Perdido Street Station 02 - Der Weber
Hunde-Sinistral gegen sie stießen.
In einem abwehrenden Reflex klappten zwei riesige beinerne Klingen, einer Gartenschere ähnlich, aus dem Körper des Gierfalters und trennten beiden, MontJohn Rescue und dem Hund, den Kopf ab, mit einem einzigen, säuberlichen, grausig knirschenden Schnitt.
Während die Köpfe in die Dunkelheit purzelten, blieben die Handlinger am Leben und bei vollem Bewusstsein. Doch nachdem der Gehirnstamm ihrer Wirte durchtrennt war, hatten sie keine Möglichkeit mehr, ihre sterbenden Körper zu lenken. Diese, des Mannes und des Hundes, wurden von posthumen Zuckungen geschüttelt. Blut strömte wie aus einem Springquell über die trudelnden Leiber, über die verzweifelten Handlinger, die wimmernd ihre Finger nach Rettung, nach einem Halt krümmten.
Sie mussten den ganzen Weg nach unten durchleiden, bis sie auf dem unerbittlichen Betonboden eines Hinterhofs in Petty Coil zu einem bizarren Gemenge aus Gliedmaßen und Knochensplittern zerbarsten, die Handlinger mit ihren Wirtskörpern unauflöslich vermischt, nun wahrhaft eins.
Dem Vodyanoi war es trotz seiner Augenbinde beinahe gelungen, die ledernen Riemen zu lösen, die ihn mit dem Fräulein-Handlinger auf seinem Rücken verbanden. Doch eben, als er sich anschickte, die letzten Schnallen zu lösen und die Flucht zu ergreifen, näherte sich der Gierfalter, um zu speisen.
Er schlang die insektenähnlichen Arme um seine Beute und zog sie an sich, schob die forschende Zunge in ihren Mund und trank die Träume des Handlingers.
Es war ein nahrhaftes Gebräu. Die Essenz der Gedanken des menschlichen Wirts schwappte wie Schlick oder Kaffeesatz durch das Bewusstsein des Handlingers. Der Gierfalter reichte um den Körper des Fräuleins herum und drückte ihn fester an sich, dabei schnitten seine knochenharten Gliedmaßen in das schlaffe Vodyanoifleisch hinter ihrem Rücken. Grauen und der plötzliche Schmerz rangen dem Dextrier einen Aufschrei ab, der Falter schmeckte das neue Aroma in der Luft. Er stutzte, wunderte sich über dieses andere Bewusstsein so nah bei seiner Atzung. Doch schnell hatte er sich gefasst, griff fester zu und beschloss, sich dem zweiten Gang zu widmen, sobald er diesen ersten Kelch geleert hatte.
Der Vodyanoikörper war gefangen und musste miterleben, wie sein Sinistral-Passagier ausgesaugt wurde. Er wand sich und schrie und weinte, doch es gab kein Entrinnen.
In nur geringer Entfernung, im Rücken seines sich labenden Vetters, schnellte der Falter, der den Weber harpuniert hatte, seinen stachelbesetzten Tentakelschwanz durch verschiedene Dimensionen. Der riesige Arachnide erschien und verschwand in rasender Lidschlagfolge. Sobald er am Himmel auftauchte, begann er zu fallen, dem Gesetz der Schwerkraft unterworfen. Sogleich wechselte er auf eine andere Ebene, die tief in sein Fleisch gegrabene Harpunenspitze des Tentakels mit sich ziehend. In jenem anderen Aspekt bäumte er sich und tänzelte, um seinen Angreifer abzuschütteln, bevor er auf die mundane Ebene zurückkehrte, Gewicht und Hebelkraft nutzte und erneut verschwand.
Der Gierfalter war beharrlich, umkreiste Kobolz schießend seine Beute und ließ sie nicht los.
Der Schreiber-Handlinger führte einen panischen, angsterfüllten Monolog. Er suchte seinen Gefährten in dem Körper des jüngeren, muskulösen Mannes.
Tot alle tot unsere Gevattern, schrie er. Etwas von dem, was er gesehen hatte, etwas von seinen Gefühlen, floss durch den Kanal in das Gehirn seines Dextriers. Der Körper der alten Dame krängte gefährlich.
Der andere Sinistral versuchte, ruhig zu bleiben. Er drehte den Kopf von einer Seite zur anderen, bemühte sich, Autorität zu verströmen. Halt!, kommandierte er streng. Er beobachtete in seinen Spiegeln die drei Falter hinter ihm: den verwundeten, der mit kraftlosen Flügelschlägen seinem Nest zustrebte; den hungrigen, der sich an den Träumen der gefangenen Handlinger labte; und den kämpfenden, der wie ein Hai tobend versuchte, dem Weber den Kopf abzureißen.
Der Sinistral lenkte seinen Dextrier ein Stück dichter heran. Jetzt zuschlagen, dachte er und sandte seinem Mitstreiter die Botschaft: Stichflammen mit aller Kraft, zwei verbrennen, dem Verwundeten folgen. Dann warf er plötzlich den Kopf hin und her und ein bestürzter Gedanke durchfuhr ihn: Wo ist der andere?
Dieser andere, der letzte Gierfalter, war dem Feueratem der alten Dame in einem eleganten Manöver ausgewichen, hatte tief über den Dächern hinstreichend eine weite
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