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Perlensamt

Perlensamt

Titel: Perlensamt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bongartz
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Ich habe was läuten hören, daß ein Matisse, der in Lausanne zu Hause war, umgezogen ist. Vielleicht wird er in Brüssel vertickt. Das Bild gilt als Fälschung. Aber ich habe den Verdacht, daß es sich bei der Story mit der Fälschung um eine Fälschung handelt …«
    »D.D., ich bin nicht mehr bei der Firma.«
    »Das wäre das erste Mal, daß ein Jude über den Witz eines Gois lachen kann.«
    Bevor mir darauf eine Antwort einfällt, ist die Leitung tot. Ich sehe, wie die beiden den Rathausplatz überqueren. Als ich ansetze, ihnen hinterher zu laufen, versperrt mir eine riesige Gestalt den Weg. Was für eine Hitze, was für ein Gedränge. Die Figuren werden immer mehr. Übermenschengroß. Sie überschwemmen den Platz, der ebenso gut der Marktplatz von Siena sein könnte oder die um das Zehnfache vergrößerte Kopie einer venezianischen Piazza in der Wüste von Vegas. Wer vermag zu entscheiden, was Original und was Fälschung ist? Ist das eine nicht nur ein Zustand des anderen? Genauso wahrscheinlich könnte eine Fälschung zu einem Original werden: da eine Kopie in Umlauf ist, die Fälschung der Fälschung. Wer weiß, ob nicht das, was wir das Original nennen, längst eine Fälschung ist? Ich versuche, mich durch den Dschungel von Stelzenbeinen zu winden. Aufgepumpte Tierläufe verstellen mir den Weg. Ich entkomme nur mit Mühe einem Elefantenfuß, den Schuhen von Daisy, den kralligen Latschen eines Dinosauriers, als Tigerpranken mich niederzureißen drohen. Vor mir tut sich der Schlund von Skylla auf. Charybdis will nach mir greifen. Am Himmel, der bis jetzt noch unbevölkert war, tauchen Flugobjekte auf, halb Mensch, halb Tier, Chimären, deren Körper ich nicht einordnen kann. Weiß der Teufel, womit sie gefüllt sind, Pappmaché, Wasser oder Muskelfleisch. Der Lärm legt sich auf mein Trommelfell wie öliger Brei. Darunter beginnt es zu pochen. Ich weiß nicht, ob die Menge um mich herum jubelt oder kreischt oder der Invasion von aufgeblasenen Tölpeln den Kampf ansagt. Es wird heißer, stickiger, lauter. In der Atmosphäre scheint der Sauerstoff knapp zu werden, als packte jemand die Erdkugel in ein nasses Tuch. Der Boden bebt. Der Rummelplatz reißt auf und bricht in zwei Stücke. Ich sehe gerade noch, wie ein Teil von Mensch, Halbwelt und Tier in die Spalte fällt, in einen gefräßigen, stinkenden Rachen, als sei die Untiefe nichts als ein riesiger leerer, übersäuerter Magen. Von fern höre ich einzelne Stimmen. Weich und ruhig dringen sie durch den weißen Lärm. Mir ist, als sei ich selbst die Erde und mein Innerstes kehre sich nach außen.
    »Er kommt zu sich. Sieht so aus, als müsse er sich direkt wieder übergeben.«

DREIUNDDREISSIG
    Sie steht auf dem Treppenabsatz, als warte sie auf ihre Großaufnahme.
    »Wo kommst du her? Du siehst scheußlich aus. Deine Haushälterin sagt, du hättest mich vom Flughafen abholen wollen. Danach hat dich niemand mehr gesehen.«
    Mona lächelt, als ob das alles immer so wäre. Flugzeuge, die man verpaßt. Verspätete Ankunft in einem fremden Haus. Die brütende Hitze eines frühen Abends. Eine Haushälterin, außer sich vor Freude. Ein Gastgeber, außer sich vor Verwirrung. Es ist mir unangenehm, daß sie mich so sieht. Verschwitzt. Ungewaschen. Verklebt.
    Ich sprinte an ihr vorbei die Treppe hinauf, ohne sie zu begrüßen. Ich reiße mir die Klamotten vom Leib und dusche. Unter dem heißen Wasser spüre ich endlich Erleichterung. Der üble Geruch, den mein Zusammenbruch mit sich gebracht hat, der sinistre Nachmittag, die bizarren Gestalten, für die ich immer noch keine Erklärung habe – alles rinnt mit dem dreckigen Wasser in den Abfluß. Als ich hinunterkomme, sitzt Mona auf der Terrasse bei einem Drink. Durch die offene Küchentür beobachtet sie, wie Madame fröhlich trällernd durch die Küche tanzt.
    »Du hast es gut mit dieser Haushälterin. Sie hat mich empfangen als lebte ich hier, mir ganz reizend mein Zimmer zurechtgemacht, Blumen hingestellt und gesagt, ich sollte jederzeit nach ihr rufen. Dann fragte sie, ob Madame für heute Abend einen besonderen Speisewunsch hätte. Damit meinte sie mich. Urkomisch. Wo bist du gewesen?«
    »Hör zu«, sage ich, aber in dem Moment kommt Madame Eugénie aus der Küche. Sie berichtet mit einem vor Eifer und Glück strahlenden Gesicht, daß das Kaminholz gekommen sei. Sie hätte es im Keller stapeln lassen. Jetzt könnte ich weiter feuern. Mona guckt verblüfft. Sie hat keine Ahnung, was vor sich geht.
    »Ich liebe

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