie wegen ihrer »Theorien« gescholten, aber im Grunde hatte er sich längst daran gewöhnt, dass Pelagia immer wieder von solchen überkandidelten Einfällen heimgesucht wurde. Er schimpfte nur noch der Ordnung halber.
    Mitrofani wusste, dass es Vater Serafims großer Traum war, einmal ein hohes Kirchenamt zu bekleiden. Na und? Er war klug, tugendhaft und besaß ein präsentables Äußeres. Haar-und Barttracht hegte und pflegte er aufs Reinlichste, salbte sie täglich mit wohlriechenden Essenzen und polierte sich die Fingernägel mit einer kleinen Bürste. Seine Kutte war aus feinstem Tuch, desgleichen das Untergewand.
    Eigentlich gab es an alldem nichts auszusetzen, hatte doch Mitrofani selbst den Klerus zu vorzüglichster Sauberkeit

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