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Pelagia und der schwarze Moench

Pelagia und der schwarze Moench

Titel: Pelagia und der schwarze Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Matwej Benzionowitsch hatte das natürlich so geplant: Mit dem jeden Widerspruch ausschließenden Ton seines Briefes und der genauen Zeitangabe hatte er den Klostervorsteher aus dem Gleichgewicht bringen wollen – einerseits, um ihm in Erinnerung zu rufen, dass es noch eine andere, höhere Macht gab als die seine, und andererseits, um Wi-tali zu Schroffheit und ungeschminkten Worten zu provozieren. Genauer betrachtet kommt man so den Dingen nämlich schneller auf den Grund als mit Verbeugungen oder verschleierten Andeutungen.
    Nun, Schroffheit hatte Berditschewski bewirkt, sogar im Übermaß.
    Seine Hochehrwürden marschierte an der Treppe zum prunkvollen Sitz des Klostervorstehers ungeduldig auf und ab; er trug eine uralte Kutte, die er aus irgendeinem Grunde fast bis zum Gürtel geschürzt hatte, sodass man seine hohen, schmutzigen Stiefel sehen konnte, und schwenkte seine Uhr, die die Form eines Zwiebelturms hatte.
    »Ah, der Staatsanwalt!«, rief er, als er Berditschewski erblickte. »Es ist drei Minuten nach zwei. Sie lassen auf sich warten? Ist das nicht sehr unverschämt?«
    Anstelle einer Antwort deutete Matwej Benzionowitsch, gleichfalls ohne ein Wort der Begrüßung, auf die allem Anschein nach erst kürzlich angebrachte Uhr, die den prächtigen Glockenturm schmückte. Es war gerade noch zu sehen, wie der Minutenzeiger auf die Zwölf sprang. Und in dem Moment erklang, wie mit Absicht, auch das Glockenspiel – alles in allem sehr effektvoll.
    »Mir fehlt die Zeit, lange Gespräche zu führen, ich habe genug andere Sorgen!«, brüllte Witali noch wütender. »Wir werden uns auf dem Weg unterhalten. Da, da drüben.« Er deutete auf einen aus Balken zusammengezimmerten Schuppen, der jenseits der Klostermauer in der Ferne zu sehen war. »Wir reißen den alten Schweinestall ab und bauen einen neuen.«
    Daher also die hochgeschürzte Kutte und die Kanonenstiefel. Die Audienz fand auf dem Viehhof statt, wo Schmutz und Unrat knöchelhoch lagen – Matwej Benzionowitschs Halbstiefel und seine Hose waren im Nu schmutzig.
    Die Mönche zerrten mit Hakenstangen die Dachschindeln vom Schuppen herunter, und der Klostervorsteher beaufsichtigte das Ganze, sodass der Staatsanwalt sein Anliegen unter Krach, Gepolter und Geschrei erläutern musste, wobei Witali nicht allzu aufmerksam zuzuhören schien.
    Das allein hätte gereicht, Berditschewskis Missfallen zu erregen, doch bald tauchte ein weiterer Umstand auf, der seine ursprüngliche Antipathie gegenüber dem Archimandriten auf ein Höchstmaß verstärkte. Mit einem bohrenden Blick, den Matwej Benzionowitsch nur allzu gut kannte und verstand, fixierte Vater Witali die Hakennase des Sawolshsker Emissärs, die knorpeligen Ohren und die unslawisch schwarzen, spärlichen Haare, und sein Gesicht nahm einen ganz eigentümlichen, angewiderten Ausdruck an.
    Als er von der Untersuchung des Selbstmords und der Besorgnis der Gouvernementsbehörden über die eigenartigen Vorgänge in Neu-Ararat hörte, erklärte der Archimandrit finster:
    »Ich sage, was ich denke. Sie können hinterher Verleumdungen schreiben, so viel Sie wollen – das kümmert mich nicht. Aber wagen Sie bloß nicht, Ihre lange Nase in geistliche Angelegenheiten zu stecken. Was den Selbstmord betrifft – machen Sie sich von mir aus mit dieser Schandtat zu schaffen, so viel Sie wollen. Aber alles andere geht Sie überhaupt nichts an.«
    »Was soll das denn bedeuten?!« Der stellvertretende Staatsanwalt keuchte vor Empörung. »Aus welchem Grunde, Eure Hochehrwürden, wollen Sie mir befehlen, womit. . .«
    »Aus folgendem Grunde«, unterbrach ihn Vater Witali. »Hier auf den Inseln bin ich das Oberhaupt, und ich trage die Verantwortung für alles. Umso mehr in den Fragen, die die Geistlichkeit betreffen. Für diese Dinge ist Ihre Nationalität nicht geeignet. Ich halte es für einen Affront von Seiten der Obrigkeit, dass man so jemanden als Ermittler nach Ararat schickt. Hier ist ein empfindsames, verwandtes, tiefgläubiges Herz vonnöten und nicht. . .«
    Der Klostervorsteher sprach nicht zu Ende und spuckte aus. Das war eine noch größere Kränkung.
    Berditschewski sah, dass die Sache auf einen offenen Eklat zusteuerte, und hielt sich zurück, ohne Witalis Unverschämtheit mit gleicher Münze heimzuzahlen.
    »Erstens, heiliger Vater, gestatten Sie mir, Ihnen die Worte des Apostels Paulus in Erinnerung zu rufen, nach denen es keine Judäer und keine Hellenen gibt und wir alle eins in Christo sind«, sagte er leise.

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