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Pellkartoffeln und Popcorn

Pellkartoffeln und Popcorn

Titel: Pellkartoffeln und Popcorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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die Toilette ist im Hühnerstall. Aber etwas anderes war ja wohl auch nicht zu erwarten.« Dann zog sie mich an der Hand hinter sich her.
    Wir durchquerten ein größeres Zimmer, in dem zwei wuchtige Ehebetten Wache hielten. Davor standen mehrere Stühle und ein Kindertisch, irgendwo an der Wand ein Kleiderschrank, daneben eine Art Vertiko mit einem Telefon obendrauf. Dann ging’s ins Dunkle, schließlich kam wieder eine Tür, und wir betraten eine große Küche. In der Mitte ein wachstuchbezogener Tisch, drumherum robuste Stühle, in einer Ecke ein Kohleherd, in der anderen ein Ausguß, darüber ein halbblinder Spiegel, daneben ein kleines Brett mit einem angeschlagenen Wasserglas und drei ausgefransten Zahnbürsten, ein rosalackierter Küchenschrank, eine Kohlenkiste und irgendwelche Kleinmöbel.
    Bevölkert war die Küche von einer dicken Frau, die mich irgendwie an eine Indianersquaw erinnerte, und zwei Kindern, eines davon mit laufender Nase. Von meiner Pflegemutter war nichts zu sehen.
    »Frau Wiemer füttert die Schweine«, erklärte Omi, führte mich zum Ausguß, drückte mir einen Waschlappen und die Zahnbürste in die Hand und erwartete von mir, daß ich vor den interessierten Zuschauern die Morgentoilette beginnen würde …? Omi scheuchte die beiden Knaben aus der Küche und schrubbte mich dann selber ab, allerdings weniger gründlich als sonst. »Heute abend wirst du baden«, erklärte sie, ohne im geringsten zu ahnen, wie sich das bewerkstelligen lassen sollte.
    Meine Koffer waren inzwischen auch schon gekommen. Omi wählte ein Blümchenkleid in gedeckten Farben, band mir die traditionelle Taftschleife ins Haar und präsentierte mich erwartungsvoll meiner Pflegemutter.
    Frau Wiemer war etwa Mitte Dreißig, hatte freundliche blaue Augen, ein Grübchen am Kinn und schmutzige Hände. »Ich komme gerade aus dem Stall«, entschuldigte sie sich, »aber das wirst du ja nachher alles noch sehen. Das Mittagessen ist noch nicht fertig, also iß erst mal ein Brot, und dann kannst du deiner Freundin guten Morgen sagen.
    Die ist nämlich schon lange wach.« Ich bekam ein Butterbrot mit richtigem Bienenhonig in die Hand gedrückt, und dann schob mich Frau Wiemer zur Küchentür hinaus. Sie wies auf eine Treppe, die ins obere Stockwerk führte: »An der Tür mußt du tüchtig klopfen, meine Schwägerin hört ein bißchen schwer.«
    Natürlich klopfte ich sehr zaghaft, aber zum Glück war ja Christa nicht schwerhörig. Sie kaute auf einem Stück Streußelkuchen und erklärte mir sofort: »Ich finde es hier prima.«
    Das konnte ich ihr nicht verdenken, denn ich hatte soeben eine völlig andere Welt betreten. Helle, freundliche Möbel, eine kleine, blitzsaubere Küche, überall Blumen und Christas Zimmer war ein richtiges Kinderparadies. Bunte Vorhänge vor dem Fenster, an den Wänden Märchenfiguren, auf dem Fußboden ein handgewebter kleiner Teppich, Bücherregale, ein Tisch mit Lampe… hier hätte es mir auch gefallen!
    Christas Pflegemutter trug eine Brille, hatte einen schwarzen Wuschelkopf und nahm mich sofort in die Arme. »Du kannst jederzeit heraufkommen, wenn du magst.« Christa sagte übrigens schon Tante Hanne zu ihr.
    »Sag mal, habt ihr hier oben ein Klo?« wollte ich von meiner Freundin wissen.
    »Nee, das ist übern Hof rüber. Warst du da noch gar nicht? Komm mal mit, du wirst Augen machen.«
    Offenbar kannte sie sich schon recht gut aus. Sie zog mich die Treppe hinunter, öffnete irgendwo im Hintergrund eine Tür, und dann standen wir auf einem Sandplatz. Ein paar Hühner scharrten herum, viele Gänse marschierten mit gereckten Hälsen auf uns zu, und wir türmten schleunigst in den gegenüberliegenden Stall. Links grunzte es, rechts mümmelten acht Kaninchen, und wenn man den schmalen Mittelgang durchquert hatte, stand man vor einer Holztür. Christa öffnete den Haken, mit dem sie verschlossen war. Hinter der Tür befand sich eine Art hölzerner Kasten, in der Mitte ein Loch mit Deckel obendrauf, daneben eine Kanne mit Wasser. Auf dem Boden lag eine Rolle Toilettenpapier.
    »Da haste dein Klo!«
    Ich verzichtete erst einmal auf die Benutzung dieses Möbels und schlug mich lieber seitwärts in die Fliederbüsche. Später gewöhnte ich mich zwangsläufig an das Häuschen; aber der Gang dorthin hat mich bis zum letzten Tag Überwindung gekostet und wurde besonders im Winter so lange wie möglich hinausgeschoben.
    Während des Mittagessens erfuhr ich dann alles Wissenswerte. Übrigens fand es im

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