Perfekt
blieb er stehen. »Ist Emily beim Stall unten?«
»Nein, noch nicht, Zack. Die Hitze macht ihr schon seit Tagen zu schaffen«, klagte George McDaniels. »Sie hat einfach zuviel Zeit in der Sonne verbracht. Könnte sie nicht im klimatisierten Wagen bleiben, bis Sie sie wirklich brauchen? Ich meine, Sie werden doch sicher verschiedene Aufnahmen mit Rachel und Austin machen, bevor Emilys Stichwort fällt.«
Unter anderen Umständen hätte der Vorschlag, ein Regisseur solle auf eine Schauspielerin warten, nur weil diese sich etwas Ruhe gönnen wollte, McDaniels einen rüden Anpfiff eingebracht. Zack jedoch mochte Emily, wie übrigens fast jeder, der sie kannte. So schluckte er seinen Ärger hinunter und blieb höflich. »Das ist unmöglich, George. Emily ist ein Profi. Sie wird die Hitze aushalten, während sie auf ihr Stichwort wartet.«
»Aber ... okay, ich hole Emily«, gab ihr Vater nach, als Zacks Miene sich unheilvoll verzog.
Normalerweise empfand Zack nichts weiter als Verachtung für die ehrgeizigen Eltern von Kinderstars, aber Emilys Vater war anders. Seine Frau hatte die beiden sitzengelassen, da war Emily noch ein Baby. Durch einen Zufall war das Kind einem Produzenten aufgefallen, der sie beim Spielen im Park gesehen hatte. Als dieser Mann nun Emily eine Filmrolle anbot, wechselte ihr Vater den Job, um tagsüber seine Tochter zu den Filmaufnahmen begleiten zu können. McDaniels arbeitete eine ganze Zeitlang nachts, weil er sicher mit Recht annahm, daß seine Tochter weniger »korrumpiert« würde, wenn sie den Abend mit einem Babysitter verbrachte, als wenn eine bezahlte Aufsichtsperson sich tagsüber während der Filmarbeiten um sie kümmern würde. Das allein hätte einen Mann wie Zack freilich noch nicht milde gestimmt, doch dazu kam die allseits bekannte Tatsache, daß Emilys Vater jeden Cent, den sie verdiente, in einen Treuhandfonds für sie einbezahlte. Für ihn zählten ausschließlich ihre Interessen, und sein Einsatz hatte sich ausgezahlt: Emily war ein gutes Kind, in Hollywood eine Ausnahme. Sie nahm keine Drogen, trank nicht, ging nicht mit jedem ins Bett, sie war höflich und bescheiden, und all das, soviel war Zack klar, verdankte sie nur der vorbehaltlosen und völlig uneigennützigen Hingabe ihres Vaters.
Als er sich dem Stall näherte, kam Emily hinter ihm hergerannt. Er rief ihr über die Schulter zu: »Schau, daß du auf das Pferd kommst, und laß uns das Ganze endlich hinter uns bringen!«
In ihren Jodhpur-Hosen und dem Reitjackett, die ihre Rolle erforderten, rannte sie an ihm vorbei. »Ich bin soweit, wenn du soweit bist, Zack«, rief sie, und ihre Augen füllten sich mit stummer Qual, als sie daran dachte, was er gleich würde durchmachen müssen. Dann verschwand sie um die Ecke, wo zwei Helfer mit dem Pferd warteten, das sie gleich besteigen würde.
Zack wußte, daß die Chancen, die Szene gleich beim ersten Mal - sei es nun mit oder ohne Probe - perfekt hinzubekommen, sehr gering waren. Doch in Anbetracht der gestrigen Ereignisse wollte er alles so schnell wie möglich hinter sich bringen. Außerdem würde die geladene Atmosphäre zwischen seiner Frau, ihrem Liebhaber und ihm nur um so schlimmer werden, je öfter er die explosiv-erotische Szene spielen ließ.
Ein Schatten huschte aus dem Gebüsch in der Nähe der Tür, und Austins auffällig sanfte, versöhnliche Stimme ließ Zack abrupt innehalten. »Schau, Zack, diese Szene wäre auch ohne unsere persönlichen Divergenzen schwer genug zu drehen«, sagte er, während er ins Licht trat. »Wir beide, du und ich, sind doch erwachsen. Also sollten wir uns auch so verhalten.« Er streckte Zack seine Hand entgegen.
Zack ignorierte diese Geste und blickte ihm verächtlich ins Gesicht. »Verpiß dich.«
7
Es lag eine ungeheure Spannung in der Luft, als Zack den Stall betrat. Sam Hudgins hatte die Untersichtkamera bereits in Position gebracht, als der Regisseur zu ihm trat, um einen Blick auf die beiden Monitore zu werfen, die mit den Objektiven der beiden Kameras verbunden waren. Er war sofort informiert über das, was die Kameraleute aufnahmen. Zack nickte Tommy zu, und die Routine nahm ihren Lauf.
»Licht an!« rief der Regieassistent laut.
Im nächsten Augenblick gingen die riesigen Scheinwerfer an und tauchten den Raum in heißes, grellweißes Licht. Zack steckte beide Hände in die Hosentaschen und beobachtete die Bilder auf den beiden Monitoren. Niemand sprach, hustete oder bewegte sich. Seit Jahren schon hatte Zack die
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