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Perfekt

Titel: Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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war, ob er den Mord begangen hatte oder ob er unschuldig war. Sie blickte noch einmal verstohlen auf sein Profil, und ihr Herz schlug heftiger.
    Er war unschuldig. Sie wußte es. Sie spürte es, fühlte es. Und der Gedanke, daß all dieser Stolz und diese Intelligenz fünf lange Jahre hinter Gittern weggesperrt gewesen waren, schnürte ihr fast die Kehle zu. Im Geiste sah sie das Innere eines Gefängnisses ... hörte, wie die Zellentüren mit einem harten, metallischen Geräusch ins Schloß fielen, hörte Gefängniswärter herumbrüllen, sah Männer in Wäschereien und Gefängnishöfen, beraubt nicht nur ihrer Freiheit und ihrer Privatsphäre, sondern auch aller Menschenwürde.
    Die Stimme des Nachrichtensprechers riß sie aus ihren Gedanken und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den Bildschirm: »Und jetzt die jüngsten Nachrichten aus dem Lokalbereich und dem Bundesstaat. Wir haben Informationen über den Blizzard, der immer näher kommt, doch vorher schalten wir um zu  Tom Brokaw, der wichtige Neuigkeiten hat.« Julie stand auf; sie war plötzlich zu unruhig, um einfach so herumzusitzen. »Ich hole mir ein Glas Wasser«, sagte sie, schon unterwegs zur Küche, doch Tom Brokaws Stimme ließ sie innehalten:
    »Guten Abend, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer. Vor zwei Tagen ist Zachary Benedict, der einst als einer der größten Hollywood-Stars und als begnadeter Regisseur galt, aus dem Staatsgefängnis in Amarillo entflohen, wo er für die hinterhältige Ermordung seiner Ehefrau, der Schauspielerin Rachel Evans, eine Haftstrafe von fünfundvierzig Jahren verbüßte.«
    Julie drehte sich rechtzeitig um, um ein Bild von Zack in Häftlingskleidung mit einer Nummer auf der Brust zu sehen. Wie hypnotisiert kehrte sie ins Wohnzimmer zurück, während Brokaw fortfuhr: »Benedict soll mit einer Frau zusammen sein ...«
    Julie schnappte überrascht nach Luft, als sie ihr eigenes Konterfei auf dem Bildschirm erblickte; die Fotografie war im vergangenen Jahr mit ihrer dritten Klasse aufgenommen worden; sie hatte ein hochgeschlossenes Hemdblusenkleid getragen.
    »Die texanischen Behörden melden, daß diese Frau, Julie Mathison, sechsundzwanzig, zuletzt vor zwei Tagen in Amarillo gesehen wurde, wo Zeugen beobachten konnten, wie ein Mann, auf den Benedicts Beschreibung paßt, zu ihr in einen blauen Chevrolet Blazer stieg. Anfänglich nahm man an, daß Miß Mathison gegen ihren Willen als Geisel genommen worden war ...«
    »Anfänglich?« brach es aus Julie hervor; sie blickte Zack an, der sich langsam erhob. »Was soll das heißen, anfänglich?«
    Die Antwort darauf erfolgte sofort, und sie war einfach entsetzlich, denn Brokaw fuhr fort: »Die Geiseltheorie wurde heute nachmittag verworfen, als Pete Golash, ein Fernfahrer, aussagte, er habe ein Pärchen, auf das die Beschreibung von Benedict und Mathison paßt, heute morgen auf einem Rastplatz in Colorado beobachtet ...«
    Als nächstes erschien Pete Golashs fröhliches Gesicht auf dem Bildschirm; es war eine Aufzeichnung, doch was er sagte, machte Julie vor Wut und Scham krank: »Die beiden machten eine Schneeballschlacht - wie übermütige Kinder. Dann ist die Frau - Julie Mathison - ich bin mir verdammt, ich meine völlig sicher, daß sie die Frau war ... Jedenfalls ist die Frau dann gestolpert und hingefallen, und Benedict ist direkt auf ihr gelandet, und dann haben die zwei geknutscht. Sich geküßt. Wenn die eine Geisel ist, dann hat sie sich jedenfalls nicht so benommen.«
    »Oh, mein Gott!« rief Julie, verschränkte die Arme vor ihrer Brust und schluckte die bittere Galle hinunter, die ihr hochgekommen war. Innerhalb weniger Minuten hatte die häßliche Realität sie eingeholt, hatte die trügerische, gemütliche Atmosphäre zerstört. Sie fuhr zu dem Mann herum, der sie hierhergebracht hatte und den sie plötzlich wieder so sah, wie ihn das Fernsehen zeigte und was er auch tatsächlich war: ein verurteilter Sträfling in Häftlingskleidung mit Ziffern quer über der Brust. Bevor sie sich von ihrem Schock erholen konnte, flimmerte ein anderes, nicht weniger entsetzliches Bild über die Mattscheibe, und Brokaw kommentierte: »Unser Reporter Phil Morrow ist in Keaton, Texas, wo Miß Mathison wohnt und die dritte Klasse der dortigen Volksschule unterrichtet. Ihre Eltern, Reverend und Mrs. James Mathison, erklärten sich zu einem kurzen Interview bereit ...«
    Julie schrie auf, als das ernste, würdevolle Gesicht ihres Vaters sie aus dem Fernseher anblickte, der versuchte, die

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