Perdido - Im Bann des Vampirjägers
Lupus?«
Der Wolf nickte und winselte zustimmend.
»Ihm waren ja seine Ohren immer peinlich«, fuhr Hugo fort, »aber nicht, weil sie spitz waren, sondern weil ihnen das Fell ausgegangen war und sie so rosa aussahen.«
»Rosa Ohren sind ja wohl keine Schande!«, verwahrte sich Herkules gekränkt.
Lupus jaulte und hechelte.
»Jetzt verstehe ich auch, warum dich deine Mutter ohne Kleider im Wald hat rumlaufen lassen«, setzte Hugo lachend hinzu.
»Und dir rohes Fleisch vorgesetzt hat«, ergänzte Herkules.
Lupus rieb den Kopf an Hugos Bauch, dann lief er in Richtung Ausgang und kam wieder zurück.
»Ich glaube, er möchte gern gehen und sich wieder seinem Rudel anschließen«, deutete Kristall dieses Verhalten.
»Geh ruhig, Lupus.« Hugo kraulte den Wolf noch einmal liebevoll. »Und danke, dass du uns geholfen hast, den Vampanter zur Strecke zu bringen.«
Der Wolf schleckte Hugo über die Wange. Dann leckte er auch Kristall und Herkules ab, wonach der Mäuserich pitschnass dastand. Schließlich trabte Lupus den schmalen Flur entlang und hinaus ins Freie.
»Da geht er hin, unser Wolf im Schafspelz.« Herkules schüttelte einen Spuckefaden ab, der ihm vom Schnäuzchen hing.
»Jetzt kann er wieder mit den Wölfen heulen«, setzte Kristall hinzu.
»Jetzt ist es aber gut mit den Wolfswitzen«, bremste Hugo die beiden.
Hugo führte seine kleine Schar zum Tor und unter den riesigen Eiszapfen hindurch in die Nacht hinaus. Dort blieb er erst einmal stehen und atmete tief durch. Die kalte Luft tat ihm gut. Als er dann erwartungsvoll über den zugefrorenen See spähte, machte sein Herz vor Freude einen Satz. Am gegenüberliegenden Ufer stand ein Mann mit zerzaustem weißen Haar und buschigem weißen Schnurrbart.
Hugo holte tief Luft und brüllte: »Onkel Walter!«
57. Kapitel
H
ugo schlitterte über die Eisdecke und warf sich in die ausgebreiteten Arme seines Onkels. Vor überschäumender Freude und Erleichterung lachend, barg er das Gesicht in Walters Mantel und drückte seinen Onkel, so fest er konnte.
Auch Walter lachte. »Nicht so doll, Hugo … ich kriege ja keine Luft mehr!«
Hugo ließ ihn wieder los und blinzelte durch seine Stirnlocken zu ihm hoch. »Geht es dir gut? Haben dir die Banditen etwas getan? Kannst du dich noch dran erinnern, wie du ein Mezzaghul warst?«
Walters Schnurrbart bebte ein bisschen, dann legte er Hugo besänftigend die Hand um die Schulter. »Mach dir meinetwegen keine Sorgen, mir geht’s prima«, sagte er herzlich. »Das habe ich dir und Herkules zu verdanken und … ja, wen haben wir denn da?«
»Das ist Kristall, Onkel Walter.«
»Hallo, Kristall.« Walter bückte sich und streichelte die Katze.
Kristall kniff die Augen zu und schnurrte: »Freut mich, dich endlich kennenzulernen, Walter.«
Walter zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Na so was – eine sprechende Katze!«
»Hast du Marcello schon wiedergefunden?«, erkundigte sich Hugo.
Walter schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wie weit er sich damals vom Schloss entfernt hatte, ehe ihn die Vampire einholten. Aber weit kann er eigentlich nicht gekommen sein.«
»Hugo hat Otis getötet!«, platzte Herkules nun heraus. »Es hat sich nämlich rausgestellt, dass er der Vampanter war. Erst hat ihm Hugo Weihwasser ins Gesicht gekippt. Dann hat sich der Schuft in dich verwandelt. Aber Hugo hat ihm das Juwelenschwert ins Herz gestoßen. Ich habe natürlich die ganze Zeit gewusst, dass er sich nur getarnt hatte.«
»Wie jetzt … unser Otis war der Vampanter? Jetzt bin ich aber baff.« Walter richtete sich wieder auf und blickte seinen Neffen an. »Dass er ein Vampir war, wusste ich ja, aber gleich Mephisto persönlich … Wahnsinn.«
»Seit wann wusstest du denn, dass er ein Vampir war?«
»Seit ich ihn damals im Gasthof Zum Seebären aufgesucht habe. Als er mir die Zimmertür geöffnet hat, konnte ich mich selbst in einem Spiegel erkennen, der gegenüber der Tür hing, aber Otis hatte kein Spiegelbild.«
»Darum hast du ihm wahrscheinlich auch nichts über Marcellos Karte erzählt, nicht wahr?«
»Richtig. Ich habe ihm weisgemacht, dass ich die Karte leider auch nicht entschlüsseln konnte. Als ich dann wieder zu Hause war, haben mich kurz darauf die Banditen entführt und ich konnte dich nicht mehr vor Otis warnen. Es tut mir furchtbar leid, dass ich dich überhaupt in die ganze Sache mit hineingezogen habe, Hugo, aber es war nun mal nicht zu ändern.«
Hugo grinste so breit, dass man alle seine Zahnlücken sah.
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