Perry Rhodan Neo 9: Rhodans Hoffnung (German Edition)
der Sonne im Schneidersitz auf dem Boden. Das Tablet im Schoß, das er offenbar nie aus der Hand gab. Er murmelte fremde Silben, als meditiere er.
Vielleicht tat er das auch. Aber in erster Linie lernte er Arkonidisch. Eine Sprache, die sich ihm hartnäckig zu entziehen suchte.
Julian hatte keinen Zweifel, dass Timothy sie bezwingen würde. Dem schlaksigen Jungengesicht, das der Sportler und Frauenheld Julian Tifflor in seinen Highschool-Jahren nicht einmal einer bissigen Bemerkung für würdig befunden hätte, wohnte eine Stärke inne, die ihn beeindruckte.
Timothy Harnahan würde seinen Weg gehen – wohin dieser ihn auch führen mochte.
»Guten Morgen!«, sagte Julian. Er machte sich aus Mildreds Griff los und richtete den Oberkörper auf.
»Morgen!«, antwortete Timothy, ohne den Kopf zu wenden. »Fünf Minuten, okay?«
»Okay.«
Timothy murmelte weiter seine arkonidischen Vokabeln. Julian lehnte sich über Mildred. Er rüttelte an ihr, flüsterte ihr sanft ins Ohr. Lange geschah nichts, dann schreckte Mildred hoch. Sie rückte von ihm ab, als habe sie aus Versehen einen Fremden umarmt. Ihre Augen weiteten sich. Wut blitzte in ihnen auf. Auf sich selbst, die Julian in ihr Innerstes Einblick gegeben hatte. Auf Julian, der in ihr Innerstes gesehen hatte. Dann war es vorüber, und sie sagte beiläufig: »Schon Morgen?«
Julian nickte.
Wortlos löste Mildred sich von den selbst aufblasbaren Feldmatten der chinesischen Armee, die ihnen als Bett gedient hatten, und zog sich an.
Julian sah ihr zu und fragte sich, wieso er von Mildred nicht lassen konnte. Sie war schön, auf ihre Art. Nicht wie die Highschool Queens und Cheerleader, denen Julian in seinen Teenagerjahren nachgestellt hatte. Diese Mädchen waren Kunstwerke auf zwei Beinen gewesen. Sorgfältig arrangierte Schönheiten, die endlos lange im Badezimmer gebraucht hatten. Mildred Orsons war meist schneller aus dem Bad, als er brauchte, um sich anzuziehen. Zähne putzen, ein Spritzer Wasser ins Gesicht, Deo unter die Achseln – mehr stand für gewöhnlich nicht auf Mildreds Programm. Mehr brauchte es auch nicht. Mildred Orsons machte immer eine gute Figur. Egal, was sie trug. Egal, was sie anfing.
Und das war, erkannte Julian, was sie von allen anderen Mädchen und Frauen unterschied, mit denen er zu tun gehabt hatte. Mit den anderen hatte man zum Drive-in fahren können, auf dem Rücksitz herummachen, in Clubs bis zum Morgengrauen tanzen. Nicht übel für den Anfang, aber Julian zu wenig. Mit Mildred konnte man buchstäblich alles unternehmen – nicht zuletzt mit ausgemusterten ehemaligen indischen Militärmotorrädern die Wüste Gobi durchqueren, um in einer wenige Tage alten Stadt nach dem Tor zu den Sternen zu suchen.
Mildred hätte seinem Vater gefallen. Er ...
»Und, fertig gestaunt?« Mildred war nicht entgangen, dass er sie beobachtete. Sie drehte sich zu ihm, beide Hände in die Hüften gestemmt. Vorgeblich wütend, aber tatsächlich geschmeichelt von seiner Aufmerksamkeit.
Julian ließ demonstrativ seinen Blick von oben nach unten über sie wandern. Dann versuchte er sich an seinem schmierigsten anzüglichen Grinsen und sagte: »Weiß nicht ... kommt noch mehr?«
»Klar. Hier!«
Er sah einen Schemen auf sich zukommen. Im nächsten Moment traf ihn sein zusammengeknülltes T-Shirt mitten ins Gesicht.
»Na, Herr Raumkadett? Sind wir jetzt bereit, zu den Sternen aufzubrechen?«
Timothy, Julian und Mildred halfen an einem Versorgungsstand im inneren Bezirk der Stadt. Genauer gesagt: Sie waren der Versorgungsstand. Die übrige Besetzung des Standes erschien nicht. Sie lag, wie Timothy über TerraNet herausfand, im Krankenhaus Terranias. Magen-Darm-Komplikationen.
»Das Übliche«, sagte Timothy, als er das Tablet in der Oberschenkeltasche seiner Cargohose verstaute. »Menschen von überall her kommen zusammen – und ihre Keime.«
Zusammen bauten sie den Stand auf. Viel war nicht zu tun. Drei Klapptische, drei Klappstehstühle. Sie arrangierten sie in einem Dreieck in der Mitte des Platzes. »Optimal für den Ansturm«, sagte Timothy.
Welcher Ansturm?, wollte Julian fragen – die Straßen waren verlassen –, aber im selben Moment hielt ein Laster an dem Stand. Natürlich aus chinesischen Armeebeständen. Die Nationalflaggen auf seiner Karosserie waren mit neuen Insignien übermalt, eine Menschenhand und die Klaue eines Aliens im Handschlag vor dem Hintergrund des Sternenhimmels.
Zusammen mit dem Fahrer – einem älteren dicken
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