Persephones Erbe (German Edition)
leid. Wenn seine Ex die Hexe war, die ich gestern in Malchows Villa wahrgenommen hatte, dann Gute Nacht Armin. Ich roch das Aroma nach Katzenpisse und verdorbenen Äpfeln immer noch. Als säße Corinna mit uns im Flugzeug. Aber selbst wenn Landgrafs Ex keine Psi war: Ich erinnerte mich nur zu gut an die ganzen Kette von Sorgerechts- und anderen Streitigkeiten meiner Eltern nach deren Scheidung. Menschen gingen nach einer gescheiterten Beziehung manchmal außerordentlich gemein miteinander um. Also ließ ich Armin an meiner Schulter schlafen.
Natürlich dünstete ihm der Alkohol aus allen Knopflöchern. Natürlich glich er in dem verwaschenen Shirt auch frisch rasiert immer noch halb einem Penner. Trotzdem fühlte ich mich in seiner Nähe gut. Seine Nähe schien mich zu schützen. Meine Geisterstimmen folgten mir sonst überall, auch auf Zehntausend Meter Flughöhe, doch heute blieben sie stumm. Ich mochte Landgraf schon dafür. Und wenn seine Ex eine Hexe war, konnte er jedes bisschen Trost und Zuspruch brauchen. Hexen benutzten ihre Macht schamlos und nur zu ihrem Vorteil. Während Heiler den gleichen Vorgang damit bemäntelten, dass sie zum Nutzen ihrer Klienten handelten. Ich hatte meiner Mutter bis heute nicht gestanden welche Therapie Julian Hansen, staatlich anerkannter Psi-Heiler, gegen mein Toten-Hören eingesetzt hatte. Der Effekt hatte ja auch tatsächlich einige Monate angehalten. Doch sie waren zurückgekehrt und ich hörte sie lieber weiter, als mich ihm, seinen Händen, seiner Zunge und seinem Schwanz noch einmal auszuliefern.
Entjungfert von einem Heiler, zugegeben auf die zärtlichste, geilste Art. Einen Tag nach meinem sechzehnten Geburtstag. Die Verführung durch Hansen hatte letztlich nur die Worte der alten Frau damals in Kärnten bestätigt. Sex half gegen Geister. Dennoch ertrug ich lieber die Stimmen oder machte es mir selbst, als wieder einmal einen Mann zu erklären, vorher oder hinterher, warum ich keine Nacht durchschlief. Warum ich nur bei Licht schlafen konnte. Oder warum ich regelmäßig im Traum an Weinkrämpfen litt. Selbstbefriedigung kostete manchmal schlicht weniger Nerven.
Ich rutschte in meinem Sitz vorsichtig ein wenig tiefer, bis Landgrafs Kopf an meiner Halsbeuge landete. Mir schmerzte die rechte Schulter, aber ich hielt aus. Es dauerte nicht mehr lange, das Flugzeug rüttelte im Sinkflug. Wir bekamen in Rom schlechtes Wetter. Trotzdem fühlte ich mich extrem gut.
Sex half gegen die Stimmen, das stimmte. Doch es gab nicht viele Männer, die sich im Schlaf an mich schmiegten. Armin Landgraf drehte sich nicht von mir weg. Seine Wärme und sein tiefer Atem schufen eine behagliche Barriere zwischen mir und dem Geisterreich. Keine Stimmen, die flüsterten. Einfach Frieden.
Mein Chef erwachte erst, als das Flugzeug in Rom Leonardo da Vinci mit einem kurzen harten Ruck aufsetzte. Armin Landgraf hob den Kopf. Er blinzelte mich aus zusammengekniffenen Augen an. Erkennen wuchs in seinem Gesicht. »Oh Gott, Kati! Ich habe doch hoffentlich nicht die ganze Zeit an Ihrer Schulter geschlafen! Hätten Sie mich doch geweckt.«
»Alles im grünen Bereich.«
Danke Armin, für den entspannten, von keinem Flüstern beeinträchtigten Flug.
Die Abfertigung, bis wir endlich unsere Koffer bekamen, geriet zur Geduldsprobe. Mir wurden von der schlechten Luft in der Gepäckausgabehalle fast übel. Es roch wie in einem Schweinestall, nach Mensch und leider auch nach der Hexenmischung, Katzenpisse und faulende Kartoffeln, Tausende marschierten jeden Tag hier durch. Es wunderte mich nicht, dass auch eine Hexe hier gelandet war. Gott sei Dank ließ sie aber uns in Ruhe.
Ich atmete auf, als wir endlich Richtung Taxistand gingen. Armin Landgraf entdeckte den Fahrer mit unserem Namensschild auf dem Bürgersteig vor dem Ausgang der Flughafengebäudes.
»Sie sind unser Transfer nach Rom? Hotel Tenebre, bitte.«
»Porca Miseria!« Der Taxifahrer bekreuzigte sich.
»Signore, Signora, wolle‘ Sie nicht lieber andere ’otel? Das Tenebre ganz schlecht! Diabolico. Sterbe‘ immer wieder Gäste!«
Landgraf sah mich an. Er zuckte mit den Schultern. »Hotel Tenebre, Via Urbana. Wir haben geschäftlich dort zu tun. Bitte.«
Mein Chef wies mit der Hand auf unsere Koffer. Der Taxifahrer zögerte immer noch. »Wie Sie wolle‘, Signore. Aber ich ’abe Sie gewarnt.«
Wir stiegen bei leichtem Nieselregen ins Taxi.
»Ist‘e letzte Winterwoche in Rom«, sagte der Taxifahrer. »Wird’e nächste Woche
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