Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss
»Das ist gar kein Blödsinn!«
»Ach nein?« Claire warf wieder einen Schneeball für Jim in die Luft. Er traf John mitten ins Gesicht, der gerade zusammen mit Linda einen Schneemann baute.
»Nein«, beharrte Percy. »Und zwar dann, wenn man
sie
nicht auf die Köchin bezieht.«
»So, so, und worauf soll man es deiner Meinung nach dann beziehen? Auf eine Gurke?«
»Nein. Auf eine Rose.«
Claire starrte Percy an. Zum ersten Mal, seit er sie kennengelernt hatte, war seine Cousine wirklich sprachlos, und Percy genoss das Gefühl, ausnahmsweise einmal mehr zu wissen als sie. »Wallace hat mir in seinem Gewächshaus eine Rose gezeigt, die er selbst gezüchtet hat. Eine ganz besondere Mutation, die verschiedenfarbige Blütenblätter hat. Er hat sie
Brenda
getauft, weil er eure Köchin so verehrt.«
»Kein Wunder, sie versorgt ihn ja auch immer reichlich mit Schnaps«, warf Claire ein. Es war ihr anzumerken, dass sie sich darüber ärgerte, nicht selbst auf diese Lösung gekommen zu sein. »Bestimmt hatte er Angst, dass das Gewächshaus nicht gegen diesen heftigen Wintereinbruch gewappnet war, und wollte seine kostbare Züchtung an einem warmen Ort in Sicherheit bringen«, sagte sie mit zusammengezogenen Augenbrauen.
»Genau.« Percy nickte. »Der Unfall im Wald hat dann wohl dazu geführt, dass zwar nicht der Gärtner, wohl aber seine Rosen erfroren sind. Wallace hat sich selbst die Schuld an
ihrem Tod
gegeben, deshalb redet er immer noch davon, dass er
sie umgebracht hat
. Und als er über die Brücke geschlurft ist, war er so durcheinander, dass ihm die erfrorenen Rosensträucher aus der Hand gerutschtsind. Deswegen hat er zu Fortescue gesagt, dass er
sie
in den Schlossgraben geworfen hat. Damit meinte er die Rosen und nicht Brenda.«
Zwei Schneebälle trafen Claire und Percy am Kopf. Sie waren von John und Linda abgefeuert worden, die inzwischen hinter ihrem Schneemann in Deckung gegangen waren.
Claires ärgerlicher Gesichtsausdruck verschwand. »Los, komm, du Superdetektiv. Jetzt machen wir erst einmal meine missratene Schwester und den dicken John fertig und dann reden wir mit meinem Vater über deine tolle Theorie.«
Als sie nach einer ausgiebigen Schneeballschlacht ins Schloss zurückkehrten, war es schon dunkel geworden und die Weihnachtsparty hatte begonnen. Percy traute seinen Augen kaum, aber Jasper und die anderen Dienstboten hatten es tatsächlich geschafft, das ganze Schloss zu schmücken, während sie mit Jim im verschneiten Garten gewesen waren. Überall hingen Luftschlangen, Mistelzweige und bunte Papierblumen, sogar an den Hirschgeweihen.
So schnell er konnte, lief Percy mit Jim in sein Zimmer hinauf, wo ihm Jasper bereits einen dunkelblauen Anzug mit passendem Hemd und eine Krawatte aufs Bett gelegt hatte. Der Anzug saß wie angegossen, nur wusste Percy beim besten Willen nicht, wie er die Krawatte binden sollte. Er versuchte es ein paarmal vor dem Spiegel, sah dann allerdings ein, dass es keinen Zweck hatte. Ob die Darkmoors es ihm übel nahmen, wenn er ohne dieses furchtbare Ding zu der Feier ging?
Linda beantwortete ihm diese Frage, nachdem sie, ohne zu klopfen, in sein Zimmer getreten war. Sie trug ein grünes Samtkleid mit einer großen Schleife an der Hüfte und hatte ihre Haare zu einem Kranz geflochten. Außerdem hatte sie sich geschminkt und sah aus wie eine feine Dame. Percy kam sich plötzlich wieder genauso unbeholfen und fehl am Platz vor wie vor einer Woche, als er Darkmoor Hall das erste Mal betreten hatte.
»So kannst du auf keinen Fall nach unten gehen«, sagte Linda. »Wo ist denn deine Krawatte?«
Widerstrebend zeigte er ihr den zerdrückten und verknoteten Stoffstreifen, den er gerade in der Kommode unter dem Spiegel hatte verschwinden lassen wollen.
»Du liebe Güte«, sagte Linda. »Hast du noch nie eine Krawatte gebunden?«
Percy schüttelte den Kopf und Linda verdrehte die Augen. Dann half sie ihm jedoch zum Glück, und nach wenigen Minuten war die Krawatte um seinen Hals gebunden, mit einem Knoten in der Mitte, der so groß war wie Percys Faust.
Gemeinsam gingen sie nach unten.
Percy konnte sich nicht erinnern, jemals ein so fröhliches Weihnachtsfest erlebt zu haben, nicht einmal auf dem Hausboot von Onkel Ernie. Und ganz bestimmt hatte er noch
niemals
in seinem Leben so ein leckeres Buffet gesehen!
Es gab Truthahnpastete und Putenbraten, eingelegte Gänsekeulen, Würstchen, Kartoffelsalat und gebratene Klopse.Aus großen Steinkrügen konnte man sich saure
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