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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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mit einer Knochennadel und einem Faden aus Schafdarm – Dinge,
die er immer in seiner Arzttasche bei sich trug. Sie jammerte nur ein wenig und
wurde nicht ohnmächtig. Er redete die ganze Zeit mit ihr, lobte sie und sagte,
sie sei das tapferste Mädchen von ganz Maine.
    Mit Megs Hilfe fand er den Rolltabak, den Nat kaute oder rauchte.
Tyl mischte Tabakblätter mit getrockneten Bovisten, die er zum Blutstillen
ebenfalls in der Arzttasche hatte. Er legte die Mischung auf die vernähte Wunde
und verband den Schenkel mit einem sauberen Leinentuch. Als er fertig war, sah
er sie nachdenklich an und runzelte dabei unbewußt wie üblich die Stirn.
    Ihre Augen glänzten vom Alkohol und den Schmerzen. »Schrei mich
bloß nicht an, Tyl«, lallte sie.
    »Über deinen Leichtsinn sprechen wir später«,
erwiderte er streng.
    »Es war nicht ... meine Schuld ... du solltest doch ... bei Hannah
sein ...«
    »Sie hat ihr Baby schon. Es ist diesmal ein Mädchen.«
    »Schön ... ich möchte auch d ... ein Baby.«
    Tyl richtete sich auf. Hatte sie wirklich
»dein Baby« gesagt?
    Er setzte sich vorsichtig auf den Bettrand und
hob sie etwas hoch, damit sie sich an ihn lehnen konnte. Dann legte er ihr den
Arm um die Hüfte und die Hand auf den Leib. Er fühlte, wie sie seufzte.
    Sie legte ihre Hand, die so viel kleiner und heller war, auf seine
langen sonnengebräunten Finger. Plötzlich lallte sie betrunken: »Du hast
heilende Hände, Tyl. Von Anfang an habe ich das gewußt und mich in dich
verliebt ... wie konnte ich nur so dumm sein ...«
    Ihre Worte machten ihn verlegen. Stumm schloß
er seine Finger um ihre kleine Hand und legte sie ihr in den Schoß. Um das
gefährliche Thema zu wechseln, sagte er: »Du wirst in den nächsten Tagen
leider starke Schmerzen haben. Du darfst das Bein auf keinen Fall belasten.
Vielleicht sollte ich jemanden schicken, um Nat zurückzuholen.«
    Sie zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen und schüttelte
den Kopf. »N ... nein, Tyl. Tu das nicht. D ... du darfst Nat nicht ... bitte
...«
    Was soll das bedeuten, dachte er verwirrt. Warum gerät sie bei dem
Gedanken an ihren Mann in Panik?
    Er legte schützend den Arm um sie und drückte sie wieder an sich.
»Delia, warum hast du Angst vor Nat? Schlägt er dich?«
    Sie warf den Kopf unruhig von einer Seite zur anderen. »Nein, nein
... mein Pa hat mich immer geschlagen. Nat tut das nicht ... er berührt mich
nie ...« Sie bekam ein Schluckauf und lallte: »Nat berührt mich ... überhaupt
... nicht.«
    Er sah sie betreten an. Ihre kummervollen Augen trafen ihn bis ins
Mark.
    »Nat liebt mich nicht, Tyl ... er liebt seine ... M ... Mary ...
nicht mich. Niemand liebt mich ...«
    Sein Herz
begann schneller zu schlagen. Er atmete kaum. Ihre Haut war so blaß, beinahe
durchsichtig, und ihre Lippen ... »Warum liebst du mich nicht ... Tyl?«
    Sein Mund bewegte sich nicht. Er hatte Angst ... Angst vor der
Wahrheit, vor seinen Gefühlen.
    »O Gott,
Delia, ich ...«
    ...
liebe dich.
    Die Worte blieben ihm zwar im Hals stecken, aber sie hallten in
seinem Herzen wider.
    Delia, ich liebe dich.
    Delia öffnete die Tür, und Tyl stand vor ihr. Er sah sie finster an,
aber daran hatte sie sich inzwischen gewöhnt. Sie fand ihn in dem gefransten
Lederhemd, das fast bis zum Nabel offenstand, den enganliegenden Kniebundhosen
und den hohen Stiefeln einfach unwiderstehlich.
    »Warum liegst du nicht im Bett?« knurrte er.
    Wie immer wurde sie bei seinem Anblick rot.
Sie konnte nichts dagegen tun. Um ihre Verlegenheit zu überspielen, leckte sie
sich mit der Zunge die trockenen Lippen, weil sie wußte, daß seine Augen dann
eine Weile abgelenkt waren. »Ach, Tyl, ich konnte einfach nicht länger
liegenbleiben. Außerdem kommt Nat heute abend zurück, und ich habe noch so viel
zu tun.«
    Seine Augen hingen an ihren Lippen, aber er holte tief Luft, richtete
sich auf und zog die Stirn in Falten. Er hob sie wortlos hoch und trug sie in
das Schlafzimmer. Wie immer gab es für sie nichts Schöneres, als sich an ihn
zu drücken und sich von ihm halten zu lassen. Sie wagte es sogar, die Wange an
seine Brust zu legen. Das weiche Lederhemd war warm und roch nach ihm. »Tyl, laß mich nicht fallen!« rief sie erschrocken.
    »Warte nur ab ...«
    Sie hatte das Gefühl, er werde sie wie einen Sack Kartoffeln auf
das Bett werfen, aber er atmete nur noch einmal tief und ließ sie langsam aus
seinen Armen gleiten. Dann legte er die Hand auf ihre Stirn. »Du meine Güte,
Delia, du hast

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