Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
Vom Netzwerk:
kann?«
    »Alles.« Er schwieg eine Weile, während seine Hände unermüdlich Kabel spleißten, Schalter testeten. »Krisis ist allgegenwärtig, und wenn die Maschine das Energiefeld aufspüren kann, anzapfen, kanalisieren, sind ihr so gut wie keine Grenzen mehr gesetzt. Mein wunder Punkt ist dieser Wust an Mathematik. Man muss der Maschine in mathematischen Gleichungen begreiflich machen, was sie tun soll. Das ist die Aufgabe der Lochkarten. Aber das ganze Gehirn des verdammten Konzils denkt in mathematischen Begriffen. Wenn der Bastard sich in die Krisismaschine einklinkt, werden seine Jünger von dem Augenblick an keine Spinner mehr sein.
    Ihr wisst, dass sie ihn den Gottmaschien nennen? Nun, das käme der Wahrheit recht nahe …«
    Alle drei schwiegen. Andrej rollte die Augen, er verstand kein Wort von dem, was gesprochen wurde.
    Isaac werkelte stumm weiter. Er versuchte, sich die Stadt unter der Herrschaft des Konstrukt Konzils vorzustellen. Malte sich aus, wie der Konzil sich seine kleine Krisismaschine einverleibte und auf dieser Grundlage mehr und mehr solcher Maschinen baute, jede raffinierter und leistungsfähiger als die vorhergehende, sie in sein Nervensystem einfügte, sie mit seiner eigenen elyktrochymischen und thaumaturgischen und dampferzeugten Energie antrieb. Monströse Relais, die in den Tiefen der Deponie hämmerten, den Stoff der Welt formten und färbten wie ein Weber, alles auf das Gebot jener universellen, kalten Intelligenz – reine, bewusste Kalkulation und launenhaft wie ein kleines Kind.
    Er streichelte den schwarzen Kasten, schüttelte ihn leicht und betete, dass der Mechanismus funktionierte.
     
    Isaac seufzte und zog das dicke Paket mit Lochkarten heraus, die der Konzil gestanzt hatte. Jede trug einen Vermerk in der wackligen Maschinenschrift seines integrierten Schreibautomaten. Er hob kritisch den Blick.
    »Es ist noch nicht zehn, oder?«, erkundigte er sich. Derkhan schüttelte den Kopf. »Und immer noch nichts zu spüren? Dann sind die Falter noch nicht unterwegs. Wir müssen fertig sein, wenn sie fliegen.«
    Er wandte sich wieder seiner Maschine zu und legte die Hebel an den zwei Batterien um. Die Reagenzen darin vermischten sich. Man hörte ein sprudelndes Geräusch, dazu gesellte sich ein Chor schnatternder Schaltungen und das Husten anspringender Motoren. Die Apparatur auf dem Dach erwachte zum Leben.
    Die Krisismaschine surrte.
    »Sie rechnet nur«, erklärte Isaac nervös, als Derkhan und Yagharek zu ihm hinschauten. »Sie tut noch nichts. Ich füttere sie mit Instruktionen, die sie verarbeitet.«
    Er fütterte, die Operations- und Variablenkarten in die verschiedenen Rechner. Die meisten wanderten in die Krisismaschine selbst, einige aber auch in die untergeordneten Systeme. Isaac prüfte jede Karte, verglich sie mit seiner Liste, kritzelte flüchtige Gleichungen, bevor er sie in einen der Schlitze schob.
    In den Apparaten klapperte es, wenn die kleinen federgelagerten Zähne an den Kanten entlangknabberten, in akkurat gestanzte Löcher schnappten, Instruktionen und Informationen in die analogen Gehirne herunterluden. Isaac ließ sich Zeit, wartete, bis er den Klick fühlte, der die erfolgreich abgeschlossene Verarbeitung signalisierte, bevor er eine Karte herauszog und die nächste einschob.
    Er machte Notizen, schrieb kryptische Hinweise für sich selbst auf abgerissene Papierfetzen. Er atmete schnaufend.
    Unvermutet fing es an zu regnen. Riesige Tropfen plumpsten herab und zerplatzten dick und körperwarm wie Eiter. Die Nacht war schwül, und die tief hängenden Wolken machten es noch schlimmer. Isaac arbeitete schneller, seine Finger wollten ihm plötzlich nicht mehr gehorchen, kamen ihm dick und ungeschickt vor.
    Ein Gefühl der Bedrückung breitete sich aus, eine Schwere, die das Gemüt verdüsterte und bis ins Mark der Knochen drang; ein Gefühl des Unheimlichen, des Erschreckenden und Verborgenen, das aus dem eigenen Innern heraufdrängte, eine wallende schwarze Tintenwolke aus den Abgründen der Seele.
    »Isaac«, sagte Derkhan mit brüchiger Stimme, »du musst dich beeilen. Es geht los.«
     
    Ein Schauer von Albtraumgefühlen rieselte mit dem Regen auf sie herab.
    »Sie fliegen«, sagte Derkhan furchtsam. »Sie sind auf der Jagd. Beeil dich, du musst dich beeilen…«
    Isaac nickte wortlos und arbeitete fieberhaft weiter, schüttelte den Kopf, als könnte er so die Furcht loswerden, die schleichend von ihm Besitz ergriff. Wo bleibt der verdammte Weber?, dachte

Weitere Kostenlose Bücher