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Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Titel: Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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die erste Kaverne führte.
    Hier unten, tief unter der Erde, roch die Luft nach klarem Wasser und feuchten Steinen, denn hier konnte nichts vermodern, und weil in der Höhle keine Fledermäuse hausten, stank es auch nicht nach deren Mist. Vor ihnen schlängelte sich der hölzerne Laufsteg durch einen ganzen Wald aus Stalagmiten, und da Winifreds Großvater hier nicht mit versteckt angebrachten Glühbirnen gespart hatte, kam man sich wie in einer Märchenlandschaft vor. Die Stalagmiten warfen bizarre Schatten auf die Felswände, die Decke der Höhle lag im Dunkel.
    Winifred hielt sich bei den Erklärungen und Gesten genau an das väterliche Vorbild. »So, wir sind in der ›Kristallkathedrale‹ angekommen, der ersten der drei größeren Kavernen des Höhlensystems. Die Stalagmiten, die wir hier sehen, ragen über sechs Meter in die Höhe, die Decke der Höhle liegt nahezu dreißig Meter über uns.«
    »Überaus eindrucksvoll«. sagte Pendergast, was seine Führerin mit einem dankbaren Lächeln und einigen zusätzlichen Erläuterungen über die Entstehung der Kalkablagerungen im Südwesten von Kansas belohnte. Pendergast erfuhr, dass das kalkreiche Sickerwasser Jahrmillionen gebraucht hatte, um dieses Naturwunder entstehen zu lassen. Abschließend zählte Winifred noch die Namen auf, die ihr Großvater den verschiedenen Formationen gegeben hatte, zum Beispiel »Die sieben Zwerge«, »Das weiße Einhorn«, die bizarre Komposition von »Nadel und Faden« und den »Bärtigen Santa Claus«. Dann, fand sie, wurde es abermals Zeit für eine Pause, für den Fall, dass jemand – wie sie es in Gedanken automatisch formulierte – Fragen stellen wollte.
    Pendergast tat ihr den Gefallen. »Sind eigentlich alle Einwohner von Medicine Creek schon mal hier gewesen?«
    Winifred wand sich ein bisschen. »Na, ich denke schon. Zumal wir ja von den Ortsansässigen keinen Eintritt verlangen. Das würde unter Nachbarn nur böses Blut machen.«
    Und dann hatte sie es auf einmal eilig, Pendergast in die nächste Kaverne zu führen. »Vorsicht, die Decke wird hier niedriger, stoßen Sie sich nicht den Kopf an!«
    Gleich darauf waren sie in der neuen Höhle. »Wir befinden uns hier in der ›Bibliothek des Riesen‹. Wenn Sie einen Blick nach rechts werfen, werden Sie verstehen, weshalb mein Großvater der Formation diesen Namen gegeben hat. Die mineralischen Kalkablagerungen haben im Laufe von Millionen Jahren ein Bild entstehen lassen, das verblüffend nebeneinander aufgereihten Büchern ähnelt. Und beim Blick nach links könnte man meinen, das Regal zu sehen, in das die Bücher lediglich noch einsortiert werden müssen.«
    Und schon ging die Führung weiter. Sie näherten sich jetzt dem prächtigen »Kristall-Glockenspiel«, Winifreds Lieblingsformation. Und ausgerechnet da wurde ihr erschrocken klar, dass sie ein wichtiges, für diesen Teil der Führung unverzichtbares Utensil nicht dabeihatte. Sie wühlte in ihren Taschen: nichts, alles leer! Sie konnte es kaum fassen. Da hatte sie doch tatsächlich nach fünfzig Jahren Erfahrung als Höhlenführerin das Gummihämmerchen vergessen, ohne das aus der geplanten Überraschung nichts werden konnte! Und ganz nebenbei stellte sie fest, dass auch ihre Taschenlampe in der Andenkenbude liegen geblieben war. Oh Gott, wenn nun plötzlich der Strom ausfallen würde? Nicht auszudenken! Also wirklich, in all den fünfzig Jahren war ihr so etwas noch nie passiert!
    Pendergast spürte ihre innere Unruhe. »Ist irgendwas nicht in Ordnung, Miss Kraus?«
    »Ich hab den Gummihammer vergessen, mit dem ich gewöhnlich das Glockenspiel schlage«, gestand sie ihm zerknirscht. Sie schien den Tränen nahe zu sein.
    Pendergast warf einen Blick auf die an Orgelpfeifen erinnernde Stalaktitenformation. »Ich verstehe«, sagte er mitfühlend.»Ich kann mir gut vorstellen, was für ein wunderschönes Klangerlebnis das gewesen wäre.«
    »Man kann Beethovens
Ode an die Freude
darauf spielen!«, verriet ihm Winifred mit weinerlich klingender Stimme. »Der absolute Höhepunkt der Führung!«
    »Wie ärgerlich. Dann muss ich wohl noch mal wiederkommen.«
    Winifred überlegte fieberhaft, was sie den Besuchern (denn bei Führungen dachte sie immer im Plural) als Ersatz für das ausgefallene Glockenspiel bieten könne.
    Pendergast ahnte ihre Verzweiflung und ließ scheinbar beiläufig die Bemerkung einfließen: »In einem Ort wie Medicine Creek gibt es sicher viele Traditionen und Besonderheiten, die gewissermaßen das Flair

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