Perry Rhodan Neo 021 – Der Weltenspalter
menschlichen Auge begreiflich zu machen: Die Bilder froren ein, ließen dem Auge Zeit, sie zu erfassen, und erst dann wechselten sie wieder. Tatjana Michalowna, Crest und Trker-Hon wünschten sich, der eine früher, der andere später, sich dieser Bildfolge entziehen zu können, aber es war umsonst. Die Mentalprojektionen der Orgh hielten sie in ihren Visionen gefangen.
Eine Tausende Kilometer lange, schmale, aber nur hauchdünne blauweiße Energieklinge entsprang der Scheibe des Weltenspalters und raste in einem einzigen gewaltigen Hieb durch den Planeten.
Sie sahen, was Crest sah: die Schiffe der Methans, hinweggefegt. Eine Welt, die auseinanderbrach, in zwei Hälften gespalten, an den Schnittflächen von einem Netz blauweißer Energiefäden gehalten und vor dem endgültigen Zerbrechen bewahrt.
Sie sahen, was Trker-Hon sah: Es war nur ein einziger flammender Schnitt, der die Atmosphäre zerriss, widerstandslos durch gewaltige Gebirge drang, in tiefen Meeren nicht gebremst wurde oder erlosch und der sich nicht um das Magmaherz einer Welt scherte.
Sie sahen, was Tatjana Michalowna sah: Das Leuchten schlug nicht nur einfach ein, es zerteilte den Boden und raste tiefer, so weit ihr Blick reichte. Häuser wurden zerhauen, ganze Gebirgsrücken, so abgeschleift sie waren, fielen auseinander. Dann kam das Feuer, das hervorbrach wie das Herzblut des Planeten, geschmolzenes Gestein, brennendes Gas ... Sie sah ihren Nachbarn sich in der unerträglichen Hitze auflösen. Ihr Mund brannte, die Füße schmolzen ...
Ein einziger Schnitt, chirurgisch, schnell und kaum erkennbar, selbst wenn man jede Bildsekunde in hunderttausend Bilder auflöste. Bilder, die sprachen.
Crest löste sich aus der Projektion. Seine Augen tränten. Eine solche Macht ...
Trker-Hon schüttelte die aufgezwungenen Bilder ab. Eine furchtbare Waffe ...
Tatjana Michalowna wachte auf und entkam dadurch dem Tod, der sie bereits verschlungen hatte.
»Entbehrt die Hoffnung, zur Steigerung Ihrer Zufriedenheit beigetragen zu haben, der Realität?«, zerbrach die fremdartige Stimme Gal-Enns die Stille, nachdem die Präsentation beendet war.
»Es ist nicht weniger, als wir erwarteten«, sagte Tatjana Michalowna, obwohl ihr speiübel war. Das, was sie eben gesehen hatte, war unmöglich, reine Phantasie. Einen Planeten buchstäblich zu teilen und beide Hälften zu erhalten ... das war keine Technologie, das war Zauberei.
Crest gab ein würgendes Geräusch von sich. Seine Hände krampften sich um die Armlehnen, ob vor seelischem oder körperlichem Schmerz, ließ sich nicht sagen.
»Und Sie sind sicher, dass Sie die Arbeiten innerhalb von zwei Tagen abschließen und die vollständige Funktionsbereitschaft des Weltenspalters garantieren können?«, fragte Trker-Hon so gleichmütig, dass jeder Narr erkennen musste, dass er schauspielerte.
»In zwei Tagen«, bestätigte Gal-Enn. »Ich nehme an, unsere Existenz findet damit Berechtigung?«
Michalowna überlegte nur kurz. »Ich werde es in meinem Bericht empfehlen«, gab sie zurück.
Primärkollision mit sinkender Wahrscheinlichkeit, dachte Gal-Enn erleichtert. Quartärerfolge wahrscheinlich. Folgewirkungen sekundär und tertiär denkbar.
»Für heute werden wir Sie wieder Ihren Arbeiten überlassen. Hüten Sie sich, uns zu enttäuschen.«
Gal-Enn ging voraus. »Eine Enttäuschung ist ... zzzhhh ... nicht beabsichtigt.«
Crest zitterte beim Verlassen des Weltenspalters, zumindest fühlte er sich so, als habe er keine Kontrolle mehr über seinen Körper. Das war grauenvoll, dachte er.
Märchenhafte Technologie, meldete sich der Extrasinn. Hier zur Zerstörung eingesetzt. Das schließt nicht aus, dass der Weltenspalter zu anderen Zwecken konstruiert wurde.
Welchem anderen Zweck außer der Kriegführung könnte er dienen?
Das eben sollten wir herausfinden. Und vor allen Dingen: was aus ihm geworden ist.
Crest drängte den Schmerz zurück, der ihm die Brust eng werden ließ. Dürfen wir überhaupt zulassen, dass so etwas existiert? Selbst wenn es der einzige Weg ist, den Krieg zu gewinnen?
Der Extrasinn schwieg einen Moment. Dürfen wir in der Vergangenheit herumpfuschen mit unserem begrenzten Horizont? Denk daran, dass der Imperator über den Einsatz dieser Waffe entscheiden wird, und der Imperator ist weise. Er wird sie nicht einsetzen, egal, was die Militärstrategen ihm empfehlen.
Es waren andere Zeiten als heute, dachte Crest. Ich weiß nicht, wie groß die Not des Imperiums wirklich ist.
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