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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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er.
    »Jemand beobachtet uns von da unten«, meldete Yagharek sich plötzlich. »Irgendeiner von den Streunern, der nicht weggelaufen ist. Er rührt sich nicht.«
    Isaac hob nur kurz den Blick von seiner Arbeit. »Nimm meine Pistole«, sagte er, schon wieder mit den Maschinen beschäftigt. »Wenn er zu uns heraufkommen sollte, setz ihm einen Warnschuss vor die Füße. Wahrscheinlich genügt das, um ihn abzuschrecken.« Unermüdlich waren seine Hände damit beschäftigt, hier zu zwirbeln, zu verbinden, dort zu programmieren. Er tippte auf Tastaturen und praktizierte unsauber geschnittene Karten in Schlitze. »Fast fertig«, brummte er. »Fast fertig.«
    Ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit, eines Umfangenseins von sauren Träumen, verstärkte sich.
    »Isaac …«, zischte Derkhan. Andrej war in einen zermürbten, erschöpften Halbschlaf gefallen; jetzt begann er zu stöhnen und um sich zu schlagen, fuhr hoch und schaute blicklos um sich.
    »Fertig!«, stieß Isaac hervor und lehnte sich zurück.
    Ein Moment des Schweigens. Isaac Triumph verflog.
    »Wir brauchen den Weber!«, sagte er. »Er sollte doch … Er hat versprochen, er würde hier sein! Ohne ihn können wir nichts tun!«
     
    Sie konnten nichts tun, außer warten.
    Das Miasma verzerrter Traumfantasien breitete sich über die Stadt, und von überall hörte man die abgerissenen Schreie der gepeinigten Schläfer, die sich unter dem Gewicht der Nachtmahre wanden. Der Regen fiel dichter, die Nässe vermischte sich mit dem Staub auf dem Betonboden zu einer glitschigen Schicht. Isaac breitete aufgeregt den schmutzigen Sack abwechselnd über verschiedene Teil der Krisismaschine, bemühte sich vergeblich, sie vor der Feuchtigkeit zu schützen.
    Yagharek musterte die regenglänzenden Schieferflächen. Als sein Kopf sich mit grausigen Phantasmagorien füllte und er anfing, sich vor dem zu fürchten, was er dort draußen sehen könnte, drehte er sich um und hielt in den Spiegeln seines Helms weiter Wacht. Er beobachtete die schattenhafte, regungslose Gestalt unten.
    Isaac und Derkhan zogen Andrej näher an die Maschine heran (wieder mit dieser perversen Behutsamkeit, als wären sie besorgt um sein Wohlergehen).
    Während Derkhan aufpasste, legte Isaac dem alten Mann erneut Fesseln an und schnallte ihm einen der Kommunikatorhelme fest auf den Kopf. Er vermied es, ihm ins Gesicht zu schauen.
    Der Helm war dem neuen Verwendungszweck angepasst worden. Zusätzlich zu dem trompetenförmigen Auslass oben, hatte er drei weitere Anschlüsse. Über einen war er mit dem zweiten Helm verbunden, von einem anderen führten Drahtstränge zu den Rechenautomaten und Generatoren der Krisismaschine.
    Isaac wischte Regenwasser von dem dritten Steckerplatz und schloss den schwarzen Kasten des Rücklaufhemmers an, von dem ausgehend das dicke Kabel über die abenteuerlichen zwei Meilen zurück ins Reich des Konstrukt Konzils führte, südlich des Flusses. Der Datenstrom konnte nun von dessen Gehirn durch die Einwegschleuse in Andrejs Helm fließen.
    »Das war’s, alles fertig«, sagte Isaac und knetete nervös die Hände. »Jetzt brauchen wir nur noch den verdammten Weber …«
     
    Noch eine weitere halbe Stunde verging mit Regen und wuchernden Albträumen, bevor die Dimensionen der Dachlandschaft plötzlich wogten und heftig krängten und der raunende Monolog des Webers hörbar wurde:
    … WIE IN WASSERN WEISE ERWOGEN VON UNS ZWEIBEIDEN SIEHT UNS DAS SAMMELBECKEN DAS STÄHLERNE SCHIENENGEWIRK IN STADTMITTENETZ ALS VERBÜNDETE …, ertönte die unirdische Stimme in ihrer aller Köpfe, und der gewaltige Arachnide erschien hinter einem Faltenschlag der Wirklichkeit und tänzelte graziös auf sie zu, zyklopisch, sie dagegen zwergenhaft.
    Isaac stieß ächzend den Atem aus, ein heiseres Stöhnen der Erleichterung. Wie jedes Mal fühlte sein Verstand sich überwältigt von dem Staunen und dem Grauen, das der Weber einflößte.
    »Weber!«, rief er. »Wir bauen auf deine Hilfe!« Er streckte der numinosen Wesenheit den zweiten Kommunikatorhelm hin.
    Andrej war vor Entsetzen kaum noch bei Sinnen. Die Augen quollen ihm aus den Höhlen, er schnellte wie ein Fisch auf dem Trockenen zum Rand des Daches, eine grässliche, eine übermächtige Angst verlieh seinem ausgemergelten Körper ungeahnte Kraft.
    Derkhan bekam ihn rechtzeitig zu fassen und machte seinem Fluchtversuch ein Ende. Er ignorierte ihre Pistole, in seinen Augen war nichts außer der gewaltigen Spinne, die haushoch aufragend mit einem

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