Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Fanbasis ausging, die vergaß, dass er nur ein Fußballtrainer war. Zum anderen auch mit seinem eigenen Verhalten, denn er war schließlich unfähig, Entscheidungen zu treffen, die ihn und seine Spieler verletzen würden. Der emotionale Verschleiß wurde am Ende zu groß, war in der Tat nicht mehr zu verkraften. Das ging bis zu dem Punkt, an dem Pep der Überzeugung war, dass er einem Teil seines Ichs Erholung nur dann verschaffen kann, wenn er all das hinter sich lässt, an dessen Aufbau er mitgewirkt hatte.
Es stellte sich heraus, dass Pep nicht wie Sie ist, Sir Alex, sosehr er Ihren Rat auch beherzigen wollte. Sie vergleichen Fußball manchmal mit einem eigenartigen Typ von Gefängnis, dem besonders Sie selbst nicht entkommen wollen. Arsène Wenger teilt Ihre Ansicht und kann Guardiolas Entscheidung, ein zu Ruhm und Erfolg gekommenes Team aufzugeben, in dem ihm der beste Spieler der Welt zur Verfügung steht, ein Team, das allgemein verehrt und bewundert wird, weder nachvollziehen noch verstehen.
An dem Morgen, an dem Pep seinen Abschied von Barcelona bekanntgab, drei Tage nachdem Chelsea die Fußballwelt schockiert und den Titelverteidiger der Champions League im Halbfinale ausgeschaltet hatte, sagte Wenger vor Journalisten: »Die Philosophie von Barcelona muss mehr umfassen als einen Titelgewinn oder Titelverlust. Nach dem Ausscheiden aus der Champions League ist das vielleicht nicht der richtige Augenblick für eine solche Entscheidung. Ich hätte es gerne gesehen, wenn Guardiola – auch nach einem enttäuschenden Jahr – geblieben und zurückgekommen wäre und an seiner Philosophie festgehalten hätte. Das wäre interessant.«
Guardiolas Denkprozess verläuft oft unruhig, vor jeder Entscheidung ist er auf 180 – und er stellt eine Entscheidung auch weiter infrage, selbst wenn er zu einem Entschluss gekommen ist. Er konnte seiner Bestimmung nicht entgehen (als Trainer, der zu Barcelona zurückging), aber er ist nicht imstande, den Grad der Intensität auszuhalten, der ihn letztlich zermürben würde. Seine Welt ist voller Unsicherheit, Diskussionen, Zweifel und Anforderungen, die er niemals miteinander in Einklang bringen, denen er niemals genügen kann. Sie sind stets gegenwärtig. Ob er nun mit Freunden Golf spielt, daheim auf dem Sofa liegt, mit seiner Lebensgefährtin Cris und seinen drei Kindern einen Film anschaut oder nachts nicht schlafen kann. Wo immer er sich aufhält, er ist immer bei der Arbeit, denkt nach, entscheidet, hinterfragt. Und die einzige Weise, auf die er sich von seiner Tätigkeit (und den gewaltigen Erwartungen) lösen kann, besteht darin, alle Bande zu kappen.
Er kam 2007 voller Energie als Trainerneuling zur zweiten Mannschaft. Und er ging ausgelaugt als Trainer der ersten Mannschaft – fünf Jahre und 14 Titelgewinne später. Man nehme hier nicht mich zum Zeugen: Pep selbst sagte bei der Pressekonferenz, bei der er seinen Abschied bestätigte, wie erschöpft er sich fühle.
Erinnern Sie sich, wie Sie 2011, vor der Verleihung des Goldenen Balls, nach Pep gefragt wurden? Sie waren beide bei der Pressekonferenz anlässlich der Auszeichnung für Ihr Lebenswerk und Peps Auszeichnung als Trainer des Jahres. Sie antworteten sehr direkt: »Wo wird Guardiola etwas Besseres vorfinden als das, was er zu Hause hat? Ich wüsste keinen Grund, warum er all das hinter sich lassen sollte.«
Andoni Zubizarreta, der Sportdirektor des FC Barcelona und langjährige Freund von Pep, der um die Wirkung jenes Gesprächs in Nyon und die Wertschätzung, die Pep Ihnen entgegenbringt, wusste, bezog sich noch am selben Tag im Gespräch mit Guardiola auf Ihre Worte: »Hör mal, was Alex Ferguson, dieser weise Mann, mit seiner Welt- und Fußballerfahrung zu sagen hat …« Pep, der Zubizarreta bereits gesagt hatte, dass er zum Saisonende ans Aufhören denke, erwiderte darauf: »Du Mistkerl. Du suchst immer nach Möglichkeiten, mich zu verwirren!«
Sir Alex, sehen Sie sich einmal die Bilder von Pep zu der Zeit an, als er 2008 Barcelonas erste Mannschaft übernahm. Er war ein jugendlich wirkender 37-jähriger Mann. Erwartungsvoll, ehrgeizig, voller Energie. Schauen Sie ihn heute an, vier Jahre später. Er sieht nicht wie ein 41-Jähriger aus, nicht wahr? An jenem Morgen in Nyon war er ein Trainer, der seinen Klub gerade auf ein neues, schwindelerregendes Niveau hob, der einem Team dazu verhalf, Fußballgeschichte zu schreiben. Als Sie beide mit Blick auf den Genfer See miteinander sprachen, hatte Pep
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