Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
berücksichtigten älteren Spieler negativ aus.
José Mourinho beobachtete das alles von Madrid aus mit einem gequälten Lächeln. Die Wirkung Mourinhos und seiner destabilisierenden Strategie ist nicht von der Hand zu weisen, auch wenn Pep das immer bestreiten wird. Fragte man Pep am Vorabend seiner bisher letzten Begegnung mit Real nach seinen Erinnerungen an die vorhergehenden Clásicos, senkte er seine Stimme: »Ich habe keine angenehmen Erinnerungen, weder an die Siege noch an die Niederlagen. Es gibt immer Gründe, die nichts mit dem Spiel zu tun haben und mir viele Dinge unverständlich erscheinen ließen.« Wirklich? Er konnte sich nicht einmal an die 2:6-Schlappe von Real im Barnabéu-Stadion 2009 erinnern? An das 5:0 für Bar Ç a bei Mourinhos erstem Clásico 2010, das viele als die beste Leistung der Fußballgeschichte bezeichneten? Damals gab es enormen Druck, nicht nur von Mourinho, sondern auch von der Madrider Sportpresse, die nicht davor zurückschreckte, Pep zu beleidigen und zu unterstellen, Barcelonas Leistungen würden durch Doping gesteigert. Für eine empfindsame Seele wie Pep reichte das aus, um selbst die besten Erinnerungen auszulöschen.
Als sich die Saison dem Ende näherte, stand die Entscheidung über seine Zukunft unverrückbar fest – Pep würde den Klub verlassen, der dank seiner sportlichen Leitung zu den weltweit am meisten bewunderten Vereinen zählte. Er musste nur noch die richtige Art finden, dies dem Klub mitzuteilen. Und den Spielern. Und den Fans. Aber wie? Mit einem Titelerfolg in der Champions League würde alles leichter.
Als er die Details für seinen Abschied festlegte, beschloss er, diese Entscheidung niemandem mitzuteilen, nicht einmal seinen Eltern.
2 Die Entscheidung
Der deutlichste Hinweis, den Guardiola noch vor der offiziellen Erklärung zu seiner Zukunft gab, fiel versehentlich in einem Gespräch mit einem italienischen Journalisten, in seinem dritten Trainerjahr mit der ersten Mannschaft, und zwar in einem Interview, das für eine DVD zur Geschichte der Stadt Brescia verwendet werden sollte. Aber Pep, der normalerweise keine offiziellen Einzelinterviews gibt und in diesem Fall eine Ausnahme machte, wurde hintergangen, seine Zitate wurden ans italienische Fernsehen weitergegeben. Es ging hierbei weniger um eine Einschätzung seiner eigenen Situation als vielmehr um die Beschreibung einer historischen Konstante, die sich nicht nur auf Barcelona, sondern auf die Mehrheit der großen Klubs beziehen ließ. »Um sich in einer großen Institution vier Jahre lang halten zu können«, sagte Guardiola, »braucht man sehr viel Mut. Die Spieler bekommen einen satt, und man selbst bekommt die Spieler satt; die Presse hat einen satt, und man selbst hat die Presse satt, immer dieselben Gesichter, dieselben Fragen, dieselben Themen. Schließlich muss man wissen, wann die Zeit gekommen ist, so wie ich das in meiner aktiven Zeit als Spieler verstanden und gesagt habe: ›Hört mal, es ist Zeit für mich zu gehen.‹«
Pep hatte jetzt das Gefühl, dass es auch für ihn als Trainer an der Zeit war zu gehen.
Unmittelbar nachdem Chelsea sich durch ein 2:2 in Barcelona für das Finale der Champions League qualifiziert hatte (und das fast eine Stunde lang mit zehn Mann spielend; Endstand in der Addition von Hin- und Rückspiel: 3:2 für Chelsea), sprach Guardiola im Camp Nou mit dem Klubpräsidenten Sandro Rosell. »Kommen Sie morgen früh zu mir nach Hause, Herr Präsident«, sagte der Coach.
Pep sprach auch mit seinem Assistenten Vilanova und verriet ihm – wie dieser bereits vermutet hatte –, dass er nicht weitermachen werde. Guardiola überraschte seine rechte Hand außerdem mit einer Vorhersage: »Ich glaube, sie werden vorschlagen, dass du übernimmst.« »Und ich werde dich unterstützen, ganz gleich, wie du dich entscheidest.« Vilanova wusste nicht, dass sein Name bereits im vergangenen November in einem Gespräch zwischen Zubizarreta und Guardiola zum ersten Mal genannt worden war. »Glaubst du, dass Tito dich ersetzen kann, wenn du weggehst?«, fragte der Sportdirektor. »Ganz sicher«, lautete Peps Antwort, obwohl er zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung hatte, ob sein Freund den Job übernehmen würde – oder ob Zubizarreta es ernst meinte.
Pep Guardiola empfing am nächsten Morgen um 9 Uhr bei sich zu Hause Sandro Rosell, Andoni Zubizarreta, Tito Vilanova und den Vizepräsidenten Josep Maria Bartomeu. Bei diesem Treffen eröffnete er der Klubführung, dass er
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