Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
Vom Netzwerk:
den
Fäusten schlagen ... wie Vater.
    Der Goldene
Löwe war nur eine der vielen Rumkneipen im Hafen, wo die »Lederschürzen«-Arbeiter wie Schmiede, Küfer und Stauer, die ihre Dienste den vor Anker
liegenden Schiffen zur Verfügung stellten – den billigen Alkohol tranken, um
die Armut und die trostlose Last ihres Lebens besser ertragen zu können.
    Delia McQuaid arbeitete im Goldenen Löwen,
seit sie vierzehn war. Aber sie war keine Hure, auch wenn Tom Mullins das
glaubte und alle es angeblich behaupteten. Sie arbeitete als Kellnerin, und das
war etwas anderes. Selbst die Gehässigsten konnten das nicht leugnen.
    Als sie jetzt in der schiefen Tür der
überfüllten und verräucherten Schankstube stand, versuchte Delia zu erraten,
wer von den gröhlenden Männern wohl das Gerücht über sie aufgebracht hatte.
    Gewiß, jeder von ihnen hatte sie schon einmal
aufgefordert, mit ihm die Treppe nach oben zu gehen. Aber so waren die Männer
eben. Sie hatte es noch nie einem Gast verübelt, wenn er sie deshalb ansprach,
solange der Betreffende seine Hände unter Kontrolle behielt und sich mit dem
klaren »Nein« abfand. Vor zwei Jahren hatte sie noch nicht einmal Schuhe
besessen. Nach einem einzigen Stelldichein in einem der billigen Zimmer des
Goldenen Löwen hätte sie sich ohne weiteres ein Paar kaufen können. Ihr Stolz
hatte das jedoch nicht zugelassen – Stolz und die Gewißheit, daß sie, wenn sie
auch nur einmal für Geld mit einem Mann schlief, so tief in die Gosse sinken
würde, daß sie sich nie wieder daraus befreien konnte.
    Und doch hatte einer der Männer behauptet, sie sei eine Hure, und
alle glaubten es. Dieser Gedanke versetzte Delias Stolz einen Schlag, der mehr
schmerzte als ihre wunden Rippen.
    »Du kommst spät, Kleine!«
    Sie drehte sich um und blickte in das
aufgedunsene, narbige Gesicht von Sally Jedrup. Ihr gehörten außer dem Goldenen
Löwen noch zwei andere Kneipen am Hafen, die noch vor wenigen Jahren ehrwürdige Gasthäuser waren. Aber inzwischen hatte sich
die Armut hier ausgebreitet. Die Reichen bevorzugten jetzt die großen
Prachtbauten in der Stadt. Sally hatte ein Doppelkinn, und ihr Atem roch nach
fettiger Wurst. »Ich zahle dir nicht gutes Geld dafür, daß du kommen und gehen
kannst, wann es dir so paßt ...«
    »Ich bin nicht zu spät ...«, erwiderte Delia
aufgebracht, obwohl sie sich heute nicht in der Lage fühlte, Sally die Stirn zu
bieten. Deshalb nahm sie der Wirtin sofort das Tablett mit den randvollen
Rumgläsern aus den Wursthänden und fragte: »Wer bekommt das?«
    »Die lauten Kerle dort an der Wand. Und paß auf, daß du nichts
verschüttest!« rief sie Delia nach. »Wenn sich die Männer beklagen, dann ziehe
ich es dir von deinem Lohn ab.«
    Als sich Delia dem Tisch näherte, sah sie,
daß einer der zechenden Männer auf den Bänken der Schmied Jake Steerborn war.
Trotz ihrer Enttäuschung über Tom Mullins war sie erleichtert, daß ihr Verehrer
wenigstens diesmal nicht dabei erwischt werden würde, wie er seine Pflichten in
der Schmiede vernachlässigte.
    Über Jakes Kopf hing an einem Haken ein Lederbeutel mit einem
Kampfhahn. Der Hahn stieß kehlige Laute aus – vermutlich in Erwartung des
bevorstehenden Kampfes. Im Goldenen Löwen gab es ein Podest für die
Hahnenkämpfe. Alle im Hafen wußten, daß an diesem Abend ein Kampf zwischen
Jakes preisgekröntem Hahn und einem von Sally Jedrups Favoriten bevorstand und
daß die Einsätze dabei hoch waren.
    Als sich Delia vorbeugte, um die Gläser auf den fleckigen Tisch zu
stellen, legte ihr der Schmied seine rußige Hand auf das Gesäß und ließ sie
langsam und genußvoll auf dem Rock aus altem Matratzenleinen kreisen. »Na,
Kleines? Setzt du Threepence auf meinen ...?« Er lachte anzüglich.
    Delia packte sein Handgelenk und schob die unverschämte Hand
beiseite. »Warum sollte ich auch nur einen Penny auf den Verlierer setzen!«
erwiderte sie schnippisch. In gewisser Hinsicht gab sie ihm damit eine
wohlmeinende Warnung, denn man wußte, daß Sally Jedrup die Schnäbel ihrer
Kampfhähne mit Knoblauch einrieb, um die Gegner abzuschrecken, und den Tieren
vor dem Kampf Brandy einflößte, damit sie noch hitziger wurden.
    Der Schmied legte unbeeindruckt den Arm um
Delias Hüfte und zog sie an sich. »Ach, Delia, meiner ist trotzdem der Schönste
und Beste!« Er lächelte sie vielsagend an, und als sie die Stirn finster
runzelte, flüsterte er: »Sei doch nicht so grausam, meine Kleine. Was meinst
du, wie wär's mit uns

Weitere Kostenlose Bücher