Pern 12 - Die Delphine von Pern
im Süden hatten nicht so viele Gelegenheiten wie die im Norden, den traditionellen Pflichten nachzukommen. Und so sandten sie die Nachricht aus, daß Afo und Kib mit im Meer verunglückten Mensche gespielt hatten. Es war ein großer Augenblick gewesen, denn sie hatten Menschenworte verwendet, und die Mensche hatten auch mit ihnen gesprochen und dabei die alten Worte der Höflichkeit benutzt. Und so übte Kib seine Geschichte und murmelte sie ins Wasser, während er die Worte seines Berriichets schwamm. Er sandte die Rufe aus, damit sie von Schule zu Schule wiederholt wurden, bis sie bei der Tillek ankamen.
Vielleicht war dies die Zeit, deren Kommen die Tillek versprochen hatte: wenn die Mensche sich wieder daran erinnerten, daß sie mit dem Meeresvolk sprechen konnten, und wieder zu Partnern wurden.
Die Botschaft wanderte zur Tillek, die sie vom einen Ende des Meeres zum anderen wiederholen ließ, für alle Schulen in den Wassern Perns. So viel Glück wurde beneidet, und manche hätten sich gerne der auf diese Weise ausgezeichneten Schule 35
angeschlossen. Afo, Kib, Mel, Temp und Mul schwammen schnell und stolz, mit großen Sprüngen.
Und Mel fragte sich, ob die Mensche wohl noch wußten, wie man Blutfische entfernte, denn es hatte sich einer an ihm festgesaugt, den er einfach nicht loswurde, wie sehr er sich auch bemühte.
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2.
Irgendwann nach der dritten Wiederholung ihres Abenteuers schlief Readis in dieser Nacht ein.
»Er hat es so flüssig erzählt wie ein Harfner«, bemerkte sein Vater etwas verdrießlich.
»Wenn du ihm nur deutlich gemacht hast«, sagte Aramina mit besonderem Nachdruck, »daß er nic ht hinausschwimmen oder segeln darf ...«
»Du weißt doch, daß die Jolle weg ist«, warf Jayge beruhigend ein.
»... um diese Geleitfische zu suchen«, beendete sie ihren Satz und starrte ihn wütend an.
»Du hast doch sein Versprechen gehört, 'Mina, daß er allein nicht zu nahe ans Wasser herangeht. Er ist ein Kind, das zu seinem Wort steht.«
»Hmmm«, brummte Aramina bedenklich.
Doch in den nächsten zwei Tagen achtete sie genau darauf, wo ihr Sohn sich aufhielt, und er war nicht ungehorsam, wenn sie auch beobachtete, wie er oft die Augen mit der Hand gegen die Sonne abschirmte und über das ruhelose Wasser des Südmeeres hinausblickte. Widersinnigerweise machte sie sich nun Sorgen, er könnte Angst vor dem Meer bekommen haben.
Als sie dies zögernd ihrem Mann gegenüber erwähnte, bestritt Jayge energisch, daß bei Readis auch nur ein Ansatz von Furchtsamkeit vorhanden sein könnte.
»Er gehorcht dir - das wolltest du doch von ihm, oder?«
fragte Jayge. »Du kannst nicht beides auf einmal haben.«
Aramina seufzte und wurde dann durch Aranya von ihrer Sorge um Readis abgelenkt, als diese vor Wut laut aufheulte, weil ihr Spielzeugwagen immer wieder sein Rad verlor.
Am nächsten Tag, als die Gutsbewohner gerade Mittagspause machten, erhielt Aramina eine höfliche Nachricht von Ruth, er 37
und Lord Jaxom kämen zu Besuch. Sie erzählte es ihrem Mann. Auf dem Weg zur Küche, wo sie für Jaxom seine
Lieblingsfruchtsäfte zubereiten wollte, wandte sie sich plötzlich verwirrt um.
»Sie sind schon hier im Paradiesgebiet«, sagte sie. Dann ging sie zum Rand der überdachten, schattigen Veranda und schaute zum Himmel empor, in dem sich jedoch keine Drachengestalt abzeichnete. »Aber wo? Sieht das Jaxom nicht wieder ähnlich?
Aber warum sollte er mir sagen, daß er kommt, wenn er schon da ist? ... Ach, vielleicht habe ich Ruth mißverstanden. Das passiert hin und wieder.« Mit einem aufgebrachten Seufzer ging sie achselzuckend ins Haus.
Jayge setzte sich an einer Stelle nieder, wo er den Umkreis des Hauses gut im Blick hatte und legte die Füße aufs Gelä nder.
Die Tage, als Aramina jede einzelne Drachenunterhaltung mitgehört hatte, waren längst vorbei - zu ihrer unendlichen Erleichterung. Jetzt mußten die Drachen speziell an sie denken, um ihr eine Botschaft zu übermitteln. Jayge konnte sich nicht vorstellen, was Ruth aufgehalten haben mochte, der normalerweise nach einer Ankündigung seines Kommens prompt
auftauchte. Lord Jaxom von Burg Ruatha war immer willkommen, doch Jayge lächelte beim Gedanken an Readis'
überraschtes Gesicht, wenn er von seinem Mittagsschlaf aufwachen und den weißen Drachen sehen würde.
»Nicht, daß das jetzt für ihn die gleiche Bedeutung haben würde wie das Schwimmen mit einem Delphin«, murmelte
Jayge vor sich hin. Eigentlich gut, daß Ruth und
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