Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
aus.
Der Sportdirektor wie auch der Klubpräsident Sandro Rosell ließen das Thema im Lauf der folgenden Monate – bis zum 25. April 2012, an dem Pep seine endgültige Entscheidung bekannt gab – selbst bei privaten Abendessen immer wieder geschickt einfließen.
»Wie läuft es denn zurzeit so?«, fragte Rosell ihn bei einer Veranstaltung im Februar in Gegenwart bekannter katalanischer Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft. Das war vielleicht nicht der beste Augenblick, um das Thema anzusprechen.
»Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, Herr Präsident«, lautete Peps unverblümte Antwort. Er war stets auf der Hut.
Rosell hatte die Präsidentenwahl im Juni 2010 gewonnen, nachdem Joan Laportas letzte Amtszeit, nach der dieser nicht mehr antreten konnte, abgelaufen war. Pep hatte bereits Monate zuvor für ein weiteres Jahr zugesagt, wollte aber, dass der neue starke Mann die Details seines Vertrags bestätigte. Der Vertrag war bis zwei Wochen nach Rosells Wahl weder unterschrieben noch gutgeheißen, verhandelt oder auch nur besprochen worden. Unterdessen war der in der vorhergehenden Saison für 25 Millionen Euro verpflichtete Ukrainer Dmytro Tschyhrynskyj für 15 Millionen Euro an Schachtar Donezk, den Klub, von dem er gekommen war, zurückverkauft worden. Guardiola missfiel das. Er wollte nicht, dass der Innenverteidiger den Klub verließ, erhielt aber die Auskunft, man müsse Gehälter zahlen und sei knapp bei Kasse – ein geschickter Hinweis darauf, dass Laporta den Klub in einer schlechten finanziellen Lage hinterlassen hatte.
Die Reaktion folgte prompt. Johan Cruyff, Peps Mentor, gab die Ehrenpräsidenten-Medaille zurück, die ihm Laporta verliehen hatte, eine äußerst öffentlichkeitswirksame Geste, die einer offiziellen Kriegserklärung zwischen den beiden Präsidenten gleichkam, Fehdehandschuh inklusive. Und Guardiola würde in diesem Konflikt mittendrin sein.
Das war eindeutig nicht der Beginn einer Freundschaft auf Gegenseitigkeit.
Das Leben auf Vorstandsebene war seit Rosells Amtseinführung die Hölle gewesen: In einem landesweit zu hörenden Radiosender wurden falsche Dopingbeschuldigungen gegen Barcelona erhoben; das Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid und seine Begleiterscheinungen; die Zukunft des Cheftrainers. Aber der neue Präsident übte sich, anders als der redselige Laporta, vorzugsweise in Zurückhaltung, und ein Grund dafür war, dass er sich fehl am Platz fühlte. Rosell hatte das Gefühl, in einem Klub, der die Person Guardiola – ob nun von ihm selbst gewollt oder nicht – zum Idol erhoben hatte, seien ihm die Hände gebunden. Also müsse er in vielen Fragen, in denen er widersprochen hätte, wenn ihm mehr Autorität zugekommen wäre, der Linie der Trainers folgen: die Vielzahl von Assistenten, die damit verbundenen Kosten und, vor allem, die Verpflichtung von Cesc Fàbregas.
Als Rosell, der wenig Neigung zeigte, die Fehde mit seinem Intimfeind zu beenden, eine Zivilklage gegen Laporta wegen angeblicher finanzieller Misswirtschaft im Klub einreichte, die zur Einfrierung von dessen Besitz und Vermögen hätte führen können, traf sich Pep mit dem Expräsidenten zum Abendessen. Er musste mit ansehen, wie sein Freund, der Mann, der ihm den ersten Trainerjob gegeben hatte, öffentlich weinte. Er stand kurz davor, alles zu verlieren, und sein Privatleben lag in Trümmern. Guardiola erklärte wenige Tage später bei einer Pressekonferenz, dass ihm Laporta leidtue. Das war, so ließen sich Rosells Gefolgsleute vernehmen, eine »unangenehme Überraschung«.
Die Situation wurde entschärft, die Zivilklage zurückgezogen, aber im Camp Nou gerät nichts in Vergessenheit!
Es ist also kein Wunder, dass Guardiola gegenüber Rosell niemals ein solches Verhältnis gegenseitiger Wertschätzung erreichte, wie dies in Bezug auf Laporta der Fall war. Aber ein Präsident muss den Trainer nicht lieben. Als der FC Barcelona den Titel eines Welt-Teams des Jahres verliehen bekommen hatte, wurde Rosell in London gefragt: »Was wäre, wenn Pep zum Saisonende wegginge?« Der Präsident antwortete: »Es gab ein Klubleben vor ihm, und das wird auch nach ihm so sein.«
Nein, der Präsident muss den Trainer nicht lieben, aber es hätte dem Klub genützt, wenn es nicht so offensichtlich gewesen wäre, dass die beiden Männer gänzlich verschiedene Wellenlängen hatten.
»Mach eine Liste der Dinge, die du in der nächsten Saison gerne tun würdest. Es hilft beim Nachdenken, wenn
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