Perry Rhodan Neo 9: Rhodans Hoffnung (German Edition)
Mann am Tisch seiner Freundin stehen. Staubig, das Gesicht mit Schmutz verschmiert. Ein Freiwilliger von einer der Baustellen, schien es. Ein Nachzügler der Nachtschicht. Er trug einen großen Rucksack. Der Stoff stand unter Spannung. Julian glaubte die Konturen eines Oberarms und einer Schulter zu erkennen. Was ...?
»Du hast schon gehabt!«, rief Mildred und versuchte, die Flaschen vom Tisch zu fegen, bevor der Mann nach ihnen greifen konnte. Er war schneller. Der Mann schnappte sich drei Flaschen, drehte sich um und rannte los. Der Stoff des im Takt seiner Schritte auf und ab springenden Rucksacks riss. Eine glänzende, unregelmäßige Kante kam zum Vorschein. Sie glitzerte metallisch.
»Halt!«, rief Julian Tifflor. »Bleib stehen!«
Mit einem langen Satz nahm Julian die Verfolgung auf. Er sprang über den Tisch – und blieb mit der Fußspitze an der Tischkante hängen. Der Schwung ließ den Tisch umkippen. Sein Schuh kam frei, aber es war zu spät, als dass er sich noch hätte abfangen können. Der Länge nach schlug Julian hin. Der Aufprall war hart. Einige Augenblicke lang wurde ihm schwarz vor Augen.
Hände halfen ihm hoch, wollten ihn zurückhalten.
»Lass es gut sein«, sagte Mildred. »Er hat drei Flaschen Wasser, mehr nicht.«
Julian stützte sich auf sie. Sein linkes Knie pochte. Er sah an sich hinunter. Die Hose war aufgerissen, das Knie blutete.
»Es geht nicht um das Wasser!«, keuchte er. »Im Rucksack. Er hat Arkonidentechnik gestohlen! Wir müssen ihn kriegen!«
Julian rannte los. Er wusste nicht, ob Mildred und Timothy ihm folgten. Er wusste nur, dass er diesen Mann einholen musste. Und er würde es!
Julian Tifflor war in seiner Jugend ein Läufer gewesen. Und er musste keinen schweren Rucksack schleppen. Meter um Meter schloss er zu dem Mann auf, der immer öfter den Kopf wandte, um festzustellen, dass sein Verfolger nicht aufgab.
Der Mann erreichte den Rand der inneren Stadt. Staubwolken wirbelten auf, als er an Baugruben entlang in die Wüste hinausrannte. Dorthin, wo er Julian nicht entkommen konnte. In der Stadt hätte der Dieb sich verstecken können, aber in der deckungslosen Ebene würde Julian Tifflor ihn früher oder später einholen.
Eher früher.
Der Mann wurde langsamer, seine Kräfte erlahmten. Hundert Meter trennten Julian noch von dem Dieb, als ihn plötzlich ein Geländewagen überholte und neben dem Dieb in einer Wolke aufstiebenden Sands hielt. Ein Mann saß am Steuer, eine zierliche Frau – eine Asiatin – auf dem Beifahrersitz. Der Dieb streifte den Rucksack ab, wuchtete ihn auf die Ladefläche, sprang hinterher. Im selben Moment, in dem er auf der Pritsche aufkam, gab der Fahrer Gas.
Tifflor blieb hustend in einer Staubwolke zurück, die Hände vor Wut geballt.
Er hörte Schritte. Mildred schloss zu ihm auf, gefolgt von Timothy. »Mist!«, sagte sie. »Die sind auf und davon!«
Julian Tifflor schüttelte den Kopf. »Noch nicht.« Er tippte das Headset an und sagte: »Julio? Hörst du mich?«
10.
25. Juli 2036
Thora da Zoltral
Was mache ich hier eigentlich?
Thora stützte sich mit beiden Händen gegen die strukturvariable Wand, die sie und ihre menschlichen Begleiter vom Hangar trennten. Sie vibrierte in unregelmäßigem schnellem Rhythmus. Die Menschen mussten die Wand mit ihren Projektilwaffen traktieren.
Ihr war schwarz vor Augen. Dagor war eine mächtige Waffe. Sie setzte unvermutete, außerordentliche Kräfte in jedem frei, der die Disziplin in mühevoller, jahrelanger Arbeit erlernt hatte – doch Dagor verlangte auch außerordentliche Kräfte. Kräfte, die Körper und Geist nur kurz aufzubringen vermochten. Und nur zu einem hohen Preis.
Thora zitterte. Sie lehnte ihr ganzes Gewicht gegen die Wand, stützte sich mit der Stirn ab. Die Wand war fest und weich zugleich, warm, als wäre sie ein lebendiges Wesen. Das Gefühl war ihr vertraut seit ihrer Kindheit. Ein Stück Heimat fern von der Heimat.
Falls sie noch eine besaß.
Vor einem Monat noch hätte sie die Frage bejaht, wenn auch zögerlich.
Vor einem Monat war sie die Kommandantin der AETRON gewesen. Auf einer Forschungsmission, deren Tragweite alles in den Schatten gestellt hatte, was Arkoniden seit Jahrhunderten gewagt hatten. Es war ein zähes Ringen gewesen, die Expedition Wirklichkeit werden zu lassen. Ein Kampf gegen Gleichgültigkeit, Bequemlichkeit und Gewohnheit, der sie oft hatte verzweifeln lassen. Aber schließlich war es gelungen, und sie und Crest hatten Arkon hinter sich
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