Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
zu sich selbst. Als er vom Platz ging, sah er Pep für die Umarmung auf sich zukommen und hatte eine defätistische Anwandlung. »Verdammt noch mal, es ist so schwierig zu treffen, der Ball ging einfach nicht rein, das dritte Tor hat lange gedauert«, machte er seiner Enttäuschung hörbar Luft.
»Verdammt noch mal …«, wiederholte Pep, halb im Scherz. Und während er das sagte, schubste er den Spieler weg und schnauzte ihn an: »Was meinst du damit, er ging nicht rein? Sorg dafür, dass er reingeht! Du hättest treffen müssen!«
Pep arbeitete auch mit Zuckerbrot und Peitsche, wenn Cesc das brauchte. Fàbregas ist der Spielertyp, der auf so etwas reagiert. Der Coach tat das auch nach einem Spiel gegen den AC Mailand, bei dem der Mittelfeldmann gar nicht zum Zug kam. Beim nächsten Training ging Pep zu ihm hin und sagte: »Beim nächsten Spiel bist du auf deiner Position dabei. Ich möchte dich gut spielen sehen, okay?« Wenn Pep gegenüber Fàbregas von »deiner Position« spricht, meint er damit die Rolle mit den umfassenden Freiheiten, die dieser bei Arsenal genoss.
Guardiola ließ, wenn Cesc dabei war, oft ein 3-4-3-System spielen, das nicht vollständig überzeugte, aber der Trainer verteidigte Johan Cruyffs Maximen – zeige, was du hast; setze immer deine besten Spieler ein. Wenn er vier Mittelfeldspieler bringen und dafür die Abwehr verkleinern musste, dann musste das eben sein. Wenn dieses System funktioniert, ist Cesc dabei ein wichtiger Spieler, weil er aus der Tiefe kommend Tore schießt, und das nahm Messi einen Teil der Torjägerverantwortung ab. Der Argentinier genoss mittlerweile im Angriff völlige Bewegungsfreiheit und war deshalb für die Innenverteidigung und die gesamte gegnerische Abwehr schwerer zu bewachen.
Aber das funktionierte nicht immer.
Es war zu viel Lernstoff für eine Saison, eine Informationsüberlastung, während Fàbregas zugleich noch seinen Platz im Klub und in der Mannschaft suchte, was ihn letztlich frustrierte. Sein Spiel litt im Lauf der Saison immer mehr darunter. »Bei Arsenal musste ich sehr viel Verantwortung übernehmen. In Barcelona muss ich mehr taktische Anweisungen beachten«, räumt Cesc ein. »Und manchmal fand ich mich nicht zurecht.«
Schließlich fehlten nicht nur seine regelmäßigen Torerfolge, auch er selbst wurde bei einigen wichtigen Spielen nicht mehr eingesetzt (zum Beispiel gegen Real Madrid im April). Das schmälerte aber seine Bewunderung für Pep nicht. Dies ging so weit, dass klubintern schließlich gemutmaßt wurde, Peps Abschied könnte eine potenzielle Befreiung für Cesc sein, weil er sich darauf vorbereitet, letztlich Xavi als Spielgestalter und Dreh- und Angelpunkt des Teams zu ersetzen.
Im Rückblick muss es für den ehemaligen Arsenal-Star eine schwierige Situation gewesen sein, als er erfuhr, dass Guardiola nur zwei Monate nach Fàbregas’ Rückkehr nach Barcelona im August dem Präsidenten und dem Sportdirektor Zubizarreta gesagt hatte, dass er den Klub verlassen werde.
Die Umarmung, die Cesc Pep in der Camp-Nou-Umkleidekabine nach dem Ausscheiden gegen Chelsea in der Champions League im April 2012 zuteil werden ließ, war eine der längsten. Fàbregas war emotional. Er konnte es nicht aussprechen, wollte aber, dass Pep weitermachte, und hoffte, diese Umarmung würde für ihn sprechen.
Als Pep jedoch drei Tage später in der Kabine seinen Abschied ankündigte, empfand Fàbregas einen Nachhall der Erfahrungen, die er selbst erst im Vorjahr bei Arsenal gemacht hatte.
Nach dem Schlusspfiff des Pokalfinales, bei dem sie im letzten Pflichtspiel der Ära Guardiola Athletic Bilbao besiegt hatten, gab es eine weitere Umarmung. Aber zu diesem Zeitpunkt war das nur noch eine resignative Abschiedsgeste.
6 Pep Guardiola und José Mourinho
14. Mai 1997. Feijenoord-Stadion, Rotterdam. Endspiel im Europapokal der Pokalsieger, FC Barcelona gegen Paris Saint-Germain. Zur einen Mannschaft gehören Ronaldo, Luís Figo, Luis Enrique und Pep Guardiola, trainiert von Bobby Robson; auf der anderen Seite steht ein im Niedergang begriffenes französisches Team, geschwächt durch den Weggang von Djorkaeff, Ginola und Weah, aber immer noch mit dem legendären Rai und dessen brasilianischem Landsmann Leonardo, einem künftigen Star des AC Mailand.
Dieses Spiel war eine enge Angelegenheit. Beide Teams hatten gute Phasen und zahlreiche Chancen. Ein einziges Tor führte die Entscheidung herbei. Es fiel in den letzten Minuten der ersten Halbzeit durch
Weitere Kostenlose Bücher