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Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)

Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)

Titel: Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillem Balagué
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einen Klub und eine Nation auf seinen Schultern tragen, aber er hat sehr empfindliche Antennen für die Reaktionsweisen des Teams und die Enttäuschung der Fans, wenn deren Erwartungen nicht erfüllt werden. Oder seine eigenen.
    Einmal vertraute er einem guten Freund an: »Ich kann mir die erstaunlichste Lösung für ein Problem ausdenken, und dann kommen die Spieler manchmal während des Spiels auf etwas Besseres, an das ich gar nicht gedacht hatte. Das ist für mich dann wie eine kleine Niederlage, es bedeutet, dass ich diese Lösung früher hätte finden sollen.«
    Der Klub, der Sportdirektor und der Trainer versuchen, das Element der Überraschung, der Unvorhersagbarkeit in einem Spiel, durch Training und die Analyse des Gegners zu verringern. Der Trainer will sich vor dem Spiel Klarheit über die richtige Vorgehensweise verschaffen, aber letztlich liegt es doch an den einzelnen Spielern, sie kann nicht angeordnet werden, und, was noch wichtiger ist, es gibt auf dem Spielfeld unendlich viele Möglichkeiten. Wie kann man Iniestas Tor 2009 an der Stamford Bridge sonst erklären, zu einem Zeitpunkt, als Barcelona das Spiel bereits verloren zu haben schien? Für Pep liegt darin das Wunder des Fußballs. Und zugleich das Frustrierende: der Versuch, etwas so Unvorhersagbares vorhersagbar zu machen. Dabei spielt es keine Rolle, wie hart er arbeitet, er steht auf verlorenem Posten.
    »Guardiola liebt den Fußball«, schrieb der Filmregisseur David Trueba, mit dem er befreundet ist. »Und er gewinnt gern, denn darum geht es bei diesem Spiel – aber vor allem will er das durch die richtige Vorgehensweise erreichen. Er schlägt ein System vor und bittet dabei nur um Vertrauen, darum, dass man treu zu ihm steht. Wenn er Spieler sieht, die nur halbherzig bei der Sache sind, teilnahmslos und voller Zweifel, und sei es nur nach einer unbedeutenden Trainingseinheit, ist er traurig, demoralisiert, bereit, alles aufzugeben.«
    »Niemand sollte sich davon irritieren lassen«, fährt Trueba fort. »Er ist ein besessener Profi, der auf Details achtet, weil er weiß, dass Details spielentscheidend sein können. Er verehrt den Klub, für den er arbeitet, und hat die Regel verkündet, nicht mehr sein zu wollen als nur ein Teil des Ganzen, für sein Geld zu arbeiten und nie auch nur um einen Kaffee zu bitten, ohne etwas dafür zu geben. Er will nicht als ein Mensch gesehen werden, der indoktriniert, als Guru oder als Leitfigur. Er will nur als Trainer anerkannt werden, als guter Trainer. Alle anderen Dinge, die guten wie die schlechten, sind Lasten, die ihm von einer Gesellschaft auferlegt werden, die Rollenvorbilder braucht. Vielleicht haben die Menschen genug von Betrügern, von Profiteuren, Gaunern, Menschen, die für egoistische Werte, Opportunismus und Eigennutz eintreten, auf der privilegierten Bühne des Fernsehens oder der Medien, des Wirtschaftslebens oder der Politik. Er gehört zu dieser Gesellschaft. Aber er würdigt sie auf eine sehr einfache Art, indem er versucht, seine Arbeit gut zu machen, dem gesunden Menschenverstand an seinem Ort in der öffentlichen Wahrnehmung zu seinem Recht zu verhelfen, und das mit der gleichen ruhigen Würde, mit der ein guter Maurer seine Arbeit tut, ohne dass ihm jemand zusieht oder applaudiert.«
    »Die Arbeit eines Trainers ist nie zu Ende«, war von Pep oft zu hören. Aber eines Morgens, nach einem jener Abende, die Pep (»ein Fußballverrückter«, enfermo de fútbol, wie ihn einer seiner Starspieler einmal liebevoll titulierte) auf dem Vereinsgelände verbrachte, mit der Betrachtung von Videos, die von seinen Kollegen bereits gründlich zerlegt und analysiert worden waren, machte er beim Gang über den Trainingplatz auf seine Mitarbeiter einen angeschlagenen Eindruck. Der begeisterte Pep, den sie noch am Vortag erlebt hatten, war einem stillen Pep gewichen, dessen Worte und eingefallene Augen nicht zusammenpassten. »Was ist los?«, fragte ihn einer seiner Kollegen. »Gestern hätte ich meiner Tochter bei einer Ballettvorführung zusehen sollen und konnte das nicht.« »Warum nicht?«, fragte der überraschte Freund. »Weil ich mir Videos von unserem Gegner anschaute.«
    »Ich denke jeden Tag daran, dass ich morgen aufhöre«, sagte Guardiola nach zweijähriger Amtszeit in aller Öffentlichkeit. »Wenn man für etwas Verantwortung trägt, muss man immer im Kopf behalten, dass man aufhören kann. Ich arbeite besser mit dem Gedanken, dass ich frei über meine Zukunft entscheiden kann.

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