Pern 11 - Die Weyr von Pern
»Er bestand darauf, schließlich müssen Lytol und ich notgedrungen 269
am Konklave teilnehmen.«
»Als ob Sie sich das entgehen lassen würden«, bemerkte Lessa mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Diesmal schon gar nicht«, gab Robinton ihr freundlich recht.
*
Im Frühling war die Burg von Tillek am schönsten, denn unter dem strahlend blauen Himmel wirkten die Granitfelsen heller, und manchmal glitzerten einige Flächen für einen flüchtigen Moment wie Silber in der Sonne. Aus den luftigen Höhen des obersten Stockwerks hatte man nach Norden wie nach Süden eine wunderbare Aussicht; an klaren Tagen wie dem heutigen konnte ma n über das Vorgebirge und das dahinter steil abfallende Gelände bis zur Südküste sehen. Heute wehten Fahnen aus allen Fenstern, Tücher in kräftigen Farben, die sich vom grauen Stein abhoben wie leuchtendbunte Intarsien.
Das tief eingeschnittene, natürliche Hafenbecken unterhalb der Burg und die kleineren Gehöfte und Katen auf den Terrassen, aus denen sich die Siedlung Tillek zusammensetzte, waren ebenfalls mit Fahnen, bunten Bändern und sogar mit Girlanden aus verschiedenen gelben Frühlingsblumen geschmückt.
Ranreis jüngste Umbauten an den Hafenanlagen wurden nun auf die Probe gestellt. Viele Leute hatten sich entschlossen, die Westküste heraufzusegeln, um am Konklave und den Festlich-keiten im Anschluß an die Wahl des neuen Burgherrn teilzunehmen. Aber die Ankerplätze waren so zahlreich, daß nicht einmal diese Unmenge von großen und kleinen Schiffen das Fassungsvermögen des Hafens sprengte.
Zu Jaxoms Überraschung kam Ruth über dem Hafenbecken aus dem Dazwischen, so daß er und Sharra einen ausgezeichne-ten Blick auf das rege Treiben hatten. Offenbar hatte man auch 270
noch das letzte kleine Paddel-oder Ruderboot für den Fähr-dienst zwischen den Besucherschiffen und dem neuen Kai eingesetzt.
An jeder Ufertreppe schaukelte eine ganze Kette von Kähnen, die darauf warteten, ihre festlich gekleideten Insassen an Land setzen zu können.
Nun verstand Jaxom auch, warum Ruth über dem Wasser kreiste. Über der Burg drängten sich bereits so viele Drachen, daß sein Weyrgefährte trotz seiner vielgepriesenen Geschicklichkeit Mühe gehabt hätte, einen Zusammenstoß zu vermeiden.
»Wir hätten Jarrol und Shawan doch mitnehmen sollen, Jax«, schrie ihm Sharra ins Ohr. »Die vielen bunten Farben und der Trubel hätten ihnen sicher gefallen.«
Jaxom zuckte nur die Achseln; er war ganz froh, daß man Sharra diesen Plan ausgeredet hatte.
Der Tag würde anstrengend genug werden, auch ohne daß er ständig zwei lebhaften und unternehmungslustigen kleinen Jungen hinterherlaufen mußte. Außerdem wollte er Sharra heute ganz für sich allein haben.
»Das ist sicher nicht die letzte Wahl eines Burgherrn, zu der wir geladen sind, mein Liebes, und wenn die beiden erst älter sind, haben sie mehr davon«, rief er ihr über die Schulter zu.
Ruth ging in Sinkflug, aber mit mehr Würde als sonst, damit sich der schwere Stoff von Sharras Robe nicht im Wind blähte.
»Die unvermuteten Gefahren des Drachenreitens«, murrte Sharra und hielt die Röcke fest, so gut sie konnte, während Ruth in langsamen Spiralen tieferging und sich im Gewühl des Vorhofs einen Landeplatz suchte. Dann fügte sie hinzu, auf ein Gespräch zurückkommend, bei dem sie der Eintritt ins Dazwischen unterbrochen hatte: »Darf ich übermorgen wirklich mit dir auf die Yokohama?«
»Aber gewiß.«
Jaxom war glücklich über die Vorfreude in ihrer Stimme.
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»Akki sagt, wir brauchen das Sauerstoffrecycling, um die Zeit an Bord sinnvoll zu nützen, auch wenn wir uns längst nicht in allen Teilen des Schiffes aufhalten werden. Um im Frachtraum und im Maschinenraum eine atembare Atmosphäre zu erzeugen, ist eine ganze Menge Sauerstoff erforderlich, und wir können nicht ständig Tanks hin-und herschleppen. Du und Mirrim, ihr schafft das bestimmt. Schließlich sind euch die Programme und die Anweisungen zum Aussetzen der Algen in Fleisch und Blut übergegangen. Du hast die einzelnen Schr itte noch im Schlaf vor dich hingemurmelt.« Er drehte sich um und lächelte sie strahlend an. Nun würde er Gelegenheit bekommen, gemeinsam mit ihr vom Weltraum aus auf Pern hinabzu-schauen, und auch sie würde endlich mit in das Projekt einbezogen werden, das ihn, wie er sich ganz offen eingestand, mit Haut und Haaren zu verschlingen drohte. »Außerdem sagt Akki, das Programm sei zwar völlig narrensicher, aber zuerst müsse das
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