Pern 11 - Die Weyr von Pern
heißt, daß er seinen Verstand gebraucht«, gab Lytol zurück. »Aber es sind schließlich die noch unentschlossenen Burgherren, die für die eine oder andere Seite gewonnen werden müssen: Sigomal, Nessel und Deckter.«
»Deckter wird Ranrels Hafenerneuerung zu würdigen wissen.
Er denkt in solchen Dingen wie ein Kaufmann. Blesserel und Terentel haben nichts getan, um Tillek zu fördern.«
»Sigomal wird sich auf Blesserels Seite stellen, wenn auch nur, weil er es dem Jungen ermöglichen will, seine Spielschulden zu bezahlen. Sie wissen doch, Bitra wendet sich stets markenwärts.«
Der Burgtrompeter erschien an der massiven Eingangstür und blies das Zehnminutensignal. Das Stimmengewirr verstummte kurz, um wieder erregt anzuschwellen, sobald die fünfzehn Burgherren der Treppe zustrebten. Lytol suchte nach Jaxom und winkte ihn unauffällig zu sich, als er, Arm in Arm mit Sharra, aus der Menge auftauchte. Jaxoms Gesicht leuchtete auf, als er neben seinem früheren Vormund den Harfner entdeckte.
»Meine liebe Baronin, Sie strahlen heller als der Tag.«
Robinton erhob sich und drückte Sharra herzlich die Hand.
»Hat denn jeder hier dazu beigetragen, daß Zurg reicher wurde?«
Sharra lachte über das übertriebene Kompliment. Trotz ihrer 277
Größe mußte sie sich auf die Zehenspitzen stellen, um dem Harfner einen Kuß auf die Wange zu drücken. »Sogar Meister Norist«, flüsterte sie ihm ins Ohr und wies kichernd mit einer Kopfbewegung auf den Glasmachermeister, dessen prächtiger, gelbroter Staat aus der Menge hervorstach. »Hat niemand den Mut aufgebracht, ihm zu sagen, wie sehr Zurgs Gilde von den Informationen des >Monstrums< profitiert hat?«
Robinton brach in schallendes Gelächter aus und überwand allmählich seinen Groll auf Lytol.
Sharra befühlte anerkennend seinen elegant gebauschten, dunkelblauen Ärmel. »Sie haben die vielen Anproben und Stecknadeln also auch über sich ergehen lassen?«
»Das ist mir erspart geblieben«, erklärte Robinton von oben herab. »Meister Zurg hat seit Jahren meine Maße, und diese bunten Fetzen hat er mir im Namen seiner Gilde zum Dank für die ergiebigen Gespräche mit Akki zum Geschenk gemacht.«
Sharra sah ihn mit gespieltem Abscheu an. »Und ich habe Sie für den ehrlichsten Menschen auf ganz Pern gehalten.«
»So ehrlich ist nicht einmal Lytol.« Robinton zeigte auf den Rücken des ehemaligen Ruatha-Vormunds, der gerade im Begriff war, neben Jaxom den Großen Saal von Tillek zu betreten. »Aber Lytol als ehemaliger Weber hat schon immer großen Wert auf Kleidung gelegt.«
»Wenn Jaxom diese Marotte nur von ihm übernommen
hätte!« Sharra krauste die Nase. »Ich hatte einen so wunderbaren Stoff ausgesucht, eines von diesen neuen Brokatgeweben in einem herrlich satten Blaugrün, und er hat es geschafft, zu keiner einzigen Anprobe zu gehen.«
»Ich fürchte, er hat andere Dinge probiert.« Robinton konnte sich das Wortspiel nicht verkneifen.
»Sie sind unmöglich!« Sharra verdrehte die Augen und lachte.
Was für ein wohlklingendes, perlendes Lachen, dachte Robinton lächelnd. Zair, der auf der Schulter des Harfners hockte, 278
zirpte beifällig.
In diesem Moment schlug der Verwalter von Tillek das große Burgtor so energisch zu, daß es über den ganzen Vorhof hallte.
Der Harfner und Sharra standen so nahe, daß sie sogar das Klirren vernahmen, mit dem der Schlüssel umgedreht wurde.
Alle Gespräche verstummten. Die Küchentüren gingen auf, und eine ganze Prozession von Mägden strömte heraus, um den Gästen mit Tabletts voller Klah, gekühltem Fruchtsaft und Knabberzeug das Warten bis zur Verkündung der Entscheidung erträglicher zu machen.
*
Für die im Großen Saal versammelten Burgherren war das Klirren ein Zeichen, ihre Plätze um den runden Tisch einzunehmen, wo bereits feine Gläser, kleine Kannen mit Klah, Krüge mit Wein und Schalen mit saftigen Früchten bereitstan-den.
Am Abend zuvor hatte Jaxom zusammen mit den Weyrfü hrern von Benden, Lytol, Meister Robinton, D'ram und Sebell an einer Besprechung in kleinem Kreis teilgenommen. Das Thema war er selbst gewesen. Er war der jüngste Burgherr, und obwohl er längst bewiesen hatte, daß er mindestens ebenso fähig, wenn nicht sogar fähiger war als so mancher von den Älteren, hatten ihm viele seine Jugend noch immer nicht verziehen.
»Schon gar nicht«, ergänzte Sebell und sah Jaxom um Verzeihung heischend an, »seit du so eng mit Akki zusammen-arbeitest.«
»Das hätte ich mir
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