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Pern 06 - Der Weisse Drache

Pern 06 - Der Weisse Drache

Titel: Pern 06 - Der Weisse Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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die Weisheit seines Meisterharfners anfangen? Oder gar ohne seine kluge Voraussicht, sein waches Interesse an allem Neuen? Ärgerlich über sich selbst, schüttelte Jaxom seine düsteren Gedanken ab und versuchte sich auf die Gegenwart zu konzentrieren.
    Ein kehliges Summen lenkte seine Aufmerksamkeit zurück zur Brutstätte. Er hatte genug Gegenüberstellungen mitverfolgt und wußte, daß Ramoths Anwesenheit etwas Ungewöhnliches darstellte; schließlich war kein Königinnen-Ei mehr im Gelege.
    Er hätte nicht an der Stelle der Kandidaten sein mögen, die sich vor ihren ärgerlich kreisenden, rotglitzernden Augen und dem pendelnden Kopf zu fürchten schienen und immer enger
    zusammenrückten, anstatt sich im Kreis um die Eier zu scharen.
    »Zu beneiden sind die nicht«, raunte Menolly ihm zu.
    »Läßt sie die Kandidaten überhaupt an die Eier heran?« fragte Jaxom.
    Der Harfner schaute mit einem grimmigen Lächeln auf. »Hat 173
    den Anschein, als würde sie sich vergewissern, daß keiner der Anwärter vom Südkontinent kommt.« Wenn er sprach, wirkte Robinton wieder so energisch und lebhaft wie eh und je, und Jaxom fragte sich, ob sein Eindruck von vorher falsch gewesen war, beeinflußt vielleicht vom düsteren Licht in der Brutstätte.
    »Ein Glück, daß sie mich nicht so genau betrachtet.«
    Menolly hüstelte. Jaxom schloß aus dem Verhalten der
    beiden, daß sie erst vor kurzem im Süden unten gewesen waren. Was mochten sie dabei entdeckt haben?
    Mit einemmal stand ihm der kalte Schweiß auf der Stirn.
    Himmel, die Bewohner des Südens wußten, daß keiner von ihnen das Ei zurückgebracht hatte. Wenn Robinton nun
    ebenfalls im Besitz dieses Wissens war?
    Ein wütendes Zischen erklang von der Brutstätte. Bewegung kam in die Zuschauer. Eines der Eier war gesprungen, aber Ramoth stellte sich schützend davor und ließ keinen der Kandidaten in die Nähe. Mnementh, der draußen auf seinem Felsensims kauerte, trompetete los, und die Bronzedrachen im Innern des Kessels begannen zu summen. Ramoth hob den Kopf, spreizte die grüngolden schimmernden Flügel und stieß einen heftigen Antwortschrei aus. Die Bronzedrachen versuc hten sie zu besänftigen; Mnemenths Schmettern dagegen war eindeutig ein Befehl.
    Ramoth ist sehr aufgeregt, berichtete Ruth seinem Freund.
    Der weiße Drache hatte sich unauffällig an einen sonnigen Fleck neben dem Badeteich des Weyrs zurückgezogen.
    Mnementh meint, sie solle nicht albern sein. Erst wenn die Jungen ausgeschlüpft sind und die Kandidaten ihre Schützlinge in Empfang genommen haben, wird wieder Sicherheit einkeh-ren.
    Der Zuspruch der Bronzedrachen verstärkte sich, und Ramoth trat langsam, immer noch wütend, von den Eiern zurück. Einer der älteren Jungen, der sich tapfer in die erste Reihe gestellt hatte, verbeugte sich tief vor ihr und trat dann auf das gesprun-174
    gene Ei zu, aus dem sich kreischend ein kleiner Bronzedrache hervorarbeitete.
    »Der Kerl besitzt Mut und Geistesgege nwart«, meinte Robinton anerkennend. Er beobachtete das Geschehen jetzt aufmerksam. »Genau, was Ramoth gebraucht hat – einen Beweis der Hochachtung. Ihre Augen kreisen jetzt langsamer, und sie senkt die Schwingen. Gut – sehr gut!«
    Zwei weitere Kandidaten folgten dem Beispiel, verneigten sich vor Ramoth und gingen rasch auf die Eier zu, die heftig umherschaukelten, während die kleinen Drachen von innen die Schale zu sprengen versuchten.
    »Da, seht, der Bronze-Drache gehört ihm! Er hat ihn ve rdient«, sagte Robinton und klatschte Beifall, als der Junge mit dem tolpatschigen Geschöpf dem Ausgang der Brutstätte zustrebte.
    »Wer ist das?« wollte Menolly wissen.
    »Der Statur und den Farben nach ein Sohn des Baron von Telgar – scheint den scharfen Verstand des Vaters geerbt zu haben.«
    »Kirnety von Fort bekommt ebenfalls einen Bronze-Drachen«, berichtete Menolly erfreut. »Hab’ ich es nicht gesagt?«
    »Ich kann mich auch mal täuschen, Mädchen, oder nicht?«
    entgegnete Meister Robinton friedfertig. »Unfehlbarkeit wäre langweilig. Sind auch von Ruatha Bewerber hier, Jaxom?«
    »Zwei, aber ich kann sie von hier aus nicht erkennen.«
    »Es ist ein großes Gelege«, meinte Robinton. »Die Chancen stehen gut.«
    Jaxom beobachtete fünf Jungen, die sich um ein großes, grüngeflecktes Ei scharten. Er hielt den Atem an, als der Kopf des kleinen Drachen durch die Schale stieß. Das winzige Geschöpf schüttelte sich und ließ die Blicke von einem der Kandidaten zum anderen wandern.

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