Pendergast 11 - Revenge - Eiskalte Täuschung
gewahr wurden, war höchst lehrreich. Zum Beispiel hatten wir in all den Jahren geglaubt, dass Helen tot ist.«
Esterhazy gefror das Blut in den Adern.
»Stimmt’s, Judson?«
»Nein«, sagte Esterhazy matt.
Falkoner winkte ab, als handele es sich um eine Bagatelle. »Wie auch immer. Hier ist die erste Frage: Was weißt du über unsere Organisation, und woher hast du deine Informationen?«
Aber Pendergast gab keine Antwort. Stattdessen wandte er sich mit einem seltsam einfühlsamen Ausdruck in den Augen zu Esterhazy um. »Du bist als Nächster dran, das ist dir sicher klar.«
Falkoner ging mit langen Schritten zu Constance und packte ihre Hände, die hinter der Stütze gefesselt waren. Er zückte sein Messer und schnitt langsam und absichtsvoll in ihren Daumen. Sie unterdrückte einen Aufschrei und wandte den Kopf jäh zur Seite.
»Beim nächsten Mal sprichst du mit mir und beantwortest meine Frage.«
»Sag nichts!«, rief Constance mit heiserer Stimme, ohne sich umzudrehen. »Sag gar nichts. Die bringen uns sowieso um.«
»Stimmt nicht«, sagte Falkoner. »Wenn er redet, dann setzen wir dich lebendig an Land ab. Sein Leben kann er nicht retten, aber deins.«
Er wandte sich wieder zu Pendergast um. »Beantworte die Frage.«
Und Pendergast packte aus. Er erzählte kurz, wie er entdeckt hatte, dass das Gewehr seiner Frau mit Platzpatronen geladen war, und wie ihm klarwurde, dass dies bedeutete, dass sie vor zwölf Jahren in Afrika ermordet worden war. Er sprach langsam, klar und völlig ausdruckslos.
»Und deshalb bist du also nach Afrika geflogen«, sagte Falkoner, »und hast unsere kleine Verschwörung aufgedeckt, mit der wir sie beseitigt haben.«
»Eure Verschwörung?« Pendergast dachte offenbar darüber nach.
»Warum erzählst du ihm das?«, fragte Constance unvermittelt. »Glaubst du wirklich, er lässt mich frei? Natürlich nicht. Hör auf, Aloysius, wir beide sterben sowieso.«
Mit erregter Miene packte Falkoner ihre Hand und schnitt ihr wieder langsam in den Daumen, dieses Mal sehr viel tiefer. Sie verzog das Gesicht und wand sich vor Schmerzen, schrie aber nicht auf.
Aus dem Augenwinkel sah Esterhazy, dass Schultz und Zimmermann ihre Waffen ins Holster steckten und die Vorstellung genossen.
»Nicht«, sagte Esterhazy zu Falkoner. »Wenn Sie damit weitermachen, redet er nicht mehr.«
»Verdammt, ich weiß genau, was ich tue. Ich mache so etwas seit Jahren.«
»Sie kennen
ihn
nicht.«
Aber Falkoner hatte aufgehört. Er hielt das blutige Messer hoch, wedelte Pendergast damit vor dem Gesicht herum und wischte das Blut an den Lippen des Agenten ab. »Beim nächsten Mal schneide ich ihr den Daumen ab.« Er lächelte schief. »Lieben Sie sie? Sie müssen sie lieben. Jung, schön, lebhaft. Wer würde es nicht?« Er richtete sich auf und ging langsam auf dem Deck herum. »Ich warte, Pendergast. Reden Sie weiter.«
Aber Pendergast redete nicht weiter. Stattdessen schaute er Esterhazy forschend an.
Falkoner unterbrach seinen Rundgang und legte den Kopf auf die Seite. »Na schön. Ich halte immer meine Versprechen. Schultz, halt ihre Hand fest.«
Schultz packte Constances Hand, während Falkoner das Messer zückte. Esterhazy sah, dass er tatsächlich vorhatte, ihr den Daumen abzuschneiden. Und wenn er das tat, würde es kein Zurück geben, nicht für Pendergast und nicht für ihn.
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76
»»Einen Augenblick!«, sagte Esterhazy.
Falkoner hielt inne. »Was ist?«
Esterhazy ging rasch zu Falkoner hin und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich habe vergessen, Ihnen etwas zu sagen. Etwas, das Sie wissen müssen. Es ist sehr wichtig.«
»Verdammt, ich bin mitten bei der Arbeit.«
»Kommen Sie mit zur Reling. Die sollen das nicht hören. Ich sage Ihnen, es ist von
größter
Wichtigkeit.«
»Das ist ein verdammt schlechter Zeitpunkt, mich bei der Arbeit zu unterbrechen!«, murmelte Falkoner, während sein sadistisches Lächeln einer düsteren Miene der Enttäuschung wich.
Esterhazy ging Falkoner voran zur Backbordreling und dort ein wenig nach achtern. Er blickte hoch: Hier waren sie weder von der Brücke noch vom Vorschiff aus zu sehen.
»Was ist das Problem?«, fragte Falkoner barsch.
Esterhazy beugte sich vor, um ihm etwas zuzuflüstern, und legte ihm dabei die Hand auf die Schulter. Während sich ihre Köpfe annäherten, riss Esterhazy seine Pistole hoch und jagte dem Deutschen eine Kugel durch den Kopf. Eine Wolke aus Blut und Knochensplittern platzte aus der anderen Schädelseite und spritzte
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