Pern 11 - Die Weyr von Pern
dicken, verspiegelten Auffangbehälter.
»Die blaue Flüssigkeit ist Luft, Luft aus diesem Raum«, erklärte Akki. »Wir komprimieren sie und lassen sie dann so rasch expandieren, daß sie abkühlt. Das wiederholen wir so lange, bis sich ein winziger Bruchteil davon verflüssigt.«
»Faßt die Radiatorspeichen nicht an«, mahnte Meister Morilton. »Sonst bekommt ihr Blasen an den Fingern. Dies hier, Meister Robinton« - er lächelte dem Gast zu -, »ist ein Mehr-phasenkühler, etwas ganz anderes als der Eisschrank, mit dem Sie auf Ihrem Landsitz an der Meeresbucht Fruchtsäfte und Lebensmittel kühlhalten.«
Robinton nickte verständnisinnig.
»Die letzte Phase ist die schwierigste«, sagte Akki, und Meister Morilton forderte Caselon mit einem Wink auf, seinen Kolben zu füllen. Die flüssige Luft begann zu brodeln, bis sie Caselons Kolben auf die gleiche Temperatur heruntergekühlt hatte, und der Raum füllte sich mit Nebel. Robinton trat zur Seite, als etliche perlmuttfarbene Tropfen über den Fußboden auf ihn zugelaufen kamen. »Und nun, Caselon«, ordnete Akki an, »kehren Sie an Ihren Arbeitsplatz zurück, um dort die ungewöhnliche Verhaltensweise flüssiger Luft zu beobachten.«
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Caselon war bereits damit beschäftigt, als er den Raum verließ.
»Spiele mit Luft?« fragte Robinton verdutzt, dann bemerkte er Meister Moriltons wissendes Lächeln.
»Flüssiges Helium«, fuhr Akki fort, »beziehungsweise alle derartigen Flüssigkeiten können gleichzeitig in entgegenge-setzte Richtungen fließen; sie kriechen aus hohen Gefäßen oben heraus, ohne auf dem Boden etwas zurückzulassen, und durch winzig kleine Löcher dringen sie schneller, sehr viel schneller sogar als durch große. Füllen Sie sich doch selbst einen Kolben mit flüssiger Luft, Meister Robinton, und experimentieren Sie damit. Dies ist einer der gefährlichsten und deshalb lehrreichsten Versuche für die Schüler. Jancis, Sharra, auch für Sie sind Kolben vorhanden; dieses Experiment ist für Sie beide wichtig.« Die beiden Mädchen grinsten sich so verlegen an, daß Robinton vermutete, sie wüßten nicht, warum.
»Sobald Sie sich mit flüssiger Luft vertraut gemacht haben, können wir anfangen, uns mit den besonderen Eigenschaften von flüssigem Wasserstoff und insbesondere von flüssigem Helium zu beschäftigen.«
»Wenn es gefährlich ist, warum machen wir es dann?« fragte der Harfner.
»Gefahren können ein ausgezeichnetes Mittel der Erziehung sein«, antwortete Akki.
»So ist es zum Beispiel unwahrscheinlich, daß Caselon noch einmal vergißt, seine Mischung abzuklopfen, ganz gleich, wie viele Glaseinsätze er von nun an bläst.«
Erst eine Stunde später kehrten Robinton und Lytol, den der Meisterharfner ebenfalls für die Flüssiggasexperimente hatte begeistern können, an ihre gewohnten Pflichten zurück.
Immer mehr Gebäude in Landing wurden bezogen. Man hatte viele der Artefakte, die so lange in den Catherine-Höhlen gelagert hatten, wieder in Gebrauch genommen, allerdings verlangten die Hüter, daß jeweils ein Exemplar zurückbehalten 170
und in Meister Esselins Archivgebäude ausgestellt werden müsse. In der einst verlassenen Stadt herrschte wieder reges Treiben. Wo man Wege und kleine Höfe freigelegt hatte, spitzten sogar schon wieder Gras und Unkraut aus der Erde.
»Ist es nicht verrückt, diese Siedlung wieder zum Leben zu erwecken?« fragte Lessa eines Abends. Sie und F'lar hatten zusammen mit Jaxom, Robinton, D'ram, Piemur und Jancis im Akki-Gebäude gespeist. »Die Vulkane könnten doch von neuem ausbrechen.«
»Ich habe Akki darauf angesprochen«, sagte Lytol, »und er antwortete, er würde die seismische Aktivität natürlich überwachen. Einige der Instrumente, die der Vulkanologe der Siedler aufstellte, arbeiten immer noch. Außerdem hat er mir versichert, daß sich in der ganzen Kette kaum etwas regt.«
»Und das ist positiv?« fragte Lessa immer noch skeptisch.
»Akki sagt, ja«, antwortete Lytol.
»Es wäre schrecklich, alles zu verlieren, was wir wiederauf-gebaut haben«, sagte F'lar.
»Leider«, bemerkte Lytol, und ein ironisches Lächeln umspielte seine Lippen, »kann Akki nicht verlegt werden.«
»Dann wollen wir uns nicht über Dinge den Kopf zerbrechen, die sich vielleicht gar nicht zum Problem auswachsen«, entschied Robinton. »Wir haben genügend andere Sorgen. Zum Beispiel, wie wir mit Meister Norist verfahren wollen. Wie Sie wissen, hatte er gedroht, Meister Morilton den Meistertitel
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