Penelope Williamson
Fieber!«
»Es ist mir nur etwas heiß, weil es heute so schwül draußen ist.«
Sie richtete sich auf. »Tyl, ich habe so viel zu tun ...«
Er drückte sie zurück. »Nat kommt heute nicht zurück. Es zieht ein
Unwetter auf, wenn ich mich nicht täusche ... von Nordosten. Das Küstenschiff
kann bei diesem Wetter nicht auslaufen.«
Delia blickte zum Fenster. Er hatte recht. Am Himmel ballten sich
dicke schwarze Wolken, und es war so drückend, daß sie zu ersticken glaubte. Es
roch nach Salz und Meer. Alle Geräusche waren überdeutlich. Sie hörte das
Lachen der Mädchen, die in der Scheune den Weizen in Säcke füllten.
Tyl legte ihr die Hand unter das Kinn und drehte ihren Kopf sanft
in seine Richtung. »Du mußt mir versprechen, daß du heute noch im Bett
bleibst.«
»Aber ...«
»Kein 'Aber.« Er legte ihr den Zeigefinger auf die Lippen. »Gibst
du mir dein Wort?«
Sie nickte langsam.
Er ließ die Hand sinken, und ihre Lippen sehnten sich nach ihm.
»So, sag mir jetzt, was du noch zu tun hast. Ich werde auch das noch für dich
erledigen.«
Sie lachte. »Und was ist mit den
Frauenarbeiten?«
Er verzog spöttisch den Mund. »Du weißt doch, für dich tue ich
alles. Versprich mir nur, niemandem etwas zu verraten, sonst bin ich blamiert.«
Wieder lag sie wie in den letzten Tagen im Bett, während er für
sie das Haus versorgte, mit den Kindern spielte und sogar Essen kochte. Delia
schlief manchmal tief und fest, aber dazwischen war sie halbwach und hörte zu ihrer
Beruhigung seine tiefe Stimme, wenn er mit den Mädchen sprach.
Es war so schön, Tyl von morgens bis abends um sich zu haben. Hin
und wieder erschien er bei ihr im Zimmer, brachte ihr eine Tasse
Pfefferminztee, saß auf dem Bett, und sie unterhielten sich. Sie redeten über
nichts Besonderes, sondern nur über belanglose Kleinigkeiten, aber Delia war
so glücklich wie nie zuvor.
Das Unwetter brach am späten Nachmittag mit aller Gewalt los. Es
war plötzlich dunkel geworden, und der Wind wehte immer heftiger. Ein
unheimliches Heulen und Pfeifen setzte ein, und dann kam der Regen. Es goß wie
aus Kübeln.
Delia verließ das Bett und humpelte zum Fenster, um die Läden zu
schließen. Da sah sie Tyl über den Hof rennen. Er kam aus dem Stall, wo er die
beiden Stuten versorgt hatte. Die Wasserwand verwandelte den Hof im
Handumdrehen in ein Schlammfeld.
Delia hüpfte auf einem Bein, so schnell sie konnte, aus dem Zimmer.
In der Küche schlug ihr ein köstlicher Geruch entgegen. Sie lächelte den beiden
Mädchen zu, die mit Marys gutem Geschirr gerade voll Hingabe den Tisch deckten.
Tyl befand sich schon in dem kleinen Vorraum und wischte den
Schlamm von seinen Stiefeln. Das nasse Hemd klebte ihm am Körper, und die
dunkelbraunen Haare tropften. Seine Augen schimmerten in dem fahlen Licht
seltsam silberblau.
»Du bist ja naß bis auf die Haut!« rief sie lachend. Am liebsten
hätte sie ihm die nassen Haare aus der Stirn geschoben.
»Der Wind ist so stark, daß er einen davonblasen kann«, erwiderte
Tyl noch immer außer Atem.
Dann lehnte er sich an die Wand, um die Stiefel besser ausziehen
zu können. Beim Anblick des nassen, weichen Leders seiner engsitzenden Hose,
die wie eine zweite Haut an ihm klebte, dachte Delia unwillkürlich an das
Abenteuer in Portsmouth, als er sie zum ersten Mal aus einem Fluß gezogen
hatte. Damals hatten sie sich beide splitternackt ausgezogen und waren um das
Feuer gehüpft, um wieder warm und trocken zu werden.
»Du mußt die nassen Sachen wechseln, sonst wirst du dich erkälten«,
sagte sie mit belegter Stimme. »Wir trocknen alles am Kamin, während wir essen.
Du bleibst doch zum Essen?«
Er lachte. »Das will ich glauben. Schließlich habe ich gekocht.«
»Hm, nach allem, was ich vom Bett aus gehört habe, mußten Meg und
Tildy das meiste tun.«
Er zog das Hemd aus und ging an ihr vorbei ins Schlafzimmer. Sie
starrte auf seinen breiten Rücken und die schmalen Hüften, und ihr Herz klopfte
noch schneller.
Er will mich verführen, dachte sie. Ach was, er hat mich
bereits verführt.
Normalerweise aßen sie abends nicht viel, aber
Tyl hatte mit den beiden Mädchen ein Festessen zubereitet. Es gab gebratenen
Truthahn, Bohnen mit Mais und hauchdünne Pfannkuchen. Tyl saß ihr gegenüber.
Er hatte sich in eine Decke gewickelt und eine zweite um die Schultern gelegt.
Im Licht der flackernden Flammen wirkte er mit seinem nackten, gebräunten
Oberkörper wie ein Indianer. Als er mit dem Messer ein Stück
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