Penelope Williamson
zweien nach dem Kampf?« Er griff mit der anderen Hand in
die Tasche seiner Lederschürze. »Hier, siehst du das? Ich gebe dir zwei
Silberschillinge ... zwei silberne Schillinge nur, um ein paar Minuten mit dir
allein zu sein ...«
Delia stieß empört beide Hände gegen seine breite Brust. »Laß mich
los, Jake!«
Aber Jake ließ sie nicht los, sondern zog sie noch enger an sich
und drückte einen feuchten Kuß auf den Ansatz ihrer runden Brüste über dem eng
geschnürten Mieder. Für Delia war dieser Übergriff zuviel. Mit einer Hand nahm
sie blitzschnell eines der randvollen Gläser vom Tisch und goß dem Schmied den
Rum über den Kopf.
Jake ließ sie sofort los. Er starrte sie stumm und verblüfft an,
während der klebrige Alkohol über sein schwartiges Gesicht lief. Dann sprang er
laut fluchend auf.
Aber Delia ließ sich nicht einschüchtern. Sie holte aus und schlug
ihm das Tablett gegen die große, dicke Nase. Die Männer auf den Bänken brüllten
vor Lachen. Dem Schmied traten vor Schmerz die Tränen in die Augen. Stöhnend
hielt er sich die Hand vor die Nase.
»Allmächtiger ...«, stieß er hervor und betastete vorsichtig das
riesige knollige Ding, um sich zu vergewissern, daß das Nasenbein nicht
gebrochen war. »Ich hab doch nur einen Spaß gemacht ...«
Delia traute dem Frieden nicht. Sie ging kein Risiko mehr ein und
wich zurück, um zwischen sich und den Schmied einen sicheren Abstand zu
bringen. »Vielleicht wirst du in Zukunft mit deinen Worten und Händen etwas
vorsichtiger sein, Jake Steerborn!«
»Ich hab es doch nicht bös gemeint, Kleine.«
»Ha!«
Als Delia sich verächtlich umdrehte, stand die dicke Sally Jedrup
vor ihr und versperrte ihr den Weg.
»Was zum Teufel soll das bedeuten?« fauchte die Wirtin. »Willst
uns die Polizei auf den Hals hetzen, du Schlampe?«
Delia hob das Tablett über den Kopf und rief: »Laß mich vorbei, du
dreckige alte Vettel, oder ich zieh dir auch eine über. Das kannst du mir
glauben!«
Sally wich dem Tablett in Delias Hand vorsichtshalber aus. »Du
kannst hier verschwinden, Delia, du wirst nämlich nicht mehr bei mir arbeiten.
Und auch in keiner anderen Kneipe hier am Hafen. Dafür werde ich sorgen ...«
Delia lief an der Wirtin vorbei und aus dem Goldenen Löwen hinaus in die späte
Nachmittagssonne. Sally Jedrup schrie hinter ihr her: »Ich hoffe, du verhungerst
zusammen mit deinem versoffenen Vater!«
Delia hatte schon fast Clarks Kai erreicht,
als sie feststellte, daß sie noch immer das Tablett in der Hand hielt. Sie lief
zum Ende des Kais und warf das Tablett mit großem Schwung in das Hafenbecken. Als
es klatschend ins Wasser fiel, lachte sie laut auf. Aber das Lachen verging ihr
schnell, und sie legte beklommen die Hand auf die stechende Brust.
Sie hatte an diesem Tag wirklich alles falsch
gemacht. Zuerst hatte sie ihren Vater geschlagen und konnte in den nächsten
Tagen nicht wagen, nach Hause zu gehen. Und wenn sie zurückging, mußte sie
hoffen, daß er sinnlos betrunken und nicht in der Lage war, seinen Zorn an ihr
auszulassen, oder daß er nüchtern genug sein würde, um sie nicht mehr prügeln
zu wollen.
Und dann die Sache mit Tom. Sie war so töricht
gewesen, davon zu träumen, daß er sie vielleicht eines Tages heiraten würde,
wenn er seine Schulden abgearbeitet hatte und Jake Steerborn ihn freigeben
mußte. Delia wünschte sich nichts sehnlicher als ein eigenes Zuhause über der
Schmiede ihres zukünftigen Mannes. Sie sah bereits alles ganz genau vor sich:
Ihre Kinder würden wie Orgelpfeifen am Küchentisch sitzen, während sie die
heiße, wundervoll duftende Suppe auf dem Herd umrührte. Tom rauchte eine
Pfeife, trank zufrieden sein Bier und beobachtete sie schläfrig bei der Arbeit
...
Delia mußte schlucken und unterdrückte ein
Schluchzen. Wie hatte sie nur so dumm sein können, Toms
Werben und seine honigsüßen Worte für bare Münze zu nehmen? In diesem Augenblick
verstand sie jedoch nicht, was ihre Träume wie Seifenblasen hatte platzen
lassen. War es die Selbstverständlichkeit gewesen, mit der Tom annahm, sie
könne tatsächlich so tief sinken, daß sie ihren Körper für Geld verkaufte, oder
hatte sie den Haß und den Zorn in Toms Augen nicht ertragen können, als sie
glaubte, er werde sie schlagen?
Zum krönenden Abschluß hatte sie auch noch ihre Stelle im Goldenen
Löwen verloren, und das nur, weil der alte Jake ihr einen unanständigen Antrag
gemacht hatte. Delia wußte natürlich, daß Jake im Grunde harmlos
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