Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe
grauenvoll. »Mutter Gottes«, murmelte er. »Was machen wir jetzt?«
»Jetzt schießen wir uns den Weg frei«, erklärte Donovan ruhig und zückte seine Waffe.
59
Margo nahm einen tiefen Zug aus ihrer Atemflasche und reichte das Mundstück an Smithback weiter. Der Sauerstoff sorgte fast augenblicklich für einen klaren Kopf. Margo sah nach vorne, wo Pendergast gerade ziegelförmigen Plastiksprengstoff rund um eine offene Luke plazierte. Jedesmal, wenn er ein weiteres Paket aus seinem Beutel nahm und es auf den Boden in Position brachte, stiegen kleine Wolken von Staub und Pilzsporen auf und versperrten Margo den Blick auf sein Gesicht. D'Agosta, der hinter ihr stand, hatte seine Waffe im Anschlag. Neben ihr lehnte Mephisto an der Tunnelwand, dessen Augen auf den Monitoren ihres Nachtsichtgeräts wie rotglühende Kohlen schimmerten.
Pendergast drückte die Zünder in den Sprengstoff, sah auf seine Patek Philippe-Uhr und stellte die Detonationszeit ein.
Dann nahm er seinen Beutel und bedeutete den anderen mit einer Geste,daß er hier fertig war. Sein Gesicht sah aus wie eine Maske aus grauem Staub, und sein sonst so makelloser schwarzer Anzug war zerrissen und schlammbespritzt Unter anderen Umstä nden hätte sein Anblick lächerlich gewirkt, aber Margo war weiß Gott nicht zum Lachen zumute.
Die Luft in dem Tunnel war so schlecht, daß Margo sich ständig die Hand über Mund und Nase hielt, bis es ihr zuviel wurde und sie sich wieder etwas Sauerstoff gönnte.
»Na, kriegt die Presse vielleicht auch noch einen Zug?« fragte Smithback mit einem schwachen Lächeln.
Margo gab ihm das Mundstück, und nachdem der Journalist tief eingeatmet hatte, nahm sie ihn bei der Hand und führte ihn hinter Pendergast her durch die Dunkelheit. Von der Decke des Tunnels hingen jetzt große Eisenhaken. Nach einem Marsch von ein paar Minuten blieb Pendergast stehen, sah auf seinen Plan und zog dann ein Bündel Sprengstoff aus Margos Tasche, das er in eine Nische knapp unterhalb der Tunneldecke preßte. »Das wäre erledigt«, erklärte er. »Noch eine Serie von Ladungen, und dann kehren wir um. Wir müssen uns beeilen.«
Er ging weiter den Tunnel entlang, hielt aber nach ein paar Schritten abrupt inne.
»Was ist los?« flüsterte Margo, aber Pendergast brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen.
»Haben Sie das gehört?« fragte er leise.
Margo lauschte in die Dunkelheit. Die dicke, feuchte Luft in den Tunnels kam ihr wie Watte vor, die alle Geräusche dämpfte. Dann aber hörte sie doch etwas: ein dumpfes Grollen direkt unter ihren Füßen, das wie weit entfernter Donner klang. »Was war das?« fragte sie.
»Ich bin mir nicht sicher«, murmelte Pendergast.
»Sind das vielleicht die SEALs, die ihre Sprengladungen zünden?«
Pendergast schüttelte den Kopf. »Dafür war die Detonation zu leise. Außerdem wäre es noch zu früh.« Er lauschte noch eine Weile mit gerunzelter Stirn, bevor er langsam weiterging.
Margo folgte ihm dichtauf und führte Smithback den Gang entlang, der einen merkwürdigen Verlauf durch das harte Felsgestein nahm. Dabei fragte sie sich, wer diesen Stollen drei Dutzend Stockwerke unter den Straßen von Manhattan wohl gebaut haben mochte. Sie stellte sich die Park Avenue vor, deren Asphaltbelag nur eine dünne Deckschicht über einem gigantischen Netzwerk aus Schächten, Tunnels, Galerien und Gängen war, die in vielen Ebenen tief in die Erde hinunterreichten, wie ein riesiges Insektennest, in dem ...
Margo schüttelte energisch den Kopf, um nicht an die Bewohner dieses Nestes denken zu müssen, und nahm einen weiteren tiefen Zug aus der Sauerstoffflasche. Als ihre Gedanken wieder klar waren, fiel ihr auf, daß weitere gedämpfte Geräusche von unten heraufdrangen. Diesmal aber waren es keine Explosionen, sondern folgten einem an- und abschwellenden Rhythmus, der Margo an das Hämmern einer Maschine erinnerte.
Pendergast blieb abermals stehen. »Seien Sie alle ganz leise. Wenn jemand etwas sagen muß, dann soll er flüstern, verstanden? Vincent, halten Sie den Blitz bereit.«
Vor ihnen endete der Tunnel an einem großen Eisenschild, aus dessen Oberfläche die Köpfe dicker Nieten ragten. In der Mitte dieser Metallwand befand sich eine kleine Tür, die weit offenstand. Pendergast trat vorsichtig über die Schwelle, den Flammenwerfer im Anschlag. Das Licht der kleinen Zündflamme hinterließ verwischte Leuchtspuren auf den Monitoren von Margos Nachtsichtbrille. Nach ein paar Sekunden winkte
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