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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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sie zwischen zusammengepreßten Lippen hervor.
    Er warf ihr das Kleiderbündel zu. »Bedankst du
dich nicht bei mir? Du könntest die Sachen anziehen und mir zeigen, ob sie passen
...«
    »Hinaus!«
    »Also, ich muß schon sagen, für so ein mageres dünnes Ding hast du
wirklich schöne runde ...«
    »HINAUS!«
    Sie griff nach dem Bündel, hob es über den
Kopf und zielte auf ihn.
    Lachend hielt sich Tyl die Hände vor das Gesicht und lief aus dem
Stall. Delia atmete heftig. Ihre Haut kribbelte, wo seine Augen sie liebkost
hatten. Sie war erleichtert, daß er gegangen war, aber auch irgendwie
enttäuscht – und sie hatte Angst.
    Wenn er versucht hätte, sie in diesem
Augenblick in die Arme zu nehmen, hätte sie es es nicht über sich gebracht, ihn
zurückzustoßen.
    Verwirrt mußte sie sich wieder einmal
gestehen, daß sie sich nichts sehnlicher wünschte, als von Tyl in die Arme
genommen zu werden ...
    Plötzlich wurde ihr bewußt, daß sie noch immer
das Kleiderbündel in der Hand hielt. Sie löste die Schnur und sah einen
schweren Wollrock und ein blaugestreiftes kurzes Leinenkleid. Zu dem Kleid gehörte
eine passende Haube mit einer breiten Krempe. Außerdem gab es ein Paar braune
Wollstrümpfe und ein Unterhemd aus weichem hellen Leinen. Schließlich
entdeckte sie zu ihrem größten Staunen sogar ein Paar Kalbslederschuhe mit
Zinnschnallen und roten Absätzen.
    Als sie die Schuhe in den Händen hielt,
traten ihr die Tränen in die Augen. Vorsichtig glitten ihre Finger über das
weiche Leder. So etwas Schönes hatte sie noch nie besessen. Es waren bestimmt
Schuhe für eine richtige Dame, denn sie wurden nicht geschnürt, sondern hatten
elegante Schnallen und halbhohe Absätze. Mit angehaltenem Atem probierte sie
einen an. Was sollte sie tun, wenn er nicht paßte? Gott sei Dank war er nur
etwas zu groß.
    Schnell wusch sie sich mit dem kleinen Stück Seife, das ihr Elizabeth
gegeben hatte. Die Seife duftete angenehm nach Lorbeer. Sie rieb damit ihre
Haut, bis sie rot wurde. Dann schüttete sie das restliche Wasser über die
Haare und trocknete sie schnell ab. Sie wollte von Kopf bis Fuß sauber sein,
bevor sie die neuen Sachen anzog.
    Die Kleider saßen wie angegossen, als seien sie für Delia gemacht
worden. Nur das Mieder lag etwas zu eng um ihre Brüste. Sie strich glücklich
über das kurze Leinenkleid und dann über den Rock, den sie darunter trug. Zum
Schluß zog sie ehrfürchtig die neuen Schuhe an. Dann ging sie stolz und
glücklich im Stall hin und her und kam sich so anmutig wie eine Prinzessin vor.
    Plötzlich fing sie an zu lachen und drehte sich übermütig im
Kreis. Was hätte sie in diesem Augenblick für einen Spiegel gegeben, um zu
sehen, wie sie aussah.
    Dann blieb sie stehen und schloß die Augen.
Am liebsten hätte sie vor Freude geweint. Noch nie hatte ihr jemand so schöne
Kleider geschenkt – und vor allem diese wunderbaren Schuhe! Das mußte doch
bedeuten, daß Tyl etwas mehr für sie empfand. Welcher Mann schenkte einem
Mädchen so persönliche Dinge wie ein Paar Schuhe, wenn er sie nur verführen
wollte?
    Mit klopfendem Herzen dachte sie: Sein Geschenk ist der Beweis
dafür, daß er mich doch liebt!

7
    Es regnete
leicht, als Tyl am nächsten Nachmittag an der Koppel stand und kritisch eine
kleine rotbraune Stute musterte, die frisches Heu fraß. Als sich eine Fliege
auf ihrem Fell niederließ, schlug sie wiehernd aus.
    »Also, ich weiß nicht«, sagte er. »Sie erscheint mir etwas zu temperamentvoll.
Ich suche eigentlich ein sanftes Tier.« In Gedanken fügte er hinzu: Als
Gegengewicht für die wilde Delia, die sie reiten soll ...
    Der Besitzer der Stute brauchte jedoch dringend das Geld und
beteuerte schnell: »Keine Angst, sie ist sanft wie eine Kuh.«
    Tyl brummte. »Ich brauche außerdem Zaumzeug
und einen Sattel.«
    »Ich würde Sie Ihnen gezäumt und gesattelt für zwei Pfund
übergeben.«
    Tyl schlug mit der Hand auf den Zaun. »Ich muß darüber nachdenken.«
Er drehte sich um und ging in Richtung Hafen.
    »Ein Pfund zehn!« rief der Mann ihm nach,
aber Tyl ging ungerührt weiter. Die Stute würde auch später noch zum Verkauf
stehen.
    Portsmouth war eine geschäftige Hafenstadt mit Sägemühlen und
Werften an der Mündung des Piscataqua. Die Stadt war reich, an den Kais lagen
viele Schiffe. Er mußte sich seinen Weg zwischen Faßdauben und Reifen suchen,
die verschifft und an ihrem Bestimmungsort zu Fässern zusammengefügt werden
würden. Außerdem gab es stapelweise Bretter

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