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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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heranstürmen, dann muß das
sehr schnell geschehen.«
    Er nahm eine in Papier gewickelte Patrone aus dem Kugelbeutel und
riß mit den Zähnen das Papier auf. Er spannte den Hahn, neigte die Patrone und
schüttete etwas Schießpulver auf die Pfanne. Dann sicherte er den Auslöser. Er
stellte das Gewehr auf die Erde, schüttete das restliche Schießpulver in den
Lauf und schob mit dem Ladestock die Kugel und das zusammengewickelte Papier in
den Gewehrlauf.
    Er stellte sich breitbeinig vor die Zielscheibe, setzte das Gewehr
an die Schulter, löste die Sicherung, spannte den Hammer bis zum Anschlag und
drückte ab. Ein Funken blitzte, stechend schwarzer Rauch kam aus dem Gewehr,
und der Knall des Schusses hallte von den Bäumen wider.
    Ehe Tyl es verhindern konnte, rannte Delia zur Zielscheibe. »Ins
Schwarze getroffen!« jubelte sie. »Du hast ins Schwarze getroffen, Tyl!«
    Tyl wartete stumm, bis sie zurückkam. Dann packte er sie an der
Hand und zog sie an sich. »Wenn du noch einmal in die Schußlinie läufst, Delia,
dann bekommst du es mit mir zu tun.«
    Sie sah ihn verblüfft an, denn sie verstand seinen Zorn nicht.
Aber in diesem Augenblick schien er es wirklich ernst zu meinen, und sie bekam
es mit der Angst zu tun.
    Er ließ sie los und schüttelte stumm den Kopf.
    »Tut mir leid, Tyl«, murmelte sie und rieb
sich den Arm. »Schon gut«, brummte er. »Aber versprich mir, das nicht noch
einmal zu tun.«
    »Darf ich jetzt schießen, Tyl?« Ihre rauhe Stimme klang vor Aufregung
so verführerisch, daß er sich beherrschen mußte.
    »Also gut.« Er reichte ihr das Gewehr. »Wir wollen sehen, ob du
genau aufgepaßt hast.«
    Zu seinem Staunen lud sie das Gewehr mühelos und ohne seine Hilfe.
Aber als sie es an die Schulter drückte, schwankte der Lauf. Er trat hinter sie
und legte ihr die Arme um die Schultern. Mit der linken Hand stützte er ihre
Hand, um das Gewicht des Gewehrs zu balancieren. Die unvermittelte Berührung
der beiden Körper ließ die Luft um sie herum knistern. Sein Herz klopfte so
laut und stark, als wollte es zerspringen. Sie schien plötzlich so zart und
verletzlich in seinen Armen. Geschmeidig drückte sie sich an ihn. Wieder
einmal waren alle seine guten Vorsätze vergessen, und er wollte nichts anderes,
als sie in den Armen halten und küssen ...
    Im gleichen Augenblick wurde ihnen beiden
bewußt, daß Caleb und Elizabeth sie aufmerksam beobachteten. »Was jetzt, Tyl?«
fragte Delia stockend.
    Er holte tief Luft und stellte fest, daß sein Mund trocken geworden
war. »Du mußt den Hahn bis zum Anschlag spannen.« Er führte ihr den Finger.
»So und jetzt zielst du über Kimme und Korn ... dann langsam und ruhig den
Auslöser ...«
    Der Schuß ging los. Sie wurde durch den
Rückschlag an seinen Oberkörper gepreßt und trat ihm vor Schreck gegen das
Schienbein.
    Tyl stieß einen unterdrückten Fluch aus. Er ließ Delia so schnell
los, daß sie rückwärts schwankte und beinahe gefallen wäre. Aber er hielt sie
an der Taille fest.
    Sie drehte den Kopf und fragte strahlend: »Habe ich auch ins
Schwarze getroffen, Tyl?«
    Er lachte unsicher. »Meine Güte, Delia, du hast nicht einmal den Baum getroffen.«
    Sie verzog enttäuscht das Gesicht.
    »Das ist kein Grund, aufzugeben. Wir versuchen es noch einmal.
Aber diesmal mußt du die Augen offenhalten, wenn du abdrückst.«
    Als es ihr beim vierten Versuch gelang, die untere Ecke der Zielscheibe
zu treffen, sagte er, das sei erst einmal genug. Tyl glaubte, ihre Nähe nicht
länger ertragen zu können.
    Deshalb winkte er sichtlich erleichtert Caleb zu sich und fragte:
»Sie sind bereit, Reverend?«
    Caleb wirkte alles andere als glücklich, aber
er nickte tapfer.
    Der junge Pfarrer war sehr viel ungeschickter
als Delia. Es gelang ihm nach mehreren Versuchen schließlich nur, einen Ast des
Baums zu treffen, in dem die Zielscheibe hing. Aber Tyl tröstete sich mit dem Wissen,
daß ein Mann sehr schnell lernte, mit einem Gewehr umzugehen, wenn das Leben
seiner Familie auf dem Spiel stand.
    Die Sonne ging unter, und es wurde zu dunkel zum Schießen. Die
Hookers dachten bedrückt an die Gefahren, die sie in ihrem künftigen Zuhause
erwarteten, und krochen, ohne viele Worte zu machen, schnell unter ihre Decken
vor dem Feuer. Tyl setzte sich auf den Baumstamm und machte sich daran, das
Gewehr zu reinigen und einzufetten. Delia saß mit gekreuzten Beinen neben ihm
auf der Erde und beobachtete ihn mit gerunzelter Stirn.
    Als das Schweigen immer

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