Perry Rhodan - Die Chronik - Band 3
nachdenklicher machte mich die Tatsache, dass der Lektor Günter M. Schelwokat sich nicht scheute, mir das am Telefon knallhart überzubügeln, samt dem Zusatz, dass ich mich besser nicht auf eine dauerhafte Mitarbeit einstellen solle, denn so ein Jahr gehe nun mal schnell vorbei – der Mann hatte es echt drauf!
Wie auch immer: Um die Sache richtig auszunutzen, bot man mir sogar die Mitarbeit an der damals erfolgreich laufenden ATLAN-Serie an. Und ich griff zu.
ATLAN war sozusagen Kreisklasse – PERRY RHODAN war die Bundesliga. Dort gab es auch ein bisschen mehr Knete. Aber nachdem ich den Lektor Günter M. Schelwokat kennengelernt hatte, war mir klar, dass ich es dorthin nicht so leicht schaffen würde. Eines Tages bot sich mir trotzdem eine Chance.
Es begann damit, dass irgendein Typ einen Leserbrief schrieb (ich hab ihn noch irgendwo), in dem er sich über die (angeblich oder tatsächlich) stereotype Darstellungsweise weiblicher Figuren innerhalb der PERRY RHODAN-Serie beschwerte. Kurt H. Bernhardt, der damalige Chef-Redakteur, schickte mir eine Kopie dieses Briefes mit der Aufforderung, mich dazu zu äußern und einen Vorschlag für eine weibliche Hauptfigur in spe auszuarbeiten. Geschickterweise verband er das Ganze mit einem (für meine damaligen Begriffe) recht guten Honorar. Dem konnte ich nicht widerstehen. Also setzte ich mich hin und schrieb etwas – einmal zu Frauen in der Serie allgemein, und dann etwas über eine weibliche Figur im Besonderen.
Der Gag daran war für mich, dass ich zu meinen Garry McDunn-Zeiten selbst niemals weibliche Hauptfiguren verwendet hatte. Warum? Keine Ahnung – es war eben so. Frauen waren damals in der SF einfach nicht in. Man brauchte sie als Dekoration und zum Fabrizieren spitzer Schreie. Sie durften sich aus größten Gefahren retten lassen oder mit ihren ›typisch weiblichen‹ Marotten Gefahrensituationen überhaupt erst heraufbeschwören, damit die großen Helden bei deren Beseitigung glänzen konnten. Außerdem waren sie sehr nützlich als Dialogpartner für den genialen Konstrukteur, wenn er dem hübschen blonden Mädchen den Überlichtantrieb erklärte. Das ist ein ganz einfacher dramaturgischer Trick. Um diese schwierige Materie der technisch völlig unbeleckten jungen Dame nahezubringen, muss sich der geniale Konstrukteur einfachster Begriffe und Gleichnisse bedienen – und der Autor kann auf diese Weise wunderbar die Tatsache verschleiern, dass er selbst natürlich auch keinen blassen Dunst davon hat, wie das verdammte Ding funktioniert. (Wie sollte er auch – wenn er einen wahrhaft funktionierenden Überlichtantrieb beschreiben könnte, bräuchte er sich nicht mehr mit irgendwelchen Romanen abzumühen, sondern säße auf seiner privaten Südseeinsel von der Größe halb Floridas und zählte seine Moneten.)
Als Willi Voltz mir die Sache mit dem Jahr der Frau und meinem Pseudonym erklärte (Kurt H. Bernhardt delegierte solche Sachen gerne an andere), unterbreitete er mir den Vorschlag, den Vornamen ›Jennifer‹ zu benutzen, weil er den besonders schön fand. Als ich nun daranging, diese weibliche Figur auszuarbeiten, ahnte ich bereits, dass meine Mitautoren von Bernhardts Initiative in Sachen Weiblichkeit nicht unbedingt begeistert sein würden. Meine erste PR-Figur würde alle Unterstützung brauchen, die sie irgendwie kriegen konnte. Und so nannte ich sie ›Jennifer‹ – Jennifer Thyron.
Ich hatte die Vorstellung, dass man sie langsam, über mehrere Romane hinweg, aufbauen sollte (wobei ich keineswegs damit rechnete, dass man mir auch nur einen dieser Romane übertragen würde, denn bei der anschließenden Konferenz, zu der ich eingeladen wurde, merkte ich sehr schnell, dass ich mit meinen Befürchtungen richtig lag: Frauen waren in der Serie tatsächlich ein heikles Thema – in jeder Beziehung). Auf keinen Fall sollte sie a) gleich zu Anfang mit einem der großen Unsterblichen liiert werden (alle Frauen dieser Art gediehen in null Komma nix zu bloßen Accessoires der hohen Herren) und/oder b) einen Zellaktivator (und damit die relative Unsterblichkeit) verliehen bekommen. Zu meiner großen Überraschung bekam ich tatsächlich ein Exposé zugeteilt. Hauptfigur: Jennifer Thyron. Liiert mit dem Zellaktivatorträger Ronald Tekener und am Ende des Romans selbst mit einem Aktivator behängt …
Die noch größere Überraschung kam hinterher: Lektor Günter M. Schelwokat rief mich an und teilte mir kurz und knackig mit, mein Roman sei reiner Schund
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