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Pelte, Reinhard

Pelte, Reinhard

Titel: Pelte, Reinhard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inselbeichte
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bei seinem Kollegen in Füssen nach weiteren Informationen zu fragen. Jung nahm das Angebot gerne an. Es dauerte nicht lange, bis er ihn zurückrief und ihn davon in Kenntnis setzte, dass die Frau vor zwei Jahren verstorben sei. Woran, könne er in diesem Moment nicht sagen, aber es sei möglich, das noch herauszufinden. Jung bedankte sich und bat den Beamten, sich nicht weiter zu bemühen. Die Familie Carl gab es praktisch nicht mehr.
    Jung erhob sich und öffnete das Fenster. Er wollte frische Luft schöpfen. Noch immer herrschte draußen das trübe Grau, aber es schien ihm so, als hätte sich etwas verändert. Die Wolkendecke hatte sich angehoben, und ihre Unterseite bekam langsam Struktur, anders wie noch am Vormittag, als man den Eindruck haben musste, als läge der Himmel auf der Erde auf. Waren das die ersten, zaghaften Anzeichen einer durchgreifenden Änderung? Weihnachten stand vor der Tür, und üblicherweise stellte sich zu dieser Zeit das Wetter über Norddeutschland um und mündete in eine heftige Weihnachtsdepression, die anhaltenden Regen und milde Temperaturen brachte.
     
    *
     
    Als Jung sich kurz vor Feierabend einen Tee zubereitete, war er plötzlich da, der Gedanke, der die ganze Zeit in seinem Hinterkopf gelauert hatte: das erste Hotel am Platz. Er hatte heute vor dem Hotel geparkt, der Bruder des verschwundenen Mädchens hatte hier eine Ausbildung gemacht, die Eltern die Hotelküche mit Fleisch und Gemüse beliefert, er selbst dort früher schon zu Mittag gegessen und lange Zeit davor sogar in dem Gebäude zur Schule gegangen. Die Häufung war auffällig. Er wollte sich gleich nach Weihnachten darum kümmern. Jetzt, kurz vor dem Fest, stand nur noch seine Beförderung auf der Agenda.

Die Beförderung
    Am Tag der Aushändigung seiner Ernennungsurkunde zum Kriminaloberrat blieb Jung im Treppenhaus neben der Wachstube stehen und sah Petersen zu, wie er Briefe in die Fächer sortierte. Jung hätte ihn fast nicht wiedererkannt. Für ihn war die Polizeiuniform ein Merkmal Petersens, ebenso wie seine rosigen Wangen oder sein ausgeprägter Rundrücken, über dem die steife, einschüchternde Uniform sich in ein väterliches Habit zu wandeln schien. Heute war er in Zivil und sah darin aus, als hätte er sich für das Begräbnis seiner Schwiegermutter zurechtgemacht, ein unzweifelhaft einmaliges und einzigartiges Ereignis. Holtgreve hatte beschlossen, dass außer ihm selbst und Jung noch fünf weitere Kollegen an der Zeremonie teilnehmen sollten. Die Anzugsfrage hatte sich durch Petersens Teilnahme lange im Voraus erledigt. Sie gingen alle in Zivil.
    Als Petersen sich umwandte, begrüßte er Jung freudig erregt: »Guten Morgen, Herr Oberrat. Gratuliere. Wer hätte das gedacht?«
    »Ich nicht, Petersen. Fahren Sie mit mir? Ich hab Platz im Auto.«
    »Ja, danke. Gerne.«
    Er kam aus seiner Wachstube und schloss hinter sich ab. Dabei bemerkte er, den Kopf Jung zugewandt: »Mich vertritt hier keiner. Der Dienstplan sieht das nicht vor. Hoffentlich wissen das unsere Kunden und benehmen sich entsprechend.«
    »Wird schon schiefgehen. Unsere Kunden mögen uns, vor allem Sie, Petersen«, witzelte Jung.
    »Da könnten Sie recht haben.« Petersen grinste Jung verschmitzt an.
    Sie verließen die Inspektion und überquerten den Hof. Der Himmel war noch immer grau verhangen, aber die Wolken mussten an Mächtigkeit verloren haben, denn es war heller als die Tage zuvor. Der Ostwind hatte nachgelassen, und die gefühlte Temperatur lag deutlich höher als gestern. Sie ließ bei Jung die Hoffnung auf einen Wandel zum Besseren aufkommen.
    Jung lenkte sein Auto aus der Polizei-Inspektion in Richtung Ostufer, den Hafendamm entlang über Kielseng auf die Mürwiker Straße. Von Mürwik war es nicht mehr weit nach Glücksburg/Meirwik, zum Flottenkommando. Jung kannte sich hier seit seiner Wehrübung zur Genüge aus und steuerte zielsicher vor das Rollgatter, das die Öffentlichkeit von der Kasernenanlage ausschloss. Ein Wäldchen schützte sie überdies vor neugierigen Blicken von der Fördestraße, die Flensburg und Glücksburg miteinander verbindet.
    Heute stand ein Wachmann vor dem geöffneten Gatter. Er hielt ein Klemmbrett und einen Schreiber in den Händen. Jung hielt vor einem Schild, auf dem das Wort ›ALPHA‹ zu lesen war. Er ließ das Seitenfenster herunter und begrüßte den Wachmann.
    »Guten Morgen. Heute muss ich nicht aussteigen, oder?«
    »Guten Morgen. Wenn Sie auf der Liste stehen, nicht. Wie heißen

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