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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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See ... am See.«
    »Sie sind beide zu dem Bach gegangen, an dem wir vorbeigekommen
sind«, erklärte Caleb. »In dem kleinen Tal vor dem Wald. Elizabeth wollte sich
waschen ...«
    »Sie haben die Frauen allein dorthin gehen lassen? Mein
Gott, Sie Schwachkopf! Was haben Sie sich dabei gedacht?«
    Caleb wurde blaß. »Ich dachte, es sei ungefährlich ...«, stammelte
er verwirrt, aber Tyl lief bereits den Weg zurück.
    Als er das kleine Tal erreichte, ging er langsamer und näherte
sich lautlos dem See. Zuerst hörte er Stimmen – Delias unverkennbares Lachen
und dann eine tiefe Männerstimme. Tyl ging hinter einem Baumstamm in Deckung
und blickte auf den See.
    Delia und ein alter Indianer standen mitten im Wasser. Sie hatte
sich vorgebeugt, ihr nasser Rock klebte an den wohlgeformten Beinen, und ein
Arm verschwand bis zum Ellbogen im Wasser. Plötzlich richtete sie sich auf und
hielt einen zappelnden Fisch hoch über den Kopf. »Ich hab ihn!« rief sie. »Ich
hab ihn!«
    Tyl dachte voll Stolz: Sie ist wirklich unglaublich. Wer hätte das
gedacht? Die kleine Wildkatze steckt voller Überraschungen.
    Eigentlich war es nicht Stolz, was er empfand. Tyl kannte das
Gefühl nicht, das ihn bei ihrem Anblick überkam, und deshalb hatte er keinen
Namen dafür. Aber jedesmal, wenn er sie sah, fühlte er sich seltsam froh und
glücklich. Gewiß, jetzt war er stolz auf sie, aber das war nicht alles.
    Langsam trat er hinter dem Baum hervor. Der alte Indianer sah ihn
zuerst, und sein Lachen erstarb. Delia drehte sich um. Als sie Tyl am Ufer sah,
rief sie strahlend: »Hier, siehst du das, Tyl? Ich habe etwas zum
Abendessen gefangen!«

6
    Die Streifenhörnchen hüpften possierlich um Delia herum. Tyl
beobachtete verdrießlich, wie sie ihnen die Reste des Maisbrots fütterte.
Sonnenstrahlen tanzten auf ihren schwarzen Haaren, und die goldbraunen Augen
strahlten. Sie hatte die Lippen halb geöffnet, und wenn sie fröhlich lachte,
hoben sich die Rundungen unter ihrem Mieder.
    Noch nie hatte Tyl erlebt, daß jemand soviel Freude am Leben hatte
wie Delia. Seltsamerweise war ihre Heiterkeit ansteckend, denn er stellte zu
seiner Verwunderung fest, daß er in den letzten beiden Tagen in ihrer Nähe
immer wieder lachte. Ja, er mußte sich sogar eingestehen, daß ihm inzwischen
etwas fehlte, wenn sie nicht in der Nähe war.
    Kopfschüttelnd entkorkte Tyl die kleine Brandyflasche und trank
einen Schluck. Leider war die Kleine auch sehr hübsch und hatte einen so
sinnlichen Körper, daß ein Mann unwillkürlich nur an das eine dachte. Und
leider war sie nichts als ein leichtes Mädchen aus einer billigen Hafenkneipe,
die kaum etwas anderes gelernt hatte, als Männer zu verführen.
    Sie hat dir den Kopf verdreht, Tyler Savitch. Das läßt sich nicht
leugnen ...
    Er sah sie finster an. »Gib es auf, Delia. Sie fressen dir nicht
aus der Hand. Warum machst du dir überhaupt diese Mühe?«
    Sie warf den Hörnchen die letzten Krumen zu, wischte sich die
Hände am Rock ab und lächelte ihn so strahlend an, daß es ihm den Atem
verschlug.
    »Hast du etwas gesagt, Tyl?«
    Er starrte sie an und brachte kein Wort
hervor.
    »Nein, nichts ...«, brummte er schließlich, nahm noch einen
Schluck und dachte: Wie soll ich das bis Merrymeeting aushalten?
    Sie hatten zwei Baumstämme vor das Lagerfeuer gerollt. Tyl und
Delia saßen auf dem einen, die Hookers auf dem anderen. Elizabeth hatte die
Bibel aufgeschlagen, und sie lasen beide darin.
    Zum Abendessen hatte es Fladenbrot aus Maismehl gegeben und Delias
Forellen. Aber da sie das Lager so früh aufgeschlagen hatten, blieb noch etwa
eine Stunde bis zum Sonnenuntergang.
    Tyl beobachtete mit zusammengekniffenen Augen, wie die Hookers
andächtig in der Bibel lasen. Plötzlich schob er mit einem Stock ein Stück Holzkohle aus dem Feuer und ließ es abkühlen. Dann zog
er ein Stück braunes Papier aus dem Proviantsack und malte darauf drei
konzentrische Kreise.
    Delia beugte sich neugierig vor. »Was soll das werden?« fragte
sie. Er war sich ihrer Nähe überaus deutlich bewußt. »Was schon?« knurrte er
bissig.
    Wenn sie nicht sofort ihre Brust von meiner Schulter nimmt, werde
ich sie in den Wald schleppen, und dann kann sie etwas erleben, das sie sich
in ihren kühnsten Träumen nicht vorgestellt hat ...
    »Das wird eine Zielscheibe.«
    Delia richtete sich auf. Tyl stieß
erleichtert die Luft aus.
    »Eine Zielscheibe? Willst du mit dem Gewehr
üben?«
    »Nein, du!«
    Sie legte die Hand auf ihr Herz und sah ihn

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