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Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)

Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)

Titel: Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Greene
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sodass die Kulturen mehrere Monate lang unberührt in seinem Labor lagen. Als er sich wieder dieser Arbeit zuwandte, injizierte er die Kulturen in einige Hühner, die sich überraschend schnell von der Krankheit erholten. Er schloss daraus, dass die Kulturen nach der langen Zeit ihre Ansteckungskraft verloren hatten, und bestellte neue Varianten, die er sofort denselben Hühnern wie zuvor, aber auch ein paar neuen Hühnern injizierte. Erwartungsgemäß starben alle neuen Hühner, aber die alten Hühner überlebten ausnahmslos.
    Dieses Phänomen hatten schon vor Pasteur viele Ärzte erlebt, aber sie hatten entweder keine Notiz davon genommen, oder sie hatten einfach nicht weiter über seine Bedeutung nachgedacht. Pasteur kannte sich auf diesem Gebiet hervorragend aus, und so erregte das Überleben der Hühner sofort seine Aufmerksamkeit. Er grübelte lange über die Bedeutung dieses Phänomens nach und erkannte schließlich, dass er über ein neues medizinisches Verfahren gestolpert war: die Impfung eines Körpers gegen Krankheiten durch die Injektion kleiner Dosen der Krankheitserreger. Seine umfangreiche Recherche und sein offener Geist ermöglichten es Pasteur, diese Verbindung zu ziehen und diese »zufällige« Entdeckung zu machen. Pasteur selbst drückte es so aus: »Das Glück begünstigt nur den vorbereiteten Geist.«
    Solche zufälligen Entdeckungen kommen in Wissenschaft und Technik sehr häufig vor. Es gibt Hunderte Beispiele, zu denen die Entdeckung der Röntgenstrahlen durch Wilhelm Röntgen und des Penicillins durch Alexander Fleming gehören, ebenso wie die Erfindung der Druckerpresse durch Johannes Gutenberg. Eine Entdeckung des berühmten Erfinders Thomas Edison ist das wohl aufschlussreichste Beispiel. Er hatte lange und hart an einem verbesserten Transport des Papierstreifens durch einen Telegraphen gearbeitet, auf dem die Punkte und Striche aufgezeichnet wurden. Er kam bei der Arbeit nicht voran. Vor allem störte ihn das Geräusch der Maschine beim Weitertransport des Papiers – sie machte »ein leises, melodisches, rhythmisches Geräusch, ähnlich einer undeutlichen menschlichen Stimme.«
    Er wollte dieses Geräusch irgendwie abstellen, legte die Arbeit am Telegraphen aber in den folgenden Monaten beiseite. Dennoch ließ ihm dieses surrende Geräusch keine Ruhe. Eines Tages hörte er es ein weiteres Mal in seinem Kopf, und plötzlich kam ihm ein überraschender Gedanke: War er durch Zufall auf eine Möglichkeit gestoßen, um Töne und die menschliche Stimme aufzuzeichnen? In den nächsten Monaten beschäftigte er sich intensiv mit Akustik und führte seine ersten Experimente mit dem Bau eines Phonographen durch, der mit einer dem Telegraphen sehr ähnlichen Technologie die menschliche Stimme aufzeichnete.
    Diese Entdeckung verdeutlicht das Wesen des kreativen Denkens: Jeder Reiz wird im Gehirn verarbeitet, von allen Seiten betrachtet und neu bewertet. Nichts wird nach dem ersten Eindruck bewertet. Ein surrendes Geräusch ist niemals neutral, niemals einfach nur ein Geräusch, sondern etwas, das es zu deuten gilt, eine Möglichkeit, ein Zeichen. Dutzende solcher Möglichkeiten führen zu nichts, aber ein offener und flexibler Verstand zieht sie nicht nur in Erwägung, sondern hat sogar Spaß daran, sie zu untersuchen, Die Wahrnehmung selbst wird zu einer anregenden Übung im Denken.
    Unser Verstand ist begrenzt, auch deswegen spielt der glückliche Zufall eine so große Rolle bei Entdeckungen. Wir können nicht alle Möglichkeiten ausloten oder uns auch nur vorstellen. Zu Edisons Lebzeiten hätte sich niemand bewusst einen Papierstreifen vorstellen können, der Töne aufzeichnet, und so einen Phonographen erfunden. Zufällige externe Stimuli führen zu Assoziationen, auf die wir selbst nie gekommen wären. Wie Samen, die im Weltall treiben, brauchen diese Stimuli einen bestens vorbereiteten und offenen Geist, um dort Wurzeln zu schlagen und zu bedeutenden Ideen heranzuwachsen.
    Zufallstechniken werden auch in der Kunst angewendet mit interessanten Ergebnissen. Der Schriftsteller Anthony Burgess befreite seinen Kopf von abgedroschenen Ideen, indem er bei mehreren Gelegenheiten zu einem Nachschlagewerk griff, zufällig Wörter auswählte und sich bei der Handlung eines Romans von der Reihenfolge der Wörter und mit ihnen verbundenen Assoziationen leiten ließ. Sobald er völlig willkürliche Ansatzpunkte hatte, übernahm sein bewusstes Denken und verarbeitete sie zu einem handwerklich

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