Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
sagt der Journalist Ramón Besa. »Er ist eher Trainer als Anführer und interessiert sich eher für die Ausbildung als für den Wettkampf. Wenn er nach dem Ende von Joan Laportas Amtszeit im Klub eine andere Rolle einzunehmen schien, so lag das daran, dass es dort an einer moralischen Hierarchie und an Autorität mangelte, und solange das so war, scheute er nicht vor der Verantwortung zurück.« Aber ein Held braucht in dem für die öffentliche Wahrnehmung kreierten Dualismus, der den Fußball spektakulärer machen soll, einen Erzfeind, um das Bild abzurunden. Und sie – die Medien und auch die Fans – fanden die perfekte Verkörperung dafür: einen mächtigen Gegner, der eine gemeinsame Geschichte mit Pep vorzuweisen hatte, aber schließlich zu einem beeindruckenden Gegenspieler geworden war, der – bei oberflächlicher Analyse – für andere Werte stand als Guardiola, der punktete, indem er eine Persönlichkeit zur Schau stellte, die wie der direkte Gegenentwurf zum katalanischen Trainer wirkte, und der von Barcelonas Erzrivalen unter Vertrag genommen worden war, um Bar Ç as Dominanz ein möglichst schnelles Ende zu bereiten. In José Mourinho hatte Pep wie in einem Comic seine perfekte Nemesis gefunden.
Die Rollen sind bei diesem Drama klar verteilt: Der Gute gegen den Bösen, der Respektvolle gegen den Konfliktstrategen. Sie sind Widersacher und übernehmen ihre Rolle als Gegenposition zum Rivalen, was ihnen hilft, die Person zu definieren, für deren Darstellung sie sich entschieden haben. Mourinho suchte eindeutig die direkte persönliche Konfrontation und fühlte sich bei einer fortdauernden Auseinandersetzung wohler, die seiner Ansicht nach notwendig war, um ein Team und einen Klub, die Fußballgeschichte schrieben, aus der Ruhe zu bringen. Pep mochte diese Scharmützel an der Seitenlinie nie, auch wenn er sich bei einem denkwürdigen Anlass dafür entschied, seinem Feind gegenüberzutreten. Aber gegen Ende seiner vier Jahre in Barcelona räumte Pep im Gespräch mit einem seiner engsten Freunde ein, dass »Mourinho den Krieg gewonnen hat«, einen Konflikt, in den er nicht hineingezogen werden wollte und der für ihn letztlich die Erinnerung an die großartigen fußballerischen Augenblicke, die sich mit beiden Mannschaften verbanden, beschädigte.
Der überraschendste Teil dieser Fußballoperette ist jedoch, dass bei genauerem Hinsehen – wenn man etwas an der Oberfläche kratzt – nicht nur die Dinge zum Vorschein kommen, die Pep und Mourinho, die vermeintlichen Widersacher, trennen, sondern genauso viele Dinge, die die beiden verbinden.
Als Bobby Robson 1996 nach Barcelona kam, um seinen Vertrag zu unterschreiben, begrüßte ihn der 33-jährige José Mourinho am Flughafen, half ihm mit dem Gepäck und fuhr ihn zum Camp Nou. Mourinho war ein treuer Helfer des Mannes, für den er in seinem neuen Klub dolmetschen und dem er bei der Eingewöhnung helfen sollte, so wie er das zuvor auch bei Sporting Lissabon und beim FC Porto getan hatte. Mourinho, der fließend Spanisch und Katalanisch spricht, war von Anfang an bei allen Besprechungen mit Barcelonas Präsident Josep Lluis Núñez oder mit dem Vizepräsidenten Joan Gaspart dabei. Er unterstützte seinen Chef beim Übersetzen wie auch beim Verständnis des Kontextes, denn er war zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als ein bloßer »Dolmetscher« – dieser von einigen Leuten verwendete Spitzname ging noch auf die gemeinsame Zeit in Porto zurück, wo Mourinho ebenfalls bei der Gestaltung des Trainings mitgewirkt hatte. Die Spieler wollten zunächst keine Anweisungen von einem jungen Mann entgegennehmen, der keine eigene praktische Erfahrung als Spitzenfußballer vorzuweisen hatte, aber schließlich erkannten sie, dass Mourinho den Fußball so klar analysieren konnte wie jeder andere Fachmann auch.
Robson, der nie richtig Spanisch oder Katalanisch lernte, brauchte in Barcelona Mourinhos Hilfe bei der Eingewöhnung für sich selbst und seine Frau Elsie. Auch Mourinhos Partnerin Matilde stand immer zur Unterstützung bereit, und baten die Robsons zum Abendessen, waren die Mourinhos unweigerlich dabei. Der Trainer verschaffte seinem Untergebenen nach und nach mehr Einfluss bei der täglichen Arbeit mit der Mannschaft. Selbst José Ramón Alexanko, der vom Klub gestellte Assistent, musste seine Autorität und seinen Anteil an der Trainingsgestaltung mit dem jungen Portugiesen teilen. Nach der Erinnerung einiger Spieler, die Englisch sprachen, fielen Mourinhos
Weitere Kostenlose Bücher